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Vampire City

Vampire City

Titel: Vampire City Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kim Jones
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wärmer, die Tränen legten sich. Rafael reichte mir ein Taschentuch, mit dem ich mir sehr undamenhaft die Nase putzte.
    „Danke“, sagte ich.
    Pierre war wieder auf seinen Sessel zurückgekehrt, Darius musterte mich neugierig und Sebastian lächelte mir zu.
    Mit diesen Nachrichten hätte ich nie und nimmer gerechnet. Ich wusste nicht, was ich gedacht hatte, was mich erwartete. Aber nicht so etwas Gravierendes.
    „Du kannst morgen mit Claire und Samuel sprechen“, informierte mich Rafael. „Sie sind zwar nicht deine leiblichen Eltern, dennoch werden sie immer für dich deine richtigen Eltern bleiben. Dessen bin ich mir sicher.“
    „Ja“, wisperte ich, „ich liebe sie über alles.“
    „Und sie dich. Sie haben aus dir eine bezaubernde junge Frau geformt, die mit beiden Beinen fest im Leben steht. Dafür sind wir ihnen dankbar.“
    „Wie meinen Sie das?“
    Ich sah Rafael an.
    „Das wirst du später erfahren. Ich denke, dass diese Entwicklung erst einmal genug für dich ist. Du musst dich ausruhen.“
    „Aber…ich habe…noch so viele Fragen“, stammelte ich. „Was hat das mit Ihnen zu tun und dem Rat? Bitte sagen Sie es mir.“
    „Später, das verspreche ich. Es wartet ein Zimmer auf dich, in dem du dich ausruhen kannst. Wir reden morgen weiter. Das zu verkraften, wird dauern.“
    Das war alles? Ich sollte einfach in dieses Zimmer gehen und so tun, als wäre eben nicht meine Welt zusammengestürzt? Meine Eltern waren gar nicht meine Eltern, Herrgott!
    „Deine Eltern werden morgen erwartet, bis dahin kannst du mit ihnen telefonieren.“
    Als hätte Darius meine Gedanken erraten, bremste er mich auch schon wieder aus.
    Ich konnte nicht fassen, wie kaltherzig er war.
    „Das ist alles? Ich soll das einfach so schlucken und wieder nur die Hälfte erfahren?“
    In mir stieg eine ungekannte Wut auf, weil ich wie ein dummes Kind abgefertigt wurde.
    Die Männer blickten mich an, Darius wollte ansetzen, etwas zu erwidern, da stand Rafael auf, nahm meinen Arm, den ich ihm widerstrebend überließ und führte mich aus dem Zimmer.
    „Wenn du mit mir reden willst, jederzeit, das verspreche ich dir, mein Mädchen. Doch ich wünsche mir, dass du dich ausruhst und mit den beiden telefonierst, auch wenn es ziemlich unpersönlich ist. Aber es ist ein Anfang. Und wenn du möchtest, schicke ich dir Brandon, damit er nach dir sieht.“
    Wir blieben vor einer Tür am Ende des Flures stehen, Rafael öffnete sie und bugsierte mich hinein. Ich nahm das Zimmer nicht in mich auf, sah nur das Fenster mit den schweren karmesinroten Vorhängen, dahinter die Hochhäuser.
    „Ich muss aber noch so viel wissen“, fing ich verzweifelt an. „Wissen Sie, wie es mir geht?“
    „In dir ist eine Leere, du fühlst dich betäubt und beraubt. Das geht mir auch sehr nahe, denn ich sehe die Qual in deinen Augen. Du musst denken, dass wir keine Gefühle haben, aber so ist es nicht. Wir haben uns so sehr auf dich gefreut, wollen dir zeigen, wie wichtig du bist. Also habe bitte keine Furcht, wir werden morgen darüber reden. Der Morgen ist klüger wie der Abend. Kennst du den Ausspruch?“
    „Ich fand den schon immer blöd“, gab ich zu.
    Rafael lachte herzlich auf.
    „Da hast du sogar recht.“
    Er wurde wieder ernst.
    „Wirst du mir versprechen, wenn irgendetwas ist, dass du zu mir kommst? Mein Zimmer ist eine Etage tiefer, gleich rechts neben dem Fahrstuhl.“
    Ich nickte.
    „Gut. Ich schicke dir nachher Brandon mit etwas zu essen vorbei, in Ordnung?“
    „Ich kriege nichts hinunter.“
    „Das kann sich bis nachher ändern.“
    Rafael entfernte sich mit geschmeidigen Schritten. An der Tür blieb er stehen.
    „Es gibt Gründe, warum wir dir noch nicht alles sagen können.“
    Die Tür wurde leise zugezogen.
    Wie in Trance bewegte ich mich durch den Raum. Ich nahm nur die Silhouetten der Möbel in mich auf: Ein großes Bett, daneben ein dreitüriger Schrank, eine Kommode, Schreibtisch und Stuhl, daneben eine Tür, die sicher ins Bad führte. Mir war es egal.
    Ich war nicht mit Mom und Dad verwandt, das hatte man mir eben mitgeteilt – und nun wurde ich allein gelassen. Allein mit der Leere in meinem Herzen, mit dem dröhnenden Klopfen in meinem Verstand, mit der Schwere meiner Beine, die es kaum vermochten, dass ich noch aufrecht stand. Ich sackte zusammen, setzte mich auf den Teppich und blickte ins Nichts.
    Alle möglichen Erinnerungen kamen in mir hoch. Meine Geburtstage, der Einschulungstag, an dem ich weinte, als sollte ich zur

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