Urlaub mit Papa
musterte Dorothea. »Meinst du nicht, dass dieses Kleid etwas zu weit ausgeschnitten ist? Kalli hat gesagt, der Pastor kommt auch.«
»Ach, Heinz«, sie legte ihm die Hand auf den Arm und lächelte zuckersüß, »ich kann gerne sagen, dass wir uns nicht kennen. Kein Problem.«
Gisbert stellte sich wieder in Position und gab alles. Die Objekte seiner Begierde hatten anscheinend mit großer Presse gerechnet. Frau Weidemann-Zapek sah aus wie eine Wolke aus Vanille, Chiffon über Chiffon, für dieses Kleid hatte sie ungefähr 100Meter Stoff verbraten. Und weil es ein so gelungenes Modell war, hatte Freundin Klüppersberg dasselbe in Pistazie an. Beide trugen Strohhüte, deren Chiffonbänder hinter ihnen her wehten, als sie mit Trippelschritten auf Marleen zustöckelten. Sie lächelten und winkten nach allen Seiten, Gisbert übertraf sich beim Knipsen, und wir hatten plötzlich Hollywood auf Norderney.
»Guck mal, Heinz.« Selbst Onno war beeindruckt. »Sie sehen aus wie die Jacob Sisters. Nur ohne Pudel.«
Mein Vater wollte gerade antworten, als er etwas entdeckte, was ihn versteinern ließ.
»Also, das glaube ich ja wohl nicht!«
Er starrte auf die ankommenden Gäste, schob mich beiseite und ging mit langen Schritten auf die Gruppe zu, die gerade bei Marleen stand. Wir folgten ihm, Dorothea kurz hinter mir, dann Kalli und Onno. Ich konnte nicht erkennen, was ihn so aufregte, sah aber Gisbert, der fassungslos seine Kamera sinken ließ und meinen Vater ungläubig anblickte.
Und dann erkannte ich das Paar, das gerade mit einem Präsentkorb vor Marleen stand:
Johann-Johannes im hellbraunen Anzug und an seinem Arm die Dame, die ich erst auf Gisberts Handy und dann vor der Pension gesehen hatte.
»Das ist doch der Heiratsschwindler mit seinem Opfer«, flüsterte Kalli und zupfte mich aufgeregt am Kleid. »Und was macht Heinz denn jetzt?«
»Papa!« Ich versuchte ihn aufzuhalten, wir waren nur noch zehn Meter entfernt. »Warte! Nein!« Ich sah ihn bereits in ein blutiges Handgemenge verwickelt. Und er war 73.
Onno überholte mich. »Heinz, warte mal. Keine Alleingänge.«
Seine Stimme klang entschlossen. Es half. Mein Vater stoppte und drehte sich zu uns um.
»Dorothea, ruf die Polizei. Onno und Kalli, ihr kreist ihn ein. Und du, Christine, bleibst hier stehen.«
»Da ist Heinz.«
Die Zwillinge rannten strahlend auf uns zu.
»Bringt die Kinder in Sicherheit.«
Mein Vater klang jetzt wie Robert de Niro und sah aus wie Terence Hill. Langsam ging er weiter, flankiert von Onno und Kalli, gefolgt von Dorothea und mir. Ich gab Emily und Lena ein Zeichen, sie sahen mich fragend an und blieben stehen.
Ob es an den Gesichtsausdrücken der drei Musketiere lag, wusste ich nicht. Als wir den Eingang erreicht hatten, war es jedenfalls totenstill. Marleen sah das Paar, das vor ihr stand, verwirrt an. Die Frau war bei näherem Hinsehen mindestens Mitte 70, sie hielt Marleens Hand immer noch in ihrer.
Mein Vater räusperte sich. »Marleen? Gibt es ein Problem?«
»Äh, nein, Heinz. Das sind Frau…«
Das vermeintliche Heiratsschwindleropfer drehte sich um. Sie war perfekt geschminkt, sehr gut angezogen und stellte sich mit rauchiger Stimme vor:
»Margarete Tenbrügge. Guten Tag.«
Sie wandte sich wieder an Marleen. Johann sah mich entspannt an und lächelte, was mein Vater wiederum bemerkte. Er ging einen Schritt auf ihn zu und packte ihn am Arm.
»Würden Sie uns bitte…«
»Heinz, lass mal.« Marleen schob meinen Vater zur Seite und wandte sich wieder an die alte Dame.
»Sagen Sie das bitte noch mal.«
Frau Tenbrügge lächelte charmant in die Runde. »Ich bin mit Ihnen einverstanden. Wissen Sie, als ich Sie das erste Mal gesehen haben, also auf den Fotos, erschienen Sie mir viel zu jung, aber mein Bruder ist ja schließlich erwachsen und wenn Sie ihn glücklich machen, dann soll es eben so sein. Er hat es verdient.«
Ich verstand nur Bahnhof. Die anderen offenbar auch.
»Wissen Sie, Marleen, ich darf doch Marleen sagen, ich habe Johannes vorgeschickt, weil ich ein Golfturnier und vorher keine Zeit hatte. Er sollte mal schauen, wie Sie so sind. Ich habe leider den Verdacht, dass er sich ein bisschen ungeschickt angestellt hat, er konnte als Kind schon nicht schauspielern. Na ja, jedenfalls haben wir uns jetzt endlich kennengelernt.«
Mein Vater sprach mir aus der Seele: »Ich verstehe kein Wort.«
»Das ist doch der Sohn vom Eierkönig.« Emilys helle Stimme kam aus dem Hintergrund.
»Was?« Ich versuchte
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