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Und verfluche ihre Sünden

Und verfluche ihre Sünden

Titel: Und verfluche ihre Sünden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Spencer-Fleming Julia
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…«
    »Das kannst du ihr selbst sagen, wenn du sie siehst.«
    Hadley drehte sich der Magen um. Sie sah zu Flynn. Tränen verschmierten seine sonnenverbrannten Wangen. Ohne nachzudenken, streckte sie den Arm aus und ergriff seine Hand. Die Sirene war jetzt lauter.
    »Russ?« MacAuley klang panisch, was beinah so unheimlich war wie das Ringen des Chiefs um Luft. »Stirb mir nicht weg, Russ.«
    Das saugende, gurgelnde Geräusch wurde lauter, begleitet von einem Zischen, als ob die Luft aus Russ Van Alstyne ebenso entwich wie sein Lebensblut.
    »Clare«, sagte er. Dann nichts mehr.

 
    Sechs Monate früher
    Die Zeit nach Epiphanias
    Januar und Februar
    I
    Hadley stellte den Wagen gegenüber der Kirche ab, erfüllt von einem Gefühl der Erleichterung, das sie seit Genevas Geburt nicht mehr empfunden hatte. Vielleicht war es sogar noch intensiver. In der Rangfolge der schrecklichsten Dinge zählten dreieinhalb Tage unterwegs mit zwei Kindern unter zehn Jahren mindestens genauso viel wie über zwanzig Stunden Wehen.
    Sie drehte sich um und kontrollierte den Rücksitz. Genny schlief, ihr Kindersitz versank beinah unter Unmengen von Stofftieren, Buntstiften, Wasserflaschen und Bilderbüchern. Hudson schaute von seinem Gameboy auf, sein Gesicht war verkniffen und müde. »Wo sind wir, Mom?«
    »Wir sind da, Liebling. In Millers Kill. Das ist die Kirche, wo dein Opa arbeitet.«
    Seine Augen wurden groß, wodurch er wie ein verhungernder Waisenjunge aussah. Sie stopfte ihn mit Essen voll, aber seine nervöse Energie schien alles zu verbrennen, ehe er ein bisschen Speck ansetzen konnte. Das hiesige Klima würde nicht einfach für ihn werden.
    »Warum warten wir nicht in Opas Haus auf ihn?«
    »Ich habe keinen Schlüssel. Wir sind früher angekommen, als ich gedacht hatte. Opa wird überrascht sein. Komm, zieh deinen Pulli an, dann gehen wir hallo sagen.«
    Er betrachtete zweifelnd seine Schwester. »Sollen wir Genny wecken?«
    Hadley schnallte sich ab und drehte sich um, um ihre Sechsjährige besser sehen zu können. Ausgeschaltet wie die sprichwörtliche Glühbirne. In L.A. wäre es ihr nicht im Traum eingefallen – sie hätte niemals eines der Kinder im Wagen gelassen. Hier … sie schaute flüchtig auf die vereisten Schneehaufen, die den Parkplatz säumten, die bleifarbenen, schweren Schneewolken. Eisig kalte Luft wehte durch das halb geöffnete Fenster. »Es ist zu kalt«, meinte sie. »Sie muss mitkommen.«
    »Mama«, protestierte er. »Du könntest den Motor anlassen. Den klaut doch keiner.«
    Das war allerdings richtig. Sie öffnete den Mund. Änderte Seit Ohio hab ich was gerochen, ich fürchte, der Auspuff hat noch ein Loch in »Frische Luft wird ihr guttun«.
    »Frische Luft«, wiederholte Hudson mit aller Verachtung, die ein Neunjähriger aufbringen konnte. »Wir fahren doch seit New York mit zwei offenen Fenstern.«
    »Sie sind nur einen Spalt geöffnet. Hör auf zu nörgeln.« Sie beugte sich über die Lehne und rüttelte Geneva sanft. »Aufwachen, meine Kleine.« Während sie ihre benommene Tochter in die Jacke steckte, dachte sie darüber nach, wie viel Zeit und Mühen sie täglich darauf verwendete, ein Das können wir uns nicht leisten zu vermeiden. Die Beutel mit Spielzeug und Büchern von der Wohlfahrt. Die Styroporschachtel mit belegten Sandwiches und Billig-Limo. Die Tragetasche voller Hörbücher, die sie zurück an die Leihbücherei schicken musste. Damit sie auf die Fragen Können wir zu Toys’r’Us gehen? Kann ich ein Buch haben? Können wir zu McDonald’s fahren? Können wir einen DVD-Player leihen? eine plausible Antwort geben konnte. Die nicht lautete Das können wir uns nicht leisten.
    Einen Augenblick schien es draußen gar nicht so kalt zu sein. Doch während sie darauf wartete, dass Hudson sein Spiel beendete, spürte sie die Kälte, die durch ihre Jeans und ihren Pullover drang, an der Haut. Sie fragte sich, ob die »Kochender Frosch«-Analogie auch andersherum funktionierte. Wenn man mit einer normalen Temperatur begann und diese kontinuierlich absenkte, würde man dann merken, dass man erfror? Sie zitterte. Dies war der Ort, an den sie ihre Kinder gebracht hatte, die kalte Stadt, die ihre Mutter mit achtzehn Jahren verlassen hatte, um niemals zurückzukehren. Jetzt tat sie das Gegenteil, kehrte der Welt und jedem, der sie kannte, den Rücken.
    Hudson kletterte heraus. Endlich. »Mach die Tür zu«, ermahnte sie ihn, dann nahm sie Genny auf den Arm und eilte mit den Kindern über die

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