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Titel: Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Pan
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  Vorwort – Eine Warnung
    Bevor Sie sich auf die Reise in das Innere des nachfolgenden Textes begeben, möchte ich Sie warnen: Dieses Buch will Ihre Haltung zum Fernsehen verändern!
    Erwarten Sie also kein medienwissenschaftliches Buch im herkömmlichen Sinne. In wissenschaftlichen Texten ist es aus guten Gründen üblich, die jeweils aktuellen Befunde und Theorien in ihren Schwächen und Stärken gründlich zu diskutieren und auf ihre begrenzte Geltung hinzuweisen. Diese chronische Vorläufigkeit drückt sich in der häufig am Ende wissenschaftlicher Texte zu findenden Formulierung aus: »Further research is needed«. Mit dieser Haltung sind allerdings Medienwissenschaftler in der öffentlichen Diskussion über Medienwirkungen jedem Lobbyisten hoffnungslos unterlegen: Der Interessenvertreter kann einschließlich der Lüge alle kommunikativen Register ziehen, der Wissenschaftler muß immer auch den Zweifel mit thematisieren.
    Diese Erfahrung kann den Forscher dazu verführen, sich gar nicht mehr an der öffentlichen Debatte zum Thema Medien zu beteiligen. Umberto Eco hat in seinen Streichholzbriefen ja geschrieben, die erste Pflicht der Intellektuellen sei zu schweigen, wenn sie zu nichts nützten. »Wenn das Haus brennt, kann der Intellektuelle nur versuchen, sich wie ein normaler, vernünftiger Mensch zu verhalten, wie jeder andere auch. Wenn er meint, er habe eine besondere Mission, bildet er sich etwas ein, und wer ihn anruft, ist ein Hysteriker, der die Telefonnummer der Feuerwehr vergessen hat« (Eco, 2000, S. 165).
    Das kann aber nicht die ganze Lösung sein, werden wir Wissenschaftler doch letztlich dafür bezahlt, »... etwas aus dem Bereich der Natur oder der Gesellschaft ans Licht zu bringen und ... das Entdeckte offenzulegen« (Bourdieu, 1998, S. 18). Und so läßt auch Eco eine Ausnahme von der Pflicht zur Zurückhaltung zu, nämlich dann, »... wenn etwas Schwerwiegendes geschieht und niemand es bemerkt. Nur in solchen Fällen kann sein Appell als ein Alarmruf nützen« (Eco, 2000, S. 166).
    Und so etwas Schwerwiegendes geschieht seit einigen Jahren, davon bin ich nach über 20jähriger Forschungs- und Lehrtätigkeit auf dem Gebiet der Medienpsychologie überzeugt: Die Medien, allen voran das Fernsehen, verändern schleichend den Sozialcharakter, also diejenigen psychischen Eigenschaften und Verhaltensweisen, die die Menschen einer bestimmten Epoche und Kultur gemeinsam haben. Das wäre ja nicht weiter schlimm, weil sich der Sozialcharakter – ebenso wie die Gesellschaft selbst – eigentlich immer verändert hat und weiter verändern wird. Wandel allein erregt keine Besorgnis. Aber welche Eigenschaften und Verhaltensweisen durch die Medien manipuliert werden, das läßt schlimme Folgen für den Einzelnen wie für die Gesellschaft befürchten. Es sind kalte Herzen, die da entstehen.
    Aus diesem Grund ist das Ihnen vorliegende Buch also kein wissenschaftlicher Text, sondern ein Appell. Fernsehen ist ein Psychotonikum fürs Volk, und es wird höchste Zeit, daß wir dies bemerken. Klipp und klar formuliert: »À l'arme!«
    Saarbrücken, im Herbst 2004  Peter Winterhoff-Spurk

  1. Verwandte Seelen? – Der Holländermichel und Linda de Mol
    »Aber ein Köhler hat viel Zeit zum Nachdenken über sich und andere, und wenn Peter Munk an seinem Meiler saß, stimmten die dunklen Bäume umher und die tiefe Waldesstille sein Herz zu Tränen und unbewußter Sehnsucht. Es betrübte ihn etwas, es ärgerte ihn etwas, er wußte nicht recht was. Endlich merkte er doch, was ihn ärgerte, und das war – sein Stand.« So schön beschreibt Wilhelm Hauff (1802-1827) die psychische Befindlichkeit des jungen Köhlers Peter Munk in dem Märchen Das kalte Herz (Hauff, 1989, S. 9f.), das auch die Anregung zum Titel dieses Buches gegeben hat.
    Der weitere Verlauf der Geschichte ist bekannt: Aus Unzufriedenheit mit seinem elenden und einsamen Leben als Kohlenbrenner und aus dem Wunsch heraus, mit den bessergestellten Glasmännern, Uhrmachern und Flößern auf dem Tanzboden und beim Kartenspiel konkurrieren zu können, läßt sich Peter Munk mit einem Waldgeist aus Holland, dem Holländermichel, auf einen Handel ein: Er tauscht – wie die örtlichen Honoratioren und Kaufleute auch – sein warmes, lebendiges Herz gegen ein steinernes ein und erhält dafür schöne Kleider, einen vornehmen Wagen und Geld im Überfluß. So ausgestattet, macht er sich auf die erste Reise seines Lebens, die aber überhaupt nicht zu seiner

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