Venezianische Verführung (German Edition)
1
Leandro ejakulierte auf das Laken. Nie vergoss er sich in eine seiner Gespielinnen, ob bezahlt oder nicht. Der körperliche Druck war weg, doch Vergessen fand er bei dieser Edelhure der veroneser Vorstadt ebenso wenig wie bei den Frauen, die sich ihm an den Hals warfen. Die einzige Frau, die ihm etwas bedeutete, war tot.
Er bezahlte die Hure und schickte sie fort, um allein zu sein in seiner Einsamkeit. Dabei vermied er es, auf die zerwühlten Laken zu blicken, denen noch immer der Duft der Leidenschaft anhaftete. Seit Eleonora von ihm gegangen war, fühlte er sich einzig in den Momenten der körperlichen Vereinigung lebendig. Doch die Befriedigung hielt nur kurz an, dann trieb es ihn weiter in stetiger Ruhelosigkeit.
Ein Monat war vergangen, doch er konnte noch immer nicht glauben, dass sie jetzt so weit fort war. Unerreichbar. Nie wieder würde er ihr Lachen hören oder sie in die Arme schließen können. Nie wieder würden sie abends vor dem Kamin sitzen und lange Gespräche führen. Alles war jetzt vorbei.
Seine einzige Schwester war von ihm gegangen. Ihr Mann war mit ihr bei dem Schiffsunglück gestorben. Leandro hoffte, dass sie nicht hatten leiden müssen. Jetzt ruhten sie in der Tiefe des Meeres.
Er wusch den Duft der Kurtisane von sich. Er wollte nicht nach ihr riechen, nach ihren Säften, nach ihrem Parfum und ihrem Schweiß und auch nicht nach dem Wein, den er getrunken hatte, wenn er heimkehrte in das Haus seines Vaters. Nicht, wenn er zu Aurora kam, Eleonoras Stieftochter, die für sie wie ein leibliches Kind gewesen war. Aurora, seine einzige verbliebene Verwandte. Was war wohl aus ihr geworden in den vergangen zwei Jahren?
Ein Streit mit ihrem Vater hatte ihn von Venedig ferngehalten. Für Eleonora hat er dies getan, denn für gewöhnlich war er kein Mann, der klein beigab.
Trotz der Differenzen hatten Eleonora und ihr Mann ihm das Versprechen abgenommen, sich um Aurora zu kümmern, sollte ihnen etwas zustoßen.
Niemals hätte er gedacht, dass es eintreffen würde; doch der Albtraum war Realität geworden.
Er kleidete sich an und verließ das Gasthaus. Keinen Blick warf er zurück, keinen Blick schenkte er den Frauen, die ihm begehrlich hinterher starrten.
* * *
Aurora räkelte sich nackt auf der Chaiselongue im blauen Salon ihres Hauses.
»Ist es jetzt so richtig?« Ihre Zofe Caelia nickte. »Ich denke schon. Bewege dich jetzt nicht mehr.«
»Mal etwas schneller. Es wird langsam kühl.«
Caelia grinste anzüglich. »Dann mach dir doch warme Gedanken.« Sie starrte auf die Leinwand vor sich. »Es ist nicht so einfach, wie ich es mir vorgestellt habe.«
Aurora lachte. »Es sieht immer leichter aus als es ist.« Die Malerei, die sie schon zu Lebzeiten ihres Vaters heimlich betrieben hatte, war ihr nun Trost. Nur in ihr fand sie Vergessen.
»Ich war neugierig, womit du so viel Zeit verbringst. Außerdem will ich einen Ausgleich für das hier.« Caelia deutete auf das Nacktbild, das Aurora von ihr gemalt hatte. Zum Trocknen stand es neben der Wand.
»Dann hör auf zu reden und mal weiter. Ich glaube kaum, dass du schon viel auf die Leinwand gebracht hast.«
»Alles braucht seine Zeit. Das sagst du selbst doch immer. Jetzt mach die Beine breit, damit ich wenigstens etwas zu sehen bekomme.« Aurora tat wie geheißen. Ein Luftzug fuhr über ihre Scham. Allein der Gedanke, Caelias Blick genau an dieser Stelle ruhen zu wissen, besaß einen besonderen Reiz. Die anfängliche Kälte wich einer Wärme, die von ihrer Leibesmitte ausstrahlte. Ihre Säfte begannen zu fließen. Würde Caelia es bemerken, und wenn dem so wäre: Würde sie die Dreistigkeit besitzen, es auch zu malen?
Letzteres war gewiss.
Als die Tür aufging, fuhren beide zusammen.
Hastig griff Aurora nach ihrer Chemise, um ihre Blöße damit zu bedecken.
»Du?« Entgeistert starrte Aurora ihrem Onkel in die dunklen Augen. Sie spürte, wie Schamesröte heiß über ihr Gesicht zog. Warum kam er gerade jetzt, obwohl er sich jahrelang nicht für die Familie interessiert hatte?
»Etwas mehr Freude hätte ich schon erwartet.« Er hob eine Augenbraue.
»Was treibst du eigentlich hier? So leicht bekleidet? Läufst du etwa immer so herum?« Sein Blick glitt über sie, verharrte an einigen Stellen länger als es sich ziemte. Schließlich sah er ihr in die Augen
»Ich . . . ich . . . « Ihre Wangen fühlten sich heiß an. Sicherlich war sie knallrot. Ihr Hausdiener würde verdammten Ärger bekonnen. Wie konnte er
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