1005 - Im Bann des alten Königs
Was hatte ich alles hinter mich gebracht, um dieses Ziel, die Kirche in Aksum zu erreichen! Eine Zeitreise in die Welt des König Salomo, ich war dann wieder durch das Rad der Zeit nach Äthiopien geschafft worden, um schließlich die Templer-Säule in den unterirdischen Felsenkirchen des Lalibela zu entdecken. Die Säule war mit dem Blut der Feinde des Königs gefüllt. Ich hatte sie zerstört, war dann weiter nach Aksum gezogen, hatte die Kirche betreten und die Lade gesehen.
Aber die falsche!
Ich war entdeckt worden. Man hatte mich angegriffen, und es wäre mir bestimmt nicht so gut ergangen, wenn ich nicht Mikail als Helfer zur Seite gehabt hätte, der auch mit sicherem Blick das Schwert des Salomo erkannt hatte.
Und nun dies.
Nicht die echte Lade, eine Nachbildung! Die bösen Überraschungen hörten nicht auf. Allmählich kam ich mir vor wie ein Hase, der von unsichtbaren Hunden durch das Labyrinth der Zeiten und Welten gehetzt wurde, um schließlich erkennen zu müssen, daß alles umsonst gewesen war.
Alles umsonst…
Immer wieder quälte mich dieser Gedanke. Ich spürte in mir etwas aufsteigen, mit dem ich nicht zurechtkam. Es war das Gefühl der Wut und zugleich das der Niedergeschlagenheit. Beides zusammen brachte mich zu dem Ergebnis, daß ich in ein wahres Karussell von Selbstzweifeln hineingeriet und mich fragte, ob es noch Sinn hatte, meiner Aufgabe weiterhin nachzugehen. Möglicherweise war es besser, wenn ich den Job hinwarf. Ich hatte zu viele Niederlagen einstecken müssen. Dazu gehörte nicht nur die jetzige Enttäuschung, sondern auch der Tod meiner Eltern, den man mir so drastisch vor Augen geführt hatte, als ich auf dem Rad der Zeit reiste.
Es war der Moment, wo ich selbst die Kraft verlor. Zwar lehnte ich mit dem Rücken an der warmen Kirchenwand, aber ich merkte kaum, daß ich auch daran entlangglitt und erst wieder richtig zu mir kam, als ich hockte.
Mikail, der Priester im dunklen Gewand, war dicht an mich herangetreten. Ich wußte, daß er etwas von mir wollte, und ich hatte nicht vor, mich wie ein kleines Kind zu benehmen, deshalb schielte ich zu ihm hoch.
Er lächelte wieder.
Dieses Lächeln machte mich wütend, da ich mich fragte, wie jemand überhaupt noch in einer Lage wie dieser fröhlich sein konnte.
»Du solltest nicht deprimiert sein«, sagte er.
»Nicht?« fragte ich fast bellend zurück. »Fast hätte ich gelacht, aber danach ist mir wirklich nicht zumute. Versuch mal, dich in meine Lage zu versetzen, dann wird dir auch das Lachen vergehen. Ja, das glaube ich bestimmt.«
»Nein.«
Was hatte er gesagt? Nein? War Mikail ein Spinner oder ein unverbesserlicher Optimist?
Vielleicht beides, aber auch ich konnte mich manchmal so ansehen, deshalb war ich nicht sauer auf ihn. »Okay«, sagte ich, noch immer sitzend, »dann machen wir es halt so, daß ich mich in einen Zug setze, in die Hauptstadt fahre und dort den nächsten Flieger nach Europa nehme. Das ist doch was – oder?«
»Ja, schon. Aber für dich nicht.«
Ich ließ mir Zeit mit der Antwort und kam zunächst einmal auf die Beine. »Wieso ist das nichts für mich?«
»Weil es weitergeht!«
Er hatte mir eine schlichte Antwort gegeben. Ich wollte ihm den guten Willen auch nicht absprechen, nur konnte ich ihm einfach nicht glauben. »Nein«, sagte ich mit leiser Stimme. »Für dich geht es weiter, aber nicht für mich in einem speziellen Fall. Schon einmal habe ich versucht, die Bundeslade zu finden. Da hat es nicht geklappt. Jetzt ebenfalls nicht, und einen dritten Anlauf werde ich wohl kaum nehmen. Das schwöre ich dir.«
»Damals warst du nicht reif genug.«
»Kann sein.«
»Heute ist alles anders.«
Ich lachte ihm ins Gesicht. »Wie anders denn? Ich habe die Lade nicht mal genau betrachten dürfen, weil du es mir verboten hast.«
Mit gesenktem Blick schaute er mich an. »Ein Imitat, eine Nachbildung, denk daran.«
»Was spielt das für eine Rolle?«
»Eine sehr große. Ich will dir auch sagen, daß es nicht nur das eine Imitat der Lade gibt. Es sind viele im Laufe der Zeit gebaut worden, sehr viele. Und niemand weiß, welches die echte ist. Das mußte so sein, denn zu viele unwürdige Menschen waren hinter dem Allerheiligsten her. Man mußte es schützen. Kannst du das nicht verstehen?«
Ich war ehrlich. »Im Moment fehlt mir einfach der Wille dazu. Ich bin viel zu durcheinander.«
»Ja, das weiß ich.«
»Und deshalb werde ich…«
»Du wirst mit mir gehen, und wir beide werden die Lade finden,
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