Vadim, diese Briefe waren fuer dich (Du + Ich = Wir Zwei)
die Gefahr, aber auch für das Glück, die Herausforderung, die Lust, die Freiheit. Ohne auch nur eine Sekunde lang zu zögern. Ich würde mich nicht mehr für dieses sehr ernste, sehr ehrwürdige Leben, aus dem ich nicht herauskomme, entscheiden.
Ich kann mich nicht beschweren … Ich habe einen Job, meine Familie, viele Freunde, hier und da ein paar Abenteuer, aber mir fehlt das Wichtigste. Die Leidenschaft, die Erregung, die Spontanität, die Überraschung. Man hat mir immer beigebracht, auf meinen Verstand und nicht auf mein Herz zu hören. Ich habe es nicht gewagt, mich dagegen aufzulehnen, und unsere Geschichte hat dafür bezahlen müssen.
Ich weiß immer noch nicht alles über dich. Ich habe im Internet über dich recherchiert, aber ich habe nichts gefunden. Wohin bist du verschwunden? Auf welchem Fleckchen Erde lebst du? Wer ist um dich herum? Ich würde alles geben, was ich habe, nur um an deren Stelle zu sein …
Jeden Morgen denke ich an dich und sprühe mir ein wenig Orangenblütenduft auf meinen Hals und mein Handgelenk. Ich trage diesen Duft und die damit verbundenen Erinnerungen überall mit mir herum. Manchmal bekomme ich deswegen Komplimente, die ich dir schulde.
Du fehlst mir so sehr, aber muss ich das wirklich noch weiter vertiefen?
Alma
8. Oktober 2007
Vadim,
ich kann dich beruhigen. Dieser Brief wird der letzte sein. Ich habe genug gesagt, mit Sicherheit zu viel. Ich muss mich damit abfinden. Es gibt noch so viele Dinge, über die ich mit dir sprechen möchte, aber meine Psychologin hat mir abgeraten, diese Qual noch länger mitzumachen. Ja, ich wollte etwas Neues probieren. Einen Spezialisten aufsuchen, um in meinem Leben voranzukommen und aufzuhören, meine Vergangenheit mit Calimeros Augen zu sehen. Ich kenne dich. Du musst dich jetzt entweder biegen vor Lachen oder bist fassungslos.
Vadim Arcadi geht nicht aus sich heraus, bittet niemanden um Hilfe. Nein, Vadim Arcadi bevorzugt es lieber, seine Emotionen für sich zu behalten und die unangenehmen Überraschungen des Lebens so zu nehmen, wie sie kommen. Du hast immer gewusst, dass ich nicht so bin wie du. Ich muss betreut, beruhigt werden und wissen, dass ich auf dem richtigen Weg bin, bevor ich losmarschiere. Mit dir war das anders. Ich fühlte mich beschützt. Ich wusste, dass ich jeden Augenblick springen könnte … Du wärst da, um mich aufzufangen.
Diese Selbstbeobachtungsphasen haben mir wenigstens ermöglicht, etwas zu erreichen. Halt dich fest! Das wird dir gefallen! Vor ein paar Wochen habe ich es endlich geschafft, mich vom Unternehmen meines Vaters zu lösen. Edward Lancaster hat seine Beziehungen spielen lassen und für mich einen Job gefunden, der „ruhmreicher ist, als als Assistentin in einem kleinen Filmunternehmen für Independentfilme zu arbeiten“ … Ich habe ABGELEHNT!
Du wirst wahrscheinlich die Augen verdrehen, wenn du das hier liest, aber egal. Das ist gleichzeitig auch ein Sieg, oder nicht?
Ich hoffe, dass dir alles, was du in Angriff nimmst, gelingt, dass dich die Leidenschaft nicht verlassen hat, dass die Menschen, die in dein Leben treten, dir all die Liebe schenken, die du mir gegeben hast … und die ich verpasst habe.
Ich werde dich immer lieben, Vadim Arcadi.
Vergiss mich nicht. Noch nicht. Sechs Jahre sind noch nicht genug.
Alma
8. Oktober 2008
Vadim,
gute Vorsätze werden gemacht, um gebrochen zu werden, oder? Ich gebe zu, ich konnte nicht widerstehen. Ich war trotzdem wild entschlossen, dir nicht mehr zu schreiben, aber wozu soll ich darauf verzichten, wenn ich dann nur noch öfter an dich denke?
Seit letztem Jahr hat es bei mir sehr viele positive Überraschungen gegeben. Eine Beförderung: Ich wurde zur Produktionsassistentin ernannt. Eine schöne Begegnung: Niels, mein Kollege und boyfriend … der stockschwul ist und dessen schwarzen und seltsamen Humor du lieben würdest. Und der Jackpot für Clémentine: Er heißt Yann, hat alles, um ihr zu gefallen, und scheint geduldig und verliebt genug zu sein, um sie auszuhalten.
Sieben Jahre … Kannst du dir das vorstellen? Ich sehe uns wieder in unserem Büro, in diesem Hörsaal … Am Anfang konnten wir uns nicht ausstehen. Dein finsterer Blick, mein verzerrtes Gesicht. Dann das Gekreische von Clem und Lily, die Schreie und Sprüche von Abrams, Tim und Basile, das schiefe und missbilligende Gesicht meines Vaters, die nervigen Bemerkungen von Felix, die Zurechtweisungen von Keith, und wir beide, die verrückter und sturer waren als
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