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Unterm Birnbaum

Unterm Birnbaum

Titel: Unterm Birnbaum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
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Hradscheck, loaten S' man. Ick sitt schon so veel. Awers Se möten sitten bliewen.« Und dabei malte sie mit ihrem Stock allerlei Figuren in den Sand.
    Hradscheck sah ihr zu, ohne seinerseits das Wort zu nehmen, und so fuhr sie nach einer Pause fort: »Joa, veel to dohn is woll. Wihr joa gistern wedder Klock een. Kunicke kunn woll wedder nich loskoamen?
Den
kenn ick. Na, sien Vader, de oll Kunicke, wihr ook so. Man blot noch en beten mihr.«
    »Ja«, lachte Hradscheck, »spät war es. Und denken Sie sich, Mutter Jeschke, Klock zwölf oder so herum sind wir noch fünf Mann hoch in den Keller gestiegen. Und warum? Weil der Ede nicht mehr wollte.«
    »Nu, süh eens. Un worümm wull he nich?«
    »Weil's unten spuke. Der Junge war wie verdreht mit seinem ewigen ›et spökt‹ und ›et grapscht‹. Und weil er dabei blieb und wir unsre Bowle doch haben wollten, so sind wir am Ende selber gegangen.«
    »Nu, süh eens«, wiederholte die Alte. »Hätten em salln 'ne Muulschell gewen.«
    »Wollt ich auch. Aber als er so dastand und zitterte, da konnt ich nicht. Und dann dacht ich auch...«
    »Ach wat, Hradscheck, is joa all dumm Tüg... Un
wenn
et wat is, na, denn möt et de Franzos sinn.«
    »Der Franzose?«
    »Joa, de Franzos. Kucken S' moal: de Ihrd geiht hier so 'n beten dahl. He moak woll en beten rutscht sinn.«
    »Rutscht sinn«, wiederholte Hradscheck und lachte mit der Alten um die Wette. »Ja, der Franzos ist gerutscht. Alles gut. Aber wenn ich nur den Jungen erst wieder in Ordnung hätte. Der macht mir das ganze Dorf rebellisch. Und wie die Leute sind, wenn sie von Spuk hören, da wird ihnen ungemütlich. Und dann kommt zuletzt auch die dumme Geschichte wieder zur Sprache. Sie wissen ja...«
    »Woll, woll, ick weet.«
    »Und dann, Mutter Jeschke, Spuk ist Unsinn. Natürlich. Aber es gibt doch welche...«
    »Joa, joa.«
    »Es gibt doch welche, die sagen: Spuk ist
nicht
Unsinn. Wer hat nu recht? Nu mal heraus mit der Sprache.«
    Der Alten entging nicht, in welcher Pein und Beklemmung Hradscheck war, weshalb sie, wie sie stets zu tun pflegte, mit einem »Ja« antwortete, das ebensogut ein »Nein«, und mit einem »Nein«, das ebensogut ein »Ja« sein konnte.
    »Mien leew Hradscheck«, begann sie, »Se wullen wat weten von mi. Joa, wat weet ick? Spök! Gewen moak et joa woll so wat. Un am Enn' ook wedder nich. Un ick segg ümmer: wihr sich jrult, för den is et wat, und wihr sich
nich
jrult, för den is et nix.«
    Hradscheck, der mit gespanntester Aufmerksamkeit gefolgt war, nickte zustimmend, während die sich plötzlich neben ihn setzende Alte mit wachsender Vertraulichkeit fortfuhr: »Ick will Se wat seggen, Hradscheck. Man möt man blot Kurasch hebben. Un Se hebben joa. Wat is Spök? Spök, dat 's grad so, as wenn de Müüs knabbern. Wihr ümmer hinhürt, na, de slöppt nich; wihr awers so bi sich seggen deiht: ›Na, worümm salln se nich knabbern‹, de slöppt.«
    Und bei diesen Worten erhob sie sich rasch wieder und ging, zwischen den Beeten hin, auf ihre Wohnung zu. Mit einem Mal aber blieb sie stehn und wandte sich wieder, wie wenn sie was vergessen habe. »Hüren S', Hradscheck, wat ick Se noch seggen wull, uns' Line kümmt ook wedder. Se hett gistern schrewen. Wat mienen S'?
De
wihr so wat för Se.«
    »Geht nicht, Mutter Jeschke. Was würden die Leute sagen? Un is auch eben erst ein Jahr.«
    »Woll. Awers se kümmt ook ihrst um Martini rümm... Und denn, Hradscheck, Se bruken se joa nich glieks to frijen.«
     
Neunzehntes Kapitel
     
    »De Franzos is rutscht«, hatte die Jeschke gesagt und war dabei wieder so sonderbar vertraulich gewesen, alles mit Absicht und Berechnung. Denn wenn das Gespräch auch noch nachwirkte, darin ihr, vor länger als einem Jahr, ihr sonst so gefügiger Nachbar mit einer Verleumdungsklage gedroht hatte, so konnte sie, trotz alledem, von der Angewohnheit nicht lassen, in dunklen Andeutungen zu sprechen, als wisse sie was und halte nur zurück.
    »Verdammt!« murmelte Hradscheck vor sich hin. »Und dazu der Ede mit seiner ewigen Angst.«
    Er sah deutlich die ganze Geschichte wieder lebendig werden, und ein Schwindel ergriff ihn, wenn er an all das dachte, was bei diesem Stande der Dinge jeder Tag bringen konnte.
    »Das geht so nicht weiter. Er muß weg. Aber wohin?«
    Und bei diesen Worten ging Hradscheck auf und ab und überlegte.
    »Wohin? Es heißt, er liege in der Oder. Und dahin muß er... je eher, je lieber...
Heute
noch. Aber ich wollte, dies Stück Arbeit wäre getan.

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