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Umgang mit Groessen - Meine Lieblingsdichter - und andere - Herausgegeben und mit einem Nachwort von Karl Heinz Bittel

Umgang mit Groessen - Meine Lieblingsdichter - und andere - Herausgegeben und mit einem Nachwort von Karl Heinz Bittel

Titel: Umgang mit Groessen - Meine Lieblingsdichter - und andere - Herausgegeben und mit einem Nachwort von Karl Heinz Bittel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walter Kempowski
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Unterdrückten. Onkel Tom, ein überaus christlicher Schwarzer, wird in die Südstaaten verkauft, wo er am Ende brutal zu Tode geprügelt wird. Er hatte ein reales Vorbild, Josiah Hanson, über den Harriet Beecher Stowe einige Jahre später eine Lebensbeschreibung veröffentlichte.

Walter Benjamin
    Walter Benjamin: Intensität im Kleinen und gigantisches Raumgreifen im Großen. Hier seine Miniaturen »Moskau«, »Weimar«, »Nordische See«, dort das riesige »Passagen-Werk«, das leider nur als Fragment erhalten ist und von unserer Hochschulgermanistik nicht zur Kenntnis genommen wird. Eine geschichtsphilosophische Arbeit über das 19. Jahrhundert sollte entstehen. Die Literatur der Zukunft sei die Collage, hat Gottfried Benn geschrieben. Benjamin begann 1927. Jahrelang arbeitete er an der Materialsammlung aus Zitaten und Kommentaren. Noch in der Emigration saß er in der Bibliothèque Nationale in Paris und hat mit seinen kurzsichtigen Augen Texte entziffert und seinem Jahrhundertwerk einverleibt, das auch Fotos enthalten sollte.
    »Berliner Kindheit um Neunzehnhundert« – braucht es mehr als Ausweis für einzigartige schriftstellerische Qualitäten? Die Beschreibung der Siegessäule in Berlin und deren Fresken setzt uns – ohne viel Worte zu machen – ins Bild über den Krieg 70/71. Autobiographie aus Schlaglichtern
der Erinnerung, aus Prosaminiaturen von zwei, drei Seiten Umfang. Wo fände sich heute noch ein Verleger, der sich mit solcher Art »Kurzgeschichten« abgäbe.
    Wenn wir an Walter Benjamin denken, erinnern wir uns an eigenartige Begleitumstände: Da ist sein mysteriöser Tod, da ist die Verwandtschaft mit der »blutigen Hilde« 2 (die Frau mit der Gretchenfrisur, die aus Haß und Verblendung reihenweise Menschen unglücklich machte und deren Sohn sich jüngst nicht entblödete, den Bau der Mauer 1961 gutzuheißen). Nicht zu vergessen die wohl schofelige Behandlung durch Adorno und Horkheimer, die es nicht fertigbrachten, aus was für Gründen auch immer, ihn ins Ausland zu retten.
    Benjamin hatte eine wissenschaftliche Laufbahn einschlagen wollen. Seine Dissertation von 1919 leitete die Wiederentdeckung der deutschen Frühromantik ein, seine Habilitationsschrift über den »Ursprung des deutschen Trauerspiels« aber wurde von der Universität Frankfurt fünf Jahre später aus fadenscheinigen Gründen zurückgewiesen. Erich Kästner war so indiskret, die Umstände in seinem Roman »Fabian« abzuhandeln.
    Benjamin war einer der wichtigsten Literaturkritiker der Weimarer Republik, schrieb Essays über Goethe, Proust, den er auch übersetzte, Karl Kraus, arbeitete für
Zeitungen und den Rundfunk. Er beschäftigte sich mit dem Marxismus, den er der politischen Konzeption seiner Kunsttheorie zugrunde legte. Es gibt alte Spielfilme, in denen der hupende, lärmende Verkehr am Alexanderplatz für Sekunden zu sehen ist, ob er in einem der Busse saß? Im März 1933 mußte der Gefährdete Deutschland verlassen und emigrierte nach Paris.
    Wir sehen ihn, den Herzkranken, den pyrenäischen Ziegenpfad hinaufklimmen (wie zwei Wochen zuvor Heinrich und Golo Mann, zusammen mit Alma Mahler und Franz Werfel) und drüben, gerettet geglaubt, schwer atmend vor spanischen Grenzposten in die Knie gehen. In der Nacht vor der Zurückweisung nahm er Morphium, das KZ vor Augen. Wie ist es zu erklären, daß Geist in unserem Jahrhundert so mißachtet wurde (wird!).
    Warum waren die Mansarden unserer Jugend mit Che-Guevara- und Jimi-Hendrix-Postern tapeziert, und niemand kommt auf die Idee, sich ein Porträt von Benjamin, Robert Walser oder Joseph Roth aufzuhängen? Wie heißt es: »Hat hier die Schule versagt?«

Thomas Bernhard
    Nun da Minetti tot ist, wird es Zeit, daß wir über Thomas Bernhard reden, dessen dramatisches Werk mit dem großen Schauspieler in ähnlicher Weise verbunden ist wie die Filme von Faßbinder mit Hanna Schygulla. Ich bin ihm einmal im Frankfurter Hof begegnet: narbiges Gesicht und nagelneue Cordhose. Er stand auf, als ich an seinen Tisch trat, eine in heutiger Zeit völlig in Vergessenheit geratene Höflichkeitsbezeigung.
    Unehelich geboren, der Vater ein Tischler, der sich nach Berlin verdrückte … Da er von der Mutter »abgeschoben« wurde, kümmerte sich sein Großvater 3 um ihn, ein Heimatschriftsteller, der in seinem Enkel jede künstlerische Regung aufspürte und förderte: Singen, Zeichnen, Theaterspielen oder Schreiben. Früh schon erkrankte Thomas Bernhard an einem Lungenleiden, war lange

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