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Vergebliche Suche nach Gaby

Vergebliche Suche nach Gaby

Titel: Vergebliche Suche nach Gaby Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Wolf
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besonders, obwohl sie zusammen
lebten und nun zusammen befreit worden waren. Auch jetzt fand keine Verständigung
statt.
    Igor überquerte die immer noch
menschenleere Straße und verschwand unter den Bäumen.
    Anuschka beschnupperte Gabys
Rad, knabberte an den Blättern der Zimmerpalme, fand aber keinen Gefallen daran.
Nach kurzer Unschlüssigkeit hielt auch Anuschka den Stadtwald für die beste
Lösung und folgte Igor, allerdings nicht auf seiner Spur.
    Beide — Bär und Bärin —
strebten in südliche Richtung. Nach einiger Zeit würden sie das kunstvoll
angelegte Wegenetz erreichen, wo vor allem abends Spaziergänger gehen, wo
Jogger hecheln und Hunde von der Leine gelassen werden, obwohl das verboten
ist. Besonders an einem Schönwetter-Abend wie heute herrscht dann
beträchtlicher Betrieb. Der dafür im vorderen Waldgebiet ausgewiesene Parkplatz
wird erreicht über die Balthasar-von-Blutzen-Straße, die am Anfang der
Noah-Straße abzweigt.
    Hinter dem Wegenetz-Gebiet
beginnt der eigentliche Forst. Dort steht Reh- und Rotwild.
    Bär und Bärin folgten ihrer
Natur, nämlich ihrer Nase. Weil im Zoo die Fütterung längst gelaufen war,
spürten sie im Moment auch keinen großen Hunger. Handsamer machte das die
beiden allerdings nicht.

4. Gefesselt
und geknebelt
     
    ...fünftes Läuten, sechstes
Läuten. Bei Gaby zu Hause hob niemand ab. Tim presste die Lippen aufeinander.
Also war Frau Glockner nicht daheim. Er schaltete den Anruf ab und wählte die
Nummer des Kommissars im Präsidium, direkte Durchwahl. Vielleicht wusste Gabys
Vater Bescheid.
    Aber nicht Kommissar Glockner
meldete sich, sondern ein Kollege. Gabys Vater sei mit seiner Frau in der Stadt
unterwegs.
    „Hast du die Handy-Nummer,
Tim?“
    „Habe ich. Danke!“
    Augenblicke später kam die
gewünschte Verbindung zu Stande. Endlich! Der Kommissar wartete im parkenden
Wagen auf seine Frau.
    „Hallo, Tim“, erwiderte
Glockner den Gruß. „Du kommst mir zuvor. Ich wollte gerade bei Frau Brings
anrufen. Im Präsidium ist soeben eine Meldung eingegangen. Man hat mich
benachrichtigt. Ihr seid doch alle bei Brings?“
    „Außer Gaby, Herr Glockner. Sie
ist bis jetzt nicht gekommen. Deshalb rufe ich an.“
    Stille in der Leitung. Das war
Erschrecken. Und Tim ahnte sofort, dass Gabys Verspätung mit der Meldung
zusammenhing.
    „Um Himmels willen!“, murmelte
Glockner. „Das... darf doch nicht sein.“ Das Zittern in seiner Stimme war nicht
zu überhören. Dann: „Tim! Irgendwelche Verrückten haben im Zoo ein Bärengehege
aufgebrochen. Das Braunbär-Gehege auf der Südseite. Zwei Tiere sind entkommen.
Die beiden größten: Igor und Anuschka. Der Anschlag wurde erst vor Minuten
entdeckt. Tierpfleger, der Zoo-Tierarzt und wer-auch-immer suchen jetzt
fieberhaft. Sie haben ein Gewehr mit Betäubungspfeilen. Es besteht ständiger
Telefonkontakt mit dem Präsidium. Aber niemand kann die Gefahr abschätzen.
Offenbar sind die Bären von der Bildfläche verschwunden. Zwischen dem Gehege
und dem südlichen Zaun ist Parkgelände mit dichtem Gesträuch. Keiner weiß, ob
sich die Tiere dort aufhalten. Oder ob sie schon durchgebrochen sind durch den
Zaun und das Gelände verlassen haben. Besucher sind nicht mehr im Zoo. Heute
war um 17 Uhr Schluss.“
    Tim machte eine Bewegung, als
schüttele er die Eisstücke ab, die ihm über den Rücken rutschten. Die Angst um
Gaby lähmte für zwei, drei Sekunden seine Stimmbänder.
    „Tim?“
    „Habe alles verstanden. Gaby
ist... wahrscheinlich vor den Bären geflüchtet und versteckt sich irgendwo. Ich
such sie.“
    „Tim! Du kannst nichts
ausrichten — im Ernstfall. Gegen diese Raubtiere nutzt kein Karate.
Streifenwagen sind unterwegs. Ich fahre sofort hin. Du und alle andern — ihr
bleibt im Haus.“
    „Alle andern ja. Ich nicht. Bis
nachher, Herr Glockner.“
    Tim klappte das Handy zu und
reichte es Karl zurück.
    „Ich habe Bären verstanden“,
sagte Klößchen. „Was ist los?“
    „Die Hölle! Zwei große
Braunbären sind los. Sind womöglich zur Noah-Straße durchgebrochen. Polizei ist
im Anmarsch.“
    „Wie ist denn das möglich?“,
rief Claudia.
    Frau Brings presste entsetzt
eine Hand an den Mund.
    Tim rannte schon zur
Gartenpforte, wo diesseits des Zauns die Fahrräder parkten. Karl und Klößchen
folgten ohne ein Wort.
    Frau Brings und die Mädchen
riefen den Jungs nach. Aber das klang nur nach Schreck und Ermahnung. Tim hörte
nicht hin, sprang auf sein Mountain-Bike, das er heute benutzte, und

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