Verfuehrung auf Capri
ich zuerst geglaubt habe. Es war ja auch sehr überzeugend“, gestand er. „Deine klobigen Schuhe, die unförmige Kleidung und deine feindselige Ausstrahlung verstärkten diesen Eindruck.“
Noch immer sah er ihr in die Augen, und Laura hatte das Gefühl, als bekäme sie keine Luft mehr.
„Aber in Wirklichkeit warst du die ganze Zeit jemand völlig anderes, nämlich die Frau, die ich an jenem Abend in der Hotelbar das erste Mal sah. Es hat mich einfach umgeworfen.“ Seine Stimme wurde sanft, und die Erinnerung ließ seine Augen funkeln. „Ja, du warst eine andere Frau geworden, weil du dich von dieser Lüge befreit hattest.“
Während er wieder einen Schritt näher kam, sah er sie eindringlich an. „Laura, ich bin nicht mit dir ins Bett gegangen, um den Firmenvorsitz zu bekommen, sondern weil ich es wollte. Weil du eine wunderschöne, begehrenswerte Frau bist, Laura. Und du bist noch viel mehr als nur das, auch wenn ich zuerst zu blind war, um das zu sehen.“
Laura konnte sich nicht von der Stelle rühren. Seine Worte hielten sie zu sehr gefangen.
„Es war so schön, als wir zusammen waren, Laura. Wir haben einfach perfekt zusammengepasst. Und ich wollte nicht, dass es zu Ende geht. An Tomaso und daran, wie ich ihm klarmachen sollte, was zwischen uns passierte, wollte ich nicht denken. Auch an das Unternehmen nicht. Ich wollte einfach, dass wir so weitermachen, denn ich hatte so etwas noch nie erlebt. Und nachdem du abgereist warst, war ich unglaublich wütend, weil ich dachte, du wärst aus meinem Bett direkt in die Arme eines anderen Mannes gelaufen. Aber vor allem war ich wütend auf mich selbst, weil mich dein Verhalten so getroffen hat.“
„Ich kann mir nicht vorstellen, dass du oft von Frauen verlassen wirst“, brachte Laura leise hervor.
Alessandro lächelte ironisch. „Die Frau vor dir hat es auch getan. Damals war ich einfach nur gereizt. Aber als du mich verlassen hast, war ich verzweifelt. Und erst jetzt verstehe ich, warum. Verstehst du es auch?“
„Nein“, antwortete Laura, denn etwas anderes traute sie sich nicht zu sagen.
„Dann werde ich es dir zeigen.“
Als Alessandro auf sie zukam und Laura plötzlich begriff, was er tun wollte, war es wie ein Schock, der sie erzittern ließ. Er umfasste ihr Gesicht, und ihr stockte der Atem, doch sie fühlte sich zu schwach, um zurückzuweichen.
Alessandro sah sie mit seinen faszinierenden dunklen Augen an, in denen sie immer wieder versunken war, als er sie durch jenes magische Tor geführt hatte. Er blickte sie an, als würde es jenes Wunder noch immer geben – als wären das alles nicht Lügen und Betrug gewesen.
„Mach die Augen zu“, sagte er jetzt leise, und wieder schien sie nicht mehr atmen zu können. „Ich werde meine auch schließen.“
Laura tat es. Als Alessandros Fingerspitzen über ihre Haut strichen, verharrte sie bewegungslos. Wie suchend ließ er seine Finger über ihr Gesicht und die Lippen bis zum Hals gleiten. Und mit einem Mal hatte sie das Gefühl, nicht mehr in der dunklen Küche zu sein, sondern in Italien, auf Capri, in Rom – zurück in dieser wunderschönen, verzauberten Welt, die ihre Tore weit für sie öffnete, sie akzeptierte und willkommen hieß.
Von der Wut und der Schwere war nichts mehr zu spüren. Und auch Lauras Ärger war verschwunden – ebenso wie all das, was sich darunter verborgen hatte.
Sie spürte Alessandros Lippen auf ihren, ganz sanft, wie die Flügel eines Schmetterlings. „Laura“, sagte er rau.
Und dann küsste er sie. So sanft und sinnlich, dass Laura das Gefühl hatte, vor Glück zu vergehen. Jetzt gehörte sie wieder ganz ihm. Alessandro hielt sie in den Armen, er liebkoste und begehrte sie – ja, sie war für den schönsten Mann der Welt eine begehrenswerte Frau …
Alessandros Mund löste sich von ihrem, als er ihr Gesicht umfasste und anhob. Laura hatte die Augen noch immer geschlossen. Ihr Herz war erfüllt von einem Gefühl, das sie nicht zu benennen wagte – und einer Hoffnung, der sie nicht zu trauen vermochte.
„Siehst du es, Laura?“, fragte Alessandro leise, und sie konnte seinen Atem auf ihrer Wange spüren. „Wir stehen auf der Terrasse des Hotels in Amalfi. Über uns scheint der Mond, die Zikaden zirpen, und man hört das leise Rauschen des Meeres. Du trägst ein langes, transparentes Kleid, und das Haar fällt dir wie ein seidiger Vorhang auf den Rücken. Du siehst zu mir auf, und deine Augen drücken dasselbe aus wie meine: das, was wir aneinander
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