Vergessene Küsse (Windham-Reihe) (German Edition)
unwiderstehlicher Macht zu ihr hingezogen. Dieser Macht nachgebend, trat er näher, und ein heißer Schauer der Erregung durchfuhr ihn.
„Lord Weston, wie Ihr seht, versuche ich, den Hinterlassenschaften meines Mannes Herr zu werden, aber da ich mich nur für die wenigsten seiner Experimente und Forschungen interessiert habe, erschlägt mich die Masse seines Erbes nun beinahe. Bitte, wenn Ihr hier irgendwo einen Stuhl findet, der nicht über und über mit Papieren belegt ist, dann nehmt doch Platz.“
Sie hob in einer den ganzen Raum einschließenden Geste hilflos die Hände, ehe sie selbst einen Stoß Bücher beiseiteschob, um auf der Armlehne eines Sessels Platz zu nehmen.
„Danke, Lady Langston. Das ist sehr freundlich, aber wenn Ihr erlaubt, dann bleibe ich stehen. Ich muss sagen, ich bin beeindruckt von dieser Sammlung alter Schriften, auch wenn ich das Ordnungsprinzip Eures verstorbenen Mannes nicht auf Anhieb zu verstehen scheine.“
Danielle lachte, und der Raum schien sich mit Wärme zu füllen.
„Ja, ich denke, auch Matt selbst hat sein Ordnungsprinzip nicht verstanden“, gab sie freimütig zu, und Devlin hatte Mühe, ihren Worten zu folgen. Das Lachen veränderte ihr ganzes Gesicht. Es trug ein Leuchten in ihre Augen, welches ihm direkt ein Kribbeln in der Magengrube verursachte. Er hatte nicht erwartet, dass es so eine Wirkung auf ihn haben würde. Aber irgendwie verwunderte es ihn auch nicht, denn, wenn er sich richtig erinnerte, war ihm schon vor zehn Jahren etwas Besonderes an dem schüchternen Mädchen aufgefallen. Nur hatte er es damals genauso wenig benennen können wie heute.
Devlin löste den Knoten seiner Krawatte etwas, da ihm plötzlich heiß wurde. Dieser Sache auf den Grund zu gehen, konnte interessant werden.
„Lord Weston, darf ich Euch fragen, was Euch bei diesem Wetter hierher führt?“
„Um ehrlich zu sein, hatte ich gehofft, dass Ihr mir vielleicht etwas über die Arbeit Eures Mannes hättet berichten können, aber wie Ihr gerade sagtet, fandet Ihr keinen Gefallen an diesen Dingen.“
„Nein, das tat ich nicht. Aber nichtsdestotrotz ließ sich Matt oft nicht davon abbringen, mir von seiner Arbeit zu erzählen.“
Devlin war hingerissen. Sie zog wie nebenbei eines der Bücher heran, blätterte achtlos durch die Seiten und legte es auf einem anderen Stapel wieder ab, ehe sie ihn wieder ansah. Sie war schüchtern, auch wenn sie das in ihrem Auftreten nicht zeigte. Ihr Blick verriet sie dennoch. Und Devlin wusste, warum sie ihn fürchtete. Sie erinnerte sich ebenso wie er an jenen Abend vor zehn Jahren. Zu gerne würde er ihre und seine Erinnerung auffrischen, denn ihr Mund, der im Sonnenlicht schimmerte wie glänzender Honig, war eine derart süße Verlockung, dass er sich nun doch lieber setzte, aus Angst, sich sonst einfach auf sie zu stürzen.
„Hat er Euch gegenüber je ein Gemälde erwähnt, welches den Titel Venus von Lavinium trägt?“, versuchte sich Devlin mit Mühe, auf sein eigentliches Anliegen zu besinnen.
Danielle zuckte zusammen, als hätte er sie geschlagen.
„Die Venus ? Was wisst Ihr über sie? Seid Ihr Matt etwa in London begegnet?“
„Wovon sprecht Ihr? Ich hatte leider nie das Vergnügen, Euren Gatten kennenzulernen, aber sein Ruf in Kunstkreisen eilte ihm voraus. Darf ich Eurer Reaktion entnehmen, dass er Euch gegenüber die Venus erwähnt hat?“
Danielle schnaubte.
„Erwähnt? Er hat in den Wochen vor seinem Tod von nichts anderem mehr gesprochen!“
„Tatsächlich. Nun, könnt Ihr mir sagen, warum er so besessen davon war?“
„Genaugenommen fing seine Begeisterung für dieses Bild schon vor vielen Jahren an. Damals erwarb er eine ganze Ladung sehr alter Schriftrollen aus dem mittelitalienischen Raum. Wie sich herausstellte, war eine davon allem Anschein nach von Aeneas, dem Sohn der Göttin Venus, höchstpersönlich verfasst. Darin fand Matt zum ersten Mal überhaupt einen Hinweis auf das Gemälde. Aeneas schrieb, dass er das Bildnis seiner schönen und mächtigen Mutter mit nach Lavinium genommen habe, da das Bild fast ebensolche Kräfte besitze wie die Göttin selbst, und dass er gezwungen gewesen sei, das Bild zu tarnen, damit es nicht in falsche Hände geriet.“
„Das ist fantastisch! Ihr habt diese Schriftrollen nicht zufällig hier?“
Danielle lachte wieder.
„Nein, leider nicht. Was Ihr hier seht, das sind zumeist Dokumente neueren Datums. Die Papyrusrollen aus Lavinium sind längst wieder verkauft. Ihr
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