Venezianische Verführung (German Edition)
mehr oder ich nehme dich das nächste Mal mit einem Axtstiel.«
»Aber mit Vergnügen.«
2
Endlich kam der Briefbote. Er kannte Aurora bereits und dank ihres Charmes gab er ihr die gesamte Post stets bereitwillig. Aurora verabschiedete ihn und wollte die Post durchsehen, als sie Schritte vernahm. Hastig versteckte sie drei der Briefe in ihrem Ausschnitt.
Seit Leandro vor einer Woche in ihrem Haus eingezogen war, versuchte sie ihm bei der Post zuvorzukommen, da ihre Briefe ihn wirklich nichts angingen. Falls er genauso wie ihr Vater war, dann schreckte er sicherlich auch nicht davor zurück, ihre Post zu öffnen. Wenn man an den Teufel dachte . . .
Leandro kam aus einem der Räume. »Ist Post für die Druckerei eingegangen?«
Sie nickte und hielt ihm die restlichen Briefe hin, die er sogleich an sich nahm.
»Willst du sie nicht zuerst lesen?« fragte er.
»Ich verstehe doch nichts davon.«
Er hob eine Augenbraue. »Ein Versäumnis deines Vaters.«
Aurora sah ihn überrascht an. »Er sagte, das Geschäftliche sei nichts für Frauen.«
»Ist das auch deine Meinung?«
»Ich . . . ich weiß nicht.«
»Du hast doch eine eigene Meinung?«
»Gewiss habe ich die, doch Vater wollte sie niemals wissen.«
»Er hat dich überbehütet und verhätschelt. Ein Fehler, den ich niemals begangen hätte.«
Sie biss sich auf die Lippen. Verhätschelt war sie sicher nicht geworden.
Ihr Vater war ein Tyrann gewesen. »So, was hättest du denn getan?« fragte sie.
»Dich zu Verantwortung erzogen. Mit Härte.«
»Härte?« Noch mehr Härte? Ob er so hart war wie Adrianas Finger?
Sie verdrängte diese Gedanken. Derartige Schwächen konnte sie sich nicht erlauben.
»Müßiggang den ganzen Tag ist für niemanden gut. Erst die Arbeit und dann das Vergnügen.«
»Ich kann sehr wohl arbeiten. Ich kann sticken.«
»Sticken!« Leandro schüttelte sich vor Lachen. »Ah, damit kommst du weit in der Druckerei deines Vaters.« Seine Stimme troff vor Ironie.
Aurora spürte Wut in sich aufsteigen. »Dafür kann ich nichts!«
»Was versteckst du vor mir?«
»Nichts.«
Leandro trat näher und starrte in ihren Ausschnitt. Voll Entsetzen sah sie, dass das Eck eines der Briefe dort herausragte.
»Nichts?« Er hob eine Augenbraue. Mit den Fingerspitzen zog er den Brief aus ihrem Ausschnitt. Die anderen beiden Briefe kamen dahinter zum Vorschein. Ihre Haut kribbelte, wo seine Fingerspitze sie gestreift hatte.
»Ist da etwas dabei, von dem ich wissen sollte?« Unter hochgezogenen Brauen blickte er zuerst die Briefe und dann sie an. Aurora entriss sie ihm.
»Nichts, was dich etwas anginge.«
»Es geht mich mehr an, als du denkst. Wenn schon nicht deinem Vater, so bin ich es meiner Schwester schuldig, auf deinen Ruf zu achten.« Er umfing ihr Handgelenk und versuchte, ihr die Briefe zu entwinden, doch sie hielt sie eisern fest.
»Mein Ruf hat dich zuvor auch nicht interessiert.« Aurora machte sich von ihm los und rannte die Treppe hinauf.
»Jetzt interessiert mich dein Ruf aber. Es ist Eleonoras Druckerei, die auf dem Spiel steht.«
Aurora hastete in ihr Zimmer und schlug die Tür hinter sich zu. Die Briefe drückte sie an ihr heftig klopfendes Herz. Was bildete sich dieser Kerl eigentlich ein?
Sie öffnete die Briefe, die mittlerweile recht zerknittert waren. Einer war von Marlo, einer von Pietro und einer von Manuel. Mit welch schönen Liebesworten sie sie bedachten!
Es gefiel Aurora, umworben zu werden. Kein Wunder, dass sie sich nicht zwischen ihnen entscheiden konnte. Zuerst öffnete sie den von Marlo, dem attraktivsten.
Sie seufzte, als Veilchenduft aus dem Kuvert drang. Es war dekadent, seine Briefe zu parfümieren. Besser wäre gewesen, er hätte etwas Persönliches von sich beigelegt, eine Haarsträhne etwa. Doch so knittrig, wie die Briefe jetzt waren, wäre sie in Mitleidenschaft gezogen worden worden.
Erneut seufzte sie, als sie Marlos verschnörkelte, kaum leserliche Handschrift las. Die Worte ließen sie erstarren. Der Brief entfiel ihren zitternden Händen. Sie hob ihn wieder auf und eilte aus dem Raum.
Sie fand Leandro in der Bibliothek, in ein Gespräch mit Giuseppe vertieft.
Überrascht blickten die Männer auf, als sie in den Raum stürmte.
»Du hast ihn weggeschickt!« sagte sie.
»Wen?« fragte Leandro.
»Marlo. Er war hier. Erst sagst du, ich müsste heiraten und dann schickst du meine Verehrer weg. Das verbitte ich mir!«
»Ich dulde keine Männerbesuche, die ich nicht ausdrücklich
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