Vampire Academy 04
zu bekommen, das ich brauchte, aber jetzt sah ich Adrian mit anderen Augen. Ich war ganz bestimmt nicht bereit, ihn zu heiraten, so sehr ich meine Fantasie auch strapazieren mochte, und ich hatte auch nicht den Eindruck, dass er als fester Freund überhaupt für mich infrage kommen könnte. Ich wusste nicht mal, ob ich jemals einen festen Freund haben wollte. Doch er war mir und allen anderen in dem ganzen Chaos ein guter Kamerad gewesen – freundlich und verlässlich. Und ja, ich konnte es nicht leugnen … selbst mit dem langsam verblassenden blauen Auge sah er immer noch ausgesprochen gut aus.
Und obwohl es keine Rolle hätte spielen dürfen, hatte Lissa aus ihm herausgeholt, dass er zum größten Teil in Avery vernarrt gewesen war, weil er unter Zwang stand. Er hatte sie gemocht und ein Techtelmechtel nicht ausgeschlossen, doch ihre Kräfte hatten seinen Gefühlen eine Intensität beschert, die er nicht wirklich empfand. Zumindest behauptete er das. Wäre ich ein Mann gewesen und all das wäre mir passiert, würde ich wahrscheinlich auch behaupten, ich hätte unter dem Einfluss von Magie gestanden.
Wenn er mich jetzt jedoch so ansah, fiel es mir schwer zu glauben, dass im Laufe des letzten Monats eine andere an meine Stelle getreten war.
„Mach mir ein Angebot“, sagte ich schließlich. „Schreib es auf, und gib mir eine detaillierte Liste, warum du glaubst, ein guter Verehrer zu sein.“
Er fing an zu lachen, dann sah er mir direkt in die Augen. „Im Ernst? Das ist ja, als müsste ich Hausaufgaben machen. Schließlich ist es kein Zufall, dass ich nicht mehr auf dem College bin.“
Ich schnippte mit den Fingern. „Fang an, Ivashkov. Ich will sehen, ob du einen ganzen Tag lang richtig arbeiten kannst.“
Ich erwartete einen Scherz oder eine Ausrede, doch stattdessen antwortete er: „Okay.“
„Okay?“ Jetzt fühlte ich mich so, wie meine Mom sich gefühlt haben musste, als ich ihr so ungewöhnlich schnell zugestimmt hatte.
„Jep. Ich werde sofort in mein Zimmer gehen, um meinen Antrag zu entwerfen.“
Ungläubig sah ich zu, wie er nach seinem Mantel griff. Ich hatte noch nie gesehen, dass Adrian sich so schnell bewegen konnte, wenn es um irgendeine Art von Arbeit ging. Oh nein. Was hatte ich mir da nur eingebrockt?
Plötzlich hielt er inne und griff mit entnervtem Lächeln in seine Manteltasche. „Im Grunde habe ich dir bereits einen kleinen Aufsatz geschrieben. Hätte ich fast vergessen.“ Er förderte ein zusammengefaltetes Blatt Papier zutage und wedelte damit. „Du musst dir unbedingt dein eigenes Telefon anschaffen. Ich will nicht länger den Sekretär für dich spielen.“
„Was ist das?“
„So ein ausländischer Bursche hat mich vorhin angerufen … sagte, er hätte meine Nummer in seinem Telefonspeicher gefunden.“ Wieder sah Adrian zu Lissa und meiner Mom hinüber. Sie waren noch immer in ihr Gespräch vertieft. „Er sagte, er hätte eine Nachricht für dich, und er wollte nicht, dass ich irgendjemandem sonst davon erzähle. Ich musste alles aufschreiben und es ihm dann noch einmal vorlesen. Du bist übrigens die Einzige, für die ich so etwas tun würde. Ich denke, das sollte ich erwähnen, wenn ich meinen Antrag auf ein Date stelle.“
„Würdest du mir den Zettel bitte einfach geben?“
Er reichte ihn mir mit einem Augenzwinkern, machte eine schwungvolle Verbeugung und verabschiedete sich dann von Lissa und meiner Mom. Ich fragte mich, ob er wirklich einen Antrag auf ein Date verfassen würde. Im Wesentlichen galt meine Aufmerksamkeit jetzt allerdings dem Blatt Papier in meiner Hand. Ich wusste genau, wer der Mann am Telefon gewesen war. In Nowosibirsk hatte ich Abes Handy benutzt, um Adrian anzurufen, und später hatte ich Abe von Adrians finanzieller Beteiligung an meiner Reise erzählt. Anscheinend hatte mein Vater – puh, das war vielleicht eine unwirkliche Vorstellung – beschlossen, dass dieser Umstand Adrian vertrauenswürdig machte, obwohl ich mich fragte, warum er nicht meine Mom als Botin benutzen konnte.
Ich faltete den Zettel auseinander und brauchte ein paar Sekunden, um Adrians Schrift zu entziffern. Wenn er tatsächlich einen Antrag auf ein Date schrieb, hoffte ich, er würde ihn abtippen. Dann las ich die Notiz:
Habe einen Boten zu Roberts Bruder geschickt. Er erklärte mir, ich hätte nichts zu bieten, was ihn dazu bringen könnte, Roberts Aufenthaltsort preiszugeben – aber, glauben Sie mir, ich habe eine Menge zu bieten. Aber er sagte, solange er
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