Vampire City
ganzen Raum hören musste und sagte:
„Mich interessiert das so brennend, weil ich mir vorstelle, dass ich, egal, was ich gemacht oder gesagt habe, niemals richtig allein war. Es gab keinerlei Intimität in dem letzten Jahr. Weißt du, wie sich das anfühlt?“
„So aufregend war dein Leben nun auch nicht“, lachte er auf.
Es klang grauenvoll.
„Du bist so widerlich!“, rief ich erzürnt. Gleichzeitig ging ein heftiger Schmerz durch meine Brust. Es tat so weh. Warum tat er mir das an?
„Wenn du meinst“, meinte er schulterzuckend.
Brandon war vor mir stehen geblieben. Wie konnte man nur so abgestumpft sein?
Ich war kurz davor, zu heulen, riss mich aber zusammen. Wer wusste schon, wie oft er mir dabei zugesehen hatte, wie sich zu meinen Liebesschnulzen meine Augen in die Niagarafälle verwandelt hatten. Der Gedanke war so erniedrigend, dass es mir die Brust zuschnürte.
„Wie dem auch sei. Ich hatte nun mal meine Anweisungen…“
Er zuckte mit den Schultern.
„Anweisungen“, fiel ich ihm gereizt ins Wort, „das ist doch totaler Bockmist, was du da erzählst. Es gehörte bestimmt nicht dazu, mir in die Dusche zu folgen oder ins Bett. Wenn ich daran denke…“
Mit einem Aufschrei brach ich ab, taumelte zwei Schritte nach hinten. Oh nein! Ich vergrub mein Gesicht in den Händen, während mir bewusst wurde, was ich im Schlafzimmer getan hatte…
Gegen meinen Willen hob ich den Kopf, schaute in Brandons Augen, die ein dunkleres Grau angenommen hatten, fast schwarz wirkten. Unergründlich und tief. Ich hatte Halluzinationen, ganz eindeutig! Ein schiefes Grinsen huschte über seine Züge.
„Ich habe…ich habe…“
Mehr bekam ich nicht heraus.
„Oh ja, du hast. Und es hat mich verdammt noch mal angetörnt.“
Siedende Hitze überkam meinen Körper. Ich war unfähig, mich noch länger mit ihm in diesem Zimmer aufzuhalten. Ich senkte schleunigst den Blick, sein bedrohlicher Ausdruck schien mich aufzufressen. Ohne ein weiteres Wort rannte ich ins Bad und knallte die Tür hinter mir zu.
Langsam setzte ich mich auf den Toilettendeckel. Meine Knie zitterten, die Wangen brannten, mein Herz drohte zu zerspringen. Ich konnte keinen klaren Gedanken fassen. Ich öffnete mein Gummiband, ließ meine Haare ins Gesicht fallen, stützte die Ellenbogen auf die Knie, während ich versuchte, Sauerstoff in meine Lungen zu pumpen.
Atmen, Virginia, atmen!
So grotesk die ganze Szene eben auch gewesen war, musste ich mir eines eingestehen. Ich war erregt. Schlicht und einfach erregt. Aufgewühlt, bis in die letzten Spitzen meiner Haare. Er hatte mich dabei beobachtet! Es war so unsagbar peinlich! Und ihm hatte es gefallen, natürlich. Wie konnte ich ihm je wieder unter die Augen treten, ohne daran zu denken? Und ohne, dass er daran dachte? Das schien mir unmöglich, jenseits aller erdenklichen Vorstellungskraft. Unsicher stand ich auf und betrachtete mich in dem fast blinden Spiegel.
Ich sah scheiße aus, anders konnte man es nicht nennen. Dunkle Ringe betonten meine müden Augen, ich war weiß wie eine Kalkwand und meine Haare hatten so viel Volumen wie Sauerkraut.
Es klopfte leise.
„Virginia?“
„Lass mich in Ruhe!“
„Darf ich reinkommen?“
„Ja, komm nur, ich bin gerade nackt.“
Ich hörte ihn hinter der Tür stöhnen.
„Jetzt lass uns doch reden wie zwei vernünftige Leute.“
Schnaubend schloss ich die Augen. Zusammenreißen, Virginia!
Beklommen öffnete ich die Tür, schielte durch den Spalt hinaus, vermied es, ihn anzusehen.
„Es tut mir leid, wirklich. Und du hast recht, es war gemein, sogar richtig fies, es hat mir nicht zugestanden, dich in deiner Privatsphäre so zu verletzen. Ich kann es nicht wieder gut machen, das weiß ich. Aber bitte komm aus dem Bad raus.“
Seine Stimme klang verzweifelt, bedauernd, um Verzeihung bittend. Es war nicht gespielt, schien ihm ernst zu sein. Meine Augen fanden zögernd seine, die keine Spur von Sarkasmus aufwiesen. Er wirkte zerknirscht. Ich trat zaghaft aus dem Bad und spürte, wie sein Blick mir folgte.
„Ich möchte nur duschen und dann schlafen“, sagte ich tonlos, suchte mir das Nachthemd und einen Slip, sowie ein paar Badutensilien aus meiner Tasche, und verschwand wieder im Badezimmer.
Am liebsten wollte ich eine so starke Schlaftablette einwerfen, die mich bis 2050 durchschlafen ließ. In mir keimte der flüchtige Gedanke auf, dass Brandon nur ein Laufbursche war, der mich beschützt hatte, und den ich nach dem morgigen Tag
Weitere Kostenlose Bücher