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Verbotene Geschichte

Verbotene Geschichte

Titel: Verbotene Geschichte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: L Fischinger
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als ideale Plattform für den Austausch von allerlei Gedanken, Ängsten, Spekulationen und Verdächtigungen. Die einen unterstellten den ägyptischen Behörden, »geheime Forschungen« zu betreiben und die Öffentlichkeit von »sensationellen Entdeckungen« ausschließen zu wollen, während andere mutmaßten, die Gizeh- (oder Giza-)Mauer existiere gar nicht und die Fotos, die von ihr veröffentlicht wurden, seien bloße Fälschungen.
    Ich wollte es damals genauer wissen und flog hin. Und tatsächlich: Die Mauer steht. Zwischen 2002 und 2005
wurde das gesamte Pyramiden-Plateau von Gizeh umzäunt (siehe Bildteil).
    Im Osten wird die Mauer noch von einem circa drei Meter hohen Zaun gekrönt, im südlichen Bereich der Wüste und in weiten Stücken im Westen ist sie jedoch bloß ein Gitterzaun mit einem Betonfundament. Das Plateau kann jetzt nur noch durch drei Eingänge betreten werden.
    Direkt eingezäunt sind die Pyramiden jedoch nicht, denn die Mauer verläuft »unsichtbar«, 800 Meter und mehr von den Monumenten entfernt. Deshalb konnte man Ende 2005 in einem Reisebericht auch lesen: »Ich war gerade in Gizeh, da steht keine Mauer.« Wenn man nicht gezielt nach ihr sucht, findet man sie nicht. Touristen, die den Sehenswürdigkeiten auf dem Plateau nur eine Stippvisite per Bus abstatten, werden sie kaum bemerken.
     
    Acht Millionen Euro (= 55 Millionen ägyptische Pfund) hat der Bau der Eingrenzung offiziell gekostet. Kritische Stimmen fragen: Woher kam dieses Geld? Etwa von der ägyptischen Antikenverwaltung, die bislang noch nicht einmal die Mittel für den dringend nötigen Neubau des Ägyptischen Museums in Kairo aufbringen konnte?
    Verschwörungstheorien schossen ins Kraut. Man munkelte von »geheimen Organisationen« im Hintergrund und von dunklen Geldquellen. Von heimlichen Ausgrabungen und möglichen sensationellen Entdeckungen, die der Öffentlichkeit bewusst vorenthalten würden.
    Nun finden auf dem Areal tatsächlich ständig archäologische Arbeiten statt, Grabungen und Untersuchungen aller Art. Hätte man deswegen aber gleich das gesamte Plateau
einzäunen müssen? Und selbst wenn man davon ausginge, dass hier irgendwelche Geheimoperationen vonstattengingen: Würde die Errichtung einer Mauer dann nicht erst recht die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit darauf gelenkt haben?
    Nein, die Erklärung ist viel simpler. Und zur Abwechslung auch mal erfreulicher.
    Die Pyramiden von Gizeh gehören zum Weltkulturerbe und stehen als solche unter dem Schutz der UNESCO, die ihren Erhalt auch finanziell unterstützt. Könnte es nicht also sein, dass die UNESCO die Mauer mitfinanziert hat? Und dass sie nicht irgendwelchen ominösen Geheimprojekten dient, sondern dem Schutz des Plateaus?
    Genauso ist es.
    Kairo und Gizeh sind Teil eines gigantischen Metropolenkomplexes, der ständig wächst und sich ausdehnt. Wer beispielsweise am Sphinx-Tempel steht, erkennt, dass die Wohnhäuser von Gizeh bis beinahe an die Grenze des Plateaus heranreichen. Denn die Pyramiden stehen ja nicht einsam in der Wüste, wie es Postkartenmotive vermuten lassen, sondern fast schon mitten im Ort.
    Man muss wissen, dass in Ägypten »wilde« Bautätigkeiten Usus sind. Und dass Häuser, die einmal stehen, nicht so einfach wieder abgerissen werden dürfen. Mit dem Bau der Gizeh-Mauer nun wurde dem übergreifenden Bauboom ein Riegel vorgeschoben.
    Doch sie erfüllt noch weitere Zwecke: Gizeh ist eine riesige Müllhalde. Wohin man auch geht und blickt, überall wimmelt es von Plastikmüll, leeren Getränkedosen, Flaschen und allerlei anderem Dreck. Da es keine Abfalleimer
gibt, liegt das Zeug einfach am Boden herum, auch unmittelbar bei den Pyramiden. Und in diesem Fall sind es ausnahmsweise einmal nicht die Touristen, die für die Massen von Unrat verantwortlich sind, sondern eher die Einheimischen, denen das Terrain als Naherholungsgebiet dient.
    Vor dem Mauerbau gab es jede Woche das gleiche Ritual: Am Freitag, dem wöchentlichen Feiertag in Ägypten, zog es Ströme von Großfamilien mit Sack und Pack, mit Kind und Kegel und Tüten voll Picknick-Utensilien auf das Plateau. Dort verbrachten sie schöne Stunden und zurück blieb der Müll.
    Die Kinder fühlten sich wie auf einem Abenteuerspielplatz. Sie kletterten auf die Königinnen-Pyramiden neben den Hauptpyramiden. Und die Wächter kapitulierten angesichts des großen Andrangs.
    Für viele – Andenkenhändler, lebende Fotomotive, Kameltreiber, die ihre Tiere für einen kleinen Ausritt vermieten

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