...und der grüne See (German Edition)
gerade du es bist“, fügte Salomé strahlend hinzu,
„beruhigt uns, nicht wahr, Schatz?”
„Genau. Denny, du hast ein Riesenglück. Sie war in all den
Jahren immer Jahrgangsbeste.”
„Aha!“ Denny blieb skeptisch. „Haben Wächter auch noch
andere Aufgaben als Aufpasser zu sein?“
„Nein”, antwortete Tessa, nachdem sie einen von Salomés
Keksen verspeist hatte, „im Wesentlichen werden wir dann
eingesetzt, wenn Großeltern junger Schüler zu früh gestorben
sind.”
Tessa schien schon länger nichts gegessen zu haben. Sie hatte
im Alleingang fast alle Kekse verdrückt, wie Denny verärgert
feststellte. Es waren seine Lieblingskekse gewesen.
Er dachte an die vor ihm liegende Zeit, die er mit Frau
Sollmann wohl oder übel teilen musste. Denny wusste noch
nicht so recht, was er davon halten sollte. Seine Eltern waren
froh, dass sie es war, die die Verantwortung für ihn übernahm.
Doch Denny fragte sich, was so ein zierliches Persönchen gegen
ein oder zwei Xamamax ausrichten konnte - falls es denn zu
einem wiederholten Aufeinandertreffen kommen würde. In der
Hauptsache befürchtete er aber insgeheim, jemanden an seiner
Seite zu haben, der ihn ständig bevormundete.
, dachte Denny, zwei Tagen bin ich sowieso im Beutling, mische mich unters
Volk, tauche geschickt unter und hab meine Ruhe. Nur noch
zwei Tage!>
„Also, wann fahren wir denn nun los?”, unterbrach Denny
die Gespräche der Erwachsenen. Ich gehe mal von morgen aus?”
„Jetzt!” Die Wächterin schüttete den restlichen Tee hinun-
ter und schnappte sich den letzten Keks vom Teller.
„Häh? Jetzt?” Denny befand sich in leichtem Schockzustand.
Abschied! Weg von hier! Erst mal nicht wiederkommen!
Tausend Gedanken schwirrten in seinem Kopf herum.
„How, How!“, hauchte Denny vor sich hin und war fast
dankbar, dass er den letzten Keks nicht im Mund hatte - er
wäre vielleicht daran erstickt.
„Ach du meine Güte!”, erschrak auch Salomé. „Braucht ihr
noch etwas für unterwegs? Ich pack euch schnell noch was ein,
ja?” Sie schwang sich aus dem Sessel und lief in die Küche.
„Mir reichen die Kekse“, rief ihr Tessa hinterher.
„Warte, mein Schatz” ,Samuel folgte Dennys Mutter.
„ich helfe dir ein wenig. Soll ich noch etwas Tee machen?”
Denny, allein mit Frau Sollmann, vergewisserte sich noch ein
-
mal: „Also wirklich heute? Jetzt gleich?”
„Klar! Bereit, wenn du es bist!”, grinste sie ihn an.
„Übernachten kannst du irgendwo in Aule Meille. Ich kenne
da ein paar nette Unterkünfte, wo du deine Ruhe haben wirst.”
„Na, dann!“, sagte Denny trocken. Was oder wo war Aule
Meille?
„Während du dich von deinen Eltern verabschiedest, werde
ich dein Gepäck ins Auto schaffen. Ich hab es schon unter der
Treppe gesichtet. Ach ja, bevor ich es vergesse, deine Eltern wer-
den am Sammelplatz erscheinen. Das wird dann erst einmal das
letzte Mal sein, dass du sie siehst … bis nächsten Sommer. Aber
Weihnachten im Beutling zu verbringen, ist auch immer wieder
ein schönes Erlebnis.” Sie ging in den Flur und ließ Denny allein
im Wohnzimmer stehen.
„Sag mal, Salomé“, stieß Tessa prustend heraus, „wie lan-
ge hängt die denn schon hier rum? Habt Ihr die beim letzten
Hausputz übersehen?“
Salomé schaute um die Ecke.
„Huch, armes Ding! Hab ich ja total vergessen!“ Dennys
Mutter schnipste kurz mit den Fingern und die Fliege flog
nun - nach Tagen wiedererweckt - verwirrt im Zick-Zack-Kurs
durch das Treppenhaus.
Nach einer längeren und herzlichen Abschiedsszene verließ
Denny gemeinsam mit seiner Wächterin das Haus. Auf dem
Hof stand vor ihm ein alter hellgrüner Käfer, dessen Lebenszeit
im Straßenverkehr schon vor längerer Zeit abgelaufen zu sein
schien. Rostige Stellen musste Denny nicht extra suchen. Er
runzelte die Stirn und schielte dann zu seiner Wächterin.
„Wie weit oder wie lange müssen wir denn mit dieser Karre
fahren?” Dennys Begeisterung für seine Wächterin hielt sich in
Grenzen.
Tessa, für einen Moment gekränkt, strich zärtlich über die
rostigen Stellen und murmelte: „Solange ich den Wagen fahre
- und das sind mittlerweile schon über zwanzig Jahre - ist er
noch nie liegengeblieben.”
Denny hatte gehört, dass Käfer heutzutage einen gewissen
Kultstatus besaßen und deren Besitzer eigen mit ihnen waren,
außerdem wollte er seine Wächterin nicht kränken.
„Tschuldigung”, sagte er
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