Tori und die verschwundene Stute
Ferienpläne
Lehrer. Wenn es Wesen auf der Welt gab, die vom richtigen Leben keine Ahnung hatten, dann waren es Lehrer.
âAlle, die zwischen zwei Noten stehen, erarbeiten bitte ein Referatâ, hatte Toris Geschichtslehrer Herr Pleger drei Tage vor den Osterferien verkündet. âUnd damit ihr über die Ferien keine Langeweile bekommt, verteile ich jetzt schon mal die Themen.â
Tori, die zwischen Zwei und Drei stand, bekam ein Referat über das antike Griechenland aufs Auge gedrückt. âAber ich komm in den Osterferien bestimmt nicht dazu, das vorzubereiten!â, protestierte sie.
âFährst du weg?â Herr Pleger musterte sie misstrauisch über den Rand seiner Lesebrille.
Nein, Tori fuhr nicht weg, sie würde beide Ferienwochen zu Hause verbringen.
âNa, dann hast du doch Zeitâ, schlussfolgerte Herr Pleger.
So ein Idiot! Wenn Tori wie die anderen weggefahren wäre, in ein Ferienhaus nach Italien oder in einen Club auf Mallorca oder zu ihren GroÃeltern , dann hätte sie Zeit gehabt, sich mit den alten Griechen und ähnlichem Schwachsinn auseinanderzusetzen. Aber sie blieb zu Hause. Und das bedeutete, dass sie rund um die Uhr beschäftigt sein würde.
âSo ein Mist!â Sina, die neben Tori saÃ, hatte ein Referat über das Römische Reich abbekommen.
âBitte, was?â, fragte Herr Pleger.
âNichtsâ, sagte Sina.
âDann ist es ja gutâ, meinte Herr Pleger. Danach verteilte er die Termine, an denen die Referate gehalten werden sollten. Tori und Sina waren gleich am zweiten Schultag nach den Ferien dran.
âDer spinnt ja wohlâ, murmelte Tori.
Sie hatte in den Osterferien wirklich Besseres vor, als im Internet und in der Bibliothek für die Schule zu recherchieren! Tori und Sina verbrachten nämlich jede freie Minute als Pferdemädchen auf der Sunshine Ranch, genau wie Myriam, Ayla, Juliana und Hannah aus ihrer Klasse. Als Pferdemädchen trug man die Verantwortung für ein Pflegepferd, man fütterte, putzte und ritt es, man mistete seine Box aus und führte es abends von der Weide in den Stall. Während der Schulzeit radelten die Mädchen jeden Nachmittag und am Wochenende auf die Ranch, in den Ferien trafen sie sich dort nach dem Frühstück und blieben bis zum Abendessen. Die anderen Mädchen aus ihrer Klasse gingen nachmittags zum Shoppen, ins Kino oder ins Freibad. Die sechs Pferdemädchen hatten keine Zeit für so etwas.
âNervt dich das nicht manchmal?â, hatte Silvie Tori neulich gefragt.
âQuatsch!â, hatte Tori entgegnet. âIch hab doch alles auf der Ranch. Freunde, SpaÃ, Abwechslung, sogar Sport. Was will man mehr?â
Silvie hatte nur den Kopf geschüttelt. Sie verstand Tori einfach nicht, ebenso wenig wie Herr Pleger, der immer noch vor Toris und Sinas Tisch stand.
âIst alles klar bei euch?â, fragte er.
Tori und Sina nickten im Gleichtakt. Nichts war klar, aber es machte ja keinen Sinn zu widersprechen.
âBin ich froh, dass ich auf einer glatten Drei stehe!â, meinte Hannah in der Pause. âEin Referat vorzubereiten, darauf hätte ich in den Ferien echt überhaupt keinen Bock.â
âDanke für den Kommentarâ, sagte Tori. âGenau das hat mir jetzt gefehlt!â
âSorryâ, murmelte Hannah und biss in ihren Apfel.
âIch will auf jeden Fall eine Drei in Geschichteâ, verkündete Sina. âIch hab meiner Mutter versprochen, dass ich mich in den Nebenfächern verbessere.â
âAch. Und was heiÃt das?â, fragte Tori. âWillst du die Ranch sausen lassen und dich ganz auf das blöde Referat konzentrieren?â
âQuatsch. Aber ich muss ein bisschen kürzertreten. Vielleicht kann eine von euch Janko mitversorgen. Hin und wieder mal.â
Tori verdrehte die Augen. âWie stellst du dir das vor?â, fragte sie. âWir haben doch schon genug zu tun. Und ich muss ja auch noch mein eigenes Referat vorbereiten.â
âDich hab ich ja gar nicht gefragtâ, fauchte Sina. âUnd auÃerdem hab ich âhin und wieder malâ gesagt. Hörst du mir nicht zu?â
Typisch, dass Sina gleich in die Luft ging! Früher waren sie und Tori die besten Freundinnen und einfach unzertrennlich gewesen, aber in letzter Zeit lief es gar nicht mehr rund zwischen ihnen. Sie stritten sich wegen jeder Kleinigkeit. Vermutlich lag es daran, dass
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