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Vaethyr - Die andere Welt

Vaethyr - Die andere Welt

Titel: Vaethyr - Die andere Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Freda Warrington
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Geschöpf mit ebenholzfarbenen Haaren und Tattoos am ganzen Körper. Mel gab ihr den Spitznamen Pitbull. Jedes Mal, wenn Rosie ausging, schien Sam ihr mit seiner Gang aufzulauern. Er selbst stand dann über das Mädchen mit dem eckigen Gesicht und den kurzen, geraden Stirnfransen gebeugt, während alle anderen drohend in Rosies Richtung glotzten.
    »Er versucht dich eifersüchtig zu machen«, sagte Mel eines Tages.
    Entsetzt antwortete Rosie: »Niemals. Er versucht mir Angst zu machen. Er hat einmal zugegeben, dass er meine Familie hasst. Und jetzt muss er mich noch mehr hassen, weil ich mich ihm gegenüber behaupte.«
    »Dann ignoriere ihn«, riet Mel ihr. »Lass uns mal überlegen, wie wir dich und Jon zusammenbringen.«
    Wie üblich rissen diese Worte die Wunde in ihr wieder auf. »Ich glaube nicht, dass es so weit kommen wird.«
    »Dann gibt es aber auch noch jede Menge anderer Jungs, die nicht so selbstverliebt sind, du brauchst ihnen nur eine Chance zu geben.«
    »Die sind mir aber egal. Du weißt ja gar nicht, was ich für ihn empfinde.«
    Sosehr sie es auch versuchte, sie konnte das Bild ihres perfekten Seelenfreundes, das sie in Jons klaren braunen Augen, seiner scheuen Anmut und den langen Künstlerhänden sah, nicht abschütteln. Sie brauchte ihn nur zu sehen und schon fing alles wieder von vorne an.
    Was für ein Drama. Mel probierte die Jungs aus wie Schuhe, aber wenn Rosie liebte, dann war das für immer.
    Rosie wurde sechzehn, das Alter der Erkenntnis und der Initiation. Die Tore blieben jedoch geschlossen, es gab für sie keine magische Einweihungszeremonie, das Leben ging weiter wie zuvor.
    In jenem Sommer gaben sie und Lucas nach den Abschlussprüfungen auf Oakholme eine Party. Für Rosie war es ein Vorwand, Jon einzuladen – aber zu ihrer Bestürzung tauchte Jon gar nicht auf. Stattdessen kam Sam, obwohl er nicht eingeladen war. Als sie ihn nach draußen führte und ihm kühl erklärte, dass er und seine Gang nicht willkommen waren, ging er einfach, verzog zwar süffisant das Gesicht, gab aber doch nach.
    »Einen Versuch war’s wert, Süße«, sagte er und zog dabei eine Braue hoch.
    Als Rosie am nächsten Abend allein von Mel nach Hause ging, löste sich eine stämmige Gestalt aus dem Schatten einer Hecke und stellte sich ihr in den Weg. Es war Sams Freundin, die Bikertussi, ganz Muskeln und schwarzes, mit Nieten besetztes Leder. Sie war nicht größer als Rosie, könnte sie aber so leicht knicken wie einen Strohhalm.
    »Halt du dich bloß fern von Sam«, sagte sie.
    Rosie wusste nicht, wie sie reagieren sollte. Die kurvige Straße war verlassen. »Ich war überhaupt nicht in Sams Nähe«, protestierte sie.
    »Gestern Abend hab ich dich mit ihm gesehen.«
    »Ja, da hab ich ihm gesagt, er soll verschwinden!«
    Das schien den Pitbull nur noch wütender zu machen. Sie kam drohend und mit kaum beherrschter Gewalt auf Rosie zustolziert. »Ich durchschau dein Spiel. Jedes Mal, wenn Sam und ich draußen sind, drehe ich mich um und sehe dich. Du glaubst wohl, du kannst ihn mir wegnehmen. Aber er ist mit mir zusammen, du Miststück.«
    »Ja, du reiches Miststück«, sagte eine andere Stimme hinter Rosie, und dann tauchten zwei Spießgesellinnen des Pitbulls auf, beide groß und kräftig wie Bodyguards.
    Rosie bekam es mit der Angst. Sie wusste, dass es um sie geschehen war und sie sich mit keinem Wort würde retten können. »Ich will deinen blöden Freund nicht!«, zischte sie.
    Der erste Schlag beförderte sie in die Arme der Bodyguards. Als der zweite folgte, versuchte sie diesem mit einer Drehung auszuweichen und stürzte dabei zu Boden, wo sie sich die Hände auf dem Kies aufscheuerte. Nach einem Tritt in die Nieren blieb ihr die Luft weg. Vor Fassungslosigkeit über das, was ihr geschah, wie gelähmt, fragte sie sich, welchen Nutzen ihr Erbe hatte, wenn es ihr nicht einmal die Kraft verlieh, sich selbst verteidigen zu können. Noch mehr Tritte folgten. Außer Atem, voller Blutergüsse und hilflos rollte sie sich zusammen und versuchte sich außer Reichweite zu rollen. Da packte eine Hand sie am Kragen und zog sie hoch, bis sie halb stand. Ihre Beine gaben nach. Sie schmeckte Blut.
    Der Pitbull verpasste ihr einen Schlag in den Magen.
    Als sie zusammenbrach, ließ sie sich instinktiv seitwärts in die Schattenreiche fallen. Die Welt wurde lavendelfarben und wie von Spinnennetzen umwoben. Die drei Frauen gingen weiterhin auf sie los, aber ihre Schläge waren weich wie Seide. Auch schienen die

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