Rashminder Allerlei (German Edition)
Rashminder Allerlei
Sandra Gernt
Prolog
„Kniet nieder.“
„Angeklagter, dies ist ein Verbrechen von besonderer Schwere. Bekennt Ihr Euch schuldig? Habt Ihr Meister Torgen ermordet?“
„Nein.“
„Meister Varrant, wenn Ihr so gütig wäret …“
„Er lügt.“
Die Stimme des Wahrheitsmagiers klang angeekelt. Es widerstrebte ihm offenkundig, auch nur in seine Nähe zu kommen. Es war ihm gleichgültig. Er wusste, dass er niemanden ermordet hatte.
„In Anbetracht der besonderen Schwere und der Umstände halte ich es für angemessen, den Angeklagten einer hochnotpeinlichen Befragung zu unterziehen.“
Folter, dachte er. Das heißt Folter, also nennt es gefälligst so.
„Bringt ihn zurück in den Kerker und achtet darauf, ihn sorgsam anzuketten.“
Die Stadtwachen zerrten ihn mit brutaler Gewalt auf die Beine. Bloß mit Mühe gelang es ihm, den Schmerzensschrei zu unterdrücken. Er hatte schon ein Leben lang starke Schmerzen und auch Folter ertragen müssen, er würde es überleben. Bis zu seiner Hinrichtung.
Wäre Torgen hier, könnte er mich mit einem Fluch zum Reden zwingen.
Aber Torgen war tot. Grausam ermordet worden. Man hatte nach Torgens Tochter Amisha geschickt. Ihre Artefaktmagie könnte die Wahrheit binnen dreier Herzschläge enthüllen. Ihn retten und den wahren Schuldigen herausfinden. Doch sie weigerte sich zu kommen. Warum, hatte man ihm nicht gesagt.
„Lauf schneller!“ Ein harter Schlag traf ihn am Rücken. Beinahe wäre er zu Boden gestürzt, nach drei Tagen ohne Nahrung und kaum Wasser, beständig in einem stinkenden dunklen Loch angekettet, war er entkräftet.
Wenig später befand er sich wieder in eben diesem Loch, mit schweren Ketten um Hals, Hand- und Fußgelenke, die sowohl am Boden als auch an der Wand befestigt waren.
„Hier, dein Essen.“
Der Holznapf, gefüllt mit schimmlig aussehendem Brei, wurde nah genug zu ihm herangeschoben, dass er ihn greifen konnte. Seit drei Tagen ignorierte er ihn beharrlich. Bevor der nicht geleert war, würde er allerdings nichts Neues bekommen, das wusste er. Nun, so verzweifelt war er noch lange nicht. Was ihn wirklich quälte, war der Magiebann, dem man ihm auferlegt hatte und jegliche Ausübung von Magie unterdrückte. Und dass er nicht wusste, ob Eryk ihm glaubte.
Kaiden schloss matt die Augen. Wo war Eryk? Warum kam er nicht zu ihm? Wenn er wenigstens schlafen könnte! Und wenn er bloß wüsste, was überhaupt passiert war …
Kapitel 1
Einige Tage zuvor …
„Es tut mir leid.“
„Das genügt nicht.“
„Es tut mir wirklich leid.“
„Das macht es trotzdem nicht ungeschehen!“
„Kaiden …“ Eryk zog ihn in seine Arme und umarmte ihn fest, bis Kaiden es nicht länger durchhielt, sich schmollend zu versteifen.
„Ich hatte es vergessen. Es tut mir wahnsinnig leid, ich schwöre es.“
Eryk hatte ihm versprochen, pünktlich zurückzukommen, um Kaiden beim Waschen der Wäsche zu helfen. Kaiden hatte natürlich genau gewusst, wo sein Liebster sich herumtrieb – bei Cael und Natt, wie so oft in letzter Zeit. Die beiden führten eine schwierige Beziehung und litten unter den Ereignissen des letzten Sommers, bei denen sie beide über ihre Grenzen getrieben worden waren. Vor allem Natt suchte das Gespräch mit Eryk, mit dem ihn jahrelange Freundschaft verband. Kaiden stand dabei zumeist ein wenig außen vor, obwohl auch er Natt und Cael gerne mochte. Er war nicht eifersüchtig, im Gegenteil. Das tiefe Seelenband zu Eryk sollte keine Fessel sein, er war froh, dass sein Liebster Möglichkeiten hatte, sich gelegentlich von ihm zu erholen. Die Idee, ihm nachzulaufen und von den Freunden wegzuholen, damit er nicht allein die unleidigen Pflichten des Haushaltes übernehmen musste – ein anhaltendes Streitthema zwischen ihnen – war lächerlich. Selbstverständlich spielte Kaiden nicht das Hausmütterchen! Aber Eryk hatte es nun einmal versprochen und es ergab sich irgendwie fast immer so, dass Kaiden allein Waschen, Kochen und Putzen musste.
„Ich will nicht über solchen lächerlichen Unsinn streiten. Und ja, ich hätte es mir mit Magie ein wenig leichter machen können. Trotzdem, mich umarmen und sagen, wie leid es dir tut, dich wieder einmal gedrückt zu haben, ist nicht hilfreich.“
„Ich habe mich nicht gedrückt!“, rief Eryk aufbrausend. „Die Jungs brauchten mich.“
Ich hätte dich auch gebraucht, dachte Kaiden. Er sprach es nicht aus, weil es ungerecht gewesen wäre, Schmutzwäsche mit den
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