Überwachtes Netz
Software spielt in allen Szenarien für die Sicherung der Privatsphäre eine entscheidende Rolle. Nur sagt beispielsweise Bruce Schneier auch, dass seine Tipps für die Wahrung der Sicherheit Mist sind, weil ein Großteil der Bevölkerung sie nicht umsetzen kann.
Die Frage, wie Softwarefreiheit allgemein nutzbar wird, ist durch PRISM auch für Außenstehende als ein entscheidender Meilenstein für eine freiheitliche und demokratische Gesellschaft sichtbar geworden. Dies wird uns aber nur gelingen, wenn Überwachung nicht länger das allgemein akzeptierte Geschäftsmodell des Internets darstellt. Leider ist die Welt der Überwachung attraktiv und bequem. Der Nutzen ist für jeden Anwender täglich erfahrbar. Der Preis ist es nicht. An diesem Problem arbeiten sich Befürworter von Freier Software in unterschiedlichen Ausprägungen seit den 80er Jahren ab. Anbei ein paar Anregungen für Komponenten einer notwendigerweise komplexen Antwort auf dieses komplexe Problem.
Die individuellen Kosten mögen schwer zu erfassen sein. Die politschen und wirtschaftlichen Kosten von Spionage und Manipulation sind es nicht. Die brasilianische Präsidentin Dilma Rousseff sagte in ihrer Rede vor der Hauptversammlung der Vereinten Nationen, dass die Souveränität eines Landes dort aufhört, wo sie die Souveränität eines anderen Landes beschneidet. Das klingt nicht nur zufällig so ähnlich wie die in der GNU GPL kodifizierte Freiheit und deren Bewahrung durch das Copyleft, es ist ein fundamentales humanitäres Prinzip für eine freiheitliche Gesellschaft.
Es geht also darum, den politischen Dialog um souveräne Software auf allen Ebenen fortzuführen. Dabei ist es durchaus gesund, nationale Interessen im Blick zu halten, denn auch die politische Legitimation entsteht auf Ebene von Nationalstaaten. Kurzfristige Maßnahmen können durch entsprechende Strategien für Freie Software und Offene Standards im Regierungseinsatz ergriffen werden. Dies sollte flankiert werden mit entsprechenden Informationen für die Wirtschaft, um dem einzelnen Unternehmen den nachhaltigen Schutz vor Wirtschaftsspionage zu ermöglichen. Mittelfristig braucht es belastbare internationale Vereinbarungen zum Umgang mit modernen Technologien.
Gerade im Sicherheitsbereich ähnelt die Situation in mancher Hinsicht dem Klischee vom wilden Westen, wo gerne auch mal die Schurken zum Sheriff ernannt wurden und die Zivilisten dieser Elite nicht viel entgegenzusetzen hatten. Axel Arnbak von Bits of Freedom spricht in diesem Zusammenhang von der »dubiosen Rolle der Akademiker«, welche Technologien in die Welt setzen und verbreiten, teilweise mit, teilweise ohne Bezahlung, auf welche die Breite Masse der Bevölkerung nicht vorbereitet ist und gegen die es keine realistischen Schutzmaßnahmen gibt. Zu diesen Akademikern gehören dabei nicht nur traditionell in der Universität beheimatete Wissenschaftler, sondern letztlich alle, die neue Wege beschreiten. Gesellschaftlich besteht die große Herausforderung also darin, den Vorsprung durch das Herrschaftswissen der technischen Elite einer gesellschaftlichen Aufsicht zu unterstellen. Es geht darum, die Macht der Elite, zu der wir letztlich alle gehören, gewissen Schranken und Regeln zu unterwerfen. Diesen Dialog sollten wir jetzt aktiv führen, um sinnvoll am Dialog auf politischer Ebene mitwirken zu können, sonst wird er uns irgendwann aufgezwungen.
Wo diese Debatte bereits stattfindet, ist teilweise auf Ebene der Infrastruktur und zum Teil auf Ebene der Inhalte. Im Normalfall ist der Tenor dort Deregulierung, da die Internet-Giganten über durch sie finanzierte Think-Tanks mit ensprechenden Stellen ihr finanzielles Kapital in politischen Einfluss ummünzen. Dies wird möglich durch manche Aktivisten, die sich teils mit Blick auf die »Yuppie Nuremberg Defense« vereinnahmen lassen. Die Unabhängigkeit der Wissenschaft gilt es jedoch auch in diesem Bereich wiederherzustellen und zu bewahren, der Rest sollte über ein Lobbyregister transparent gemacht werden. Denn natürlich ist es legitim, eigene Interessen zu vertreten. Es sollte nur klar sein, wessen Interessen vertreten werden. Daher wird die Bedeutung von Organisationen wie der FSFE oder digitalcourage in Zukunft eher zunehmen und sie sind der richtige Ort um sich zu engagieren, wenn man an den gesellschaftlichen Fragen Interesse hat.
Ein derartiger Dialog muss aber immer nach vorne gerichtet sein. So ist die Aufforderung einer Abkehr vom »Cloud Computing« aus
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