Undercover
drängte sich zwischen ihnen hindurch.
„Was um Himmels willen war denn da draußen los?“
„Es tut mir leid , Kim“, sagte er nur, dann ging er durch die Menge und stieg die Treppe zum Ausgang hinunter. Das Pflaster unter seinen nackten Füßen war warm. Ein Rettungswagen und zwei Streifenwagen rasten an ihm vorbei in die Hastings Street. Er überquerte die Straße, lief weiter zum Parkplatz und schloss sein Auto auf.
80
Das Deckenlicht flammte auf. Josh kniff die Augen zusammen, legte schützend die Hand vors Gesicht. Quietschend drehte sich der Schlüssel im Türschloss. Ein Wachmann mit glattrasiertem K opf und fliehendem Kinn stand breitbeinig in der Tür.
„Josh Cline, Sie werden entlassen.“
Jäh richtete er sich auf der Pritsche auf.
„Jetzt?“ Es war sicher elf Uhr nachts.
„Es sei denn, Sie wollen die letzte Stunde Boxing Day noch hier bei uns im Knast verbringen.“
Er stand auf. „Nein.“
„Na also. Dann los.“
Josh folgte dem Wachmann durch die Gänge ins Büro. Als wäre es das Selbstverständlichste von der Welt händigte ein anderer Wachmann ihm seine persönlichen Dinge aus: Schlüssel, Geldbörse und Uhr und verabschiedete ihn.
„Aber, warum?“, fragte er.
Der Wachmann zuckte gleichmütig die Schultern. „Sie haben den Mörder.“
„Chrissy Wagner?“ Warum musste er dem Typen jedes Wort aus der Nase ziehen!
Der Wachmann hob träge die Schultern und gähnte.
„ Nee, jemand anders. Mann, s ei froh, dass du draußen bist.“
Josh starrte ihn an. Man konnte ihn doch nicht einfach ohne Erklärung lassen.
„He, willst du doch hier übernachten?“ Der Wachmann schnitt eine Grimasse.
Josh ging zur Tür, die sich automatisch öffnete. Er trat schon hinaus, als ihn die Stimme des Wachmanns herumfahren ließ.
„He, hab’ ich doch glatt vergessen.“ Er warf Josh einen Brief zu.
Erst nach ein paar Metern auf der Straße wagt e Josh , den Umschlag zu öffnen. Er faltete das Papier auseinander. Ein aus einem Ringbuch herausgerissenes kariertes Blatt.
Hi Josh,
danke, was du für mich getan hast.
e s tut mir so l eid, dass ich dich in die ganze Sache hineingezogen habe. Das musst du mir glauben.
Wenn ich nicht ins Gefängnis muss, schickt mich meine Mutter zu ihrem Bruder und seiner Familie. Sie haben in Westaustralien eine Farm. Ich würde mal sagen, das ist halb so schlimm wie im Knast, oder?
Besser, du schreibst mir nicht. Ich muss erst mal für mich klarsehen.
Alles Gute für dich.
Chrissy.
Josh faltete den Brief zusammen, steckte ihn mit dem Umschlag in seine Hosentasche. Die Nacht war warm. Er streckte die Arme aus und sah hinauf in den glitzernden Himmel. Er hatte ihn viel zu selbstverständlich genommen, den offenen, freien Himmel über sich. Wie weit er war. Und wie viele Sterne da oben standen. So unendlich viele. „Chrissy ... ja, ich wünsch dir auch alles Gute ...“, murmelte er. „Du hast mich für ein paar Stunden ein Held sein lassen ...“ Jetzt würde er heimgehen, sich um Garbo kümmern und dann ... dann würde er weitersehen.
Die Strecke nach Buderim war frei. Fünfzehn Minuten sp äter, um kurz nach eins hielt Shane vor Carols Haus. Er stieg aus, ging den gewundenen Gartenweg zum Eingang und klingelte. Gleich darauf hörte er Schritte, dann machte sie di e Tür auf. Sie schien nicht besonders überrascht, stand da, in einem Sommerkleid, das Haa r hochgesteckt, wie sie es meistens trug.
„Kannst du mir verzeihen?“, fragte er und wunderte sich, wie leicht ihm dieser Satz über die Lippen gegangen war. „Ich hab immer geglaubt, du hast was mit Tims Tod zu tun.“
Sie sah ihm in die Augen, als ob sie ihn fragen wollte, ob er das wirklich erns t meinte. Dann blieb ihr Blick an seinen bloßen Füßen haften. Er zuckte die Schultern.
„Ich bin viel zu lang nicht mehr ohne Schuhe gelaufen.“
Ein warmes Lächeln flog über ihr Gesicht, sie trat zur Seite und ließ ihn herein. Ohne sie zu berühren ging er an ihr vorbei und hatte dabei doch das Gefühl, an ihrem Körper vorbeizustreifen. Er folgte ihr durch den Vorraum hinaus auf die Veranda. Da fiel ihm auf, dass auch sie keine Schuhe trug. Sie lehnten sich an die Brüstung und blickten hinunter in den Garten, den verborgene Lampen in ein geheimnisvolles Licht tauchten.
„Hörst du das Meer?“, fragte Shane .
Sie lachte. „Ich muss dich enttäuschen, es ist die Motorway.“
Er lachte auch.
Eine Weile ruhte ihr Blick auf ihm, dann sagte sie: „I ch glaube, du hast recht. Es ist
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