Verlobt, verliebt, verführt
aufschaute. Schlagartig vergaß sie jeden Gedanken an ihre Garderobe.
Es war der Mann aus dem Baum.
Er sah sie direkt an, und mit einem Mal wirkte der Raum winzig klein. Seine Augen hatten ein warmes Braun und blickten so verträumt, dass Suzanne glaubte, sich darin zu verlieren.
Leider hatte sie den Männern ja gerade erst abgeschworen. Wirklich schade, dachte sie, denn dieser Mann konnte jede Frau zum Schwärmen bringen.
„Hallo“, sagte sie leicht verlegen. „Ist das hier das Apartment, das in der Annonce als …“, sie schlug die Zeitung auf, „… als billig, billig, billig beschrieben wird?“
Die Frau lachte auf. Es klang nicht herablassend, wie Suzanne vielleicht erwartet hätte. Vorsichtig strich sie sich mit ihren manikürten Fingern übers Haar. „Hoffentlich hat Sie das nicht abgeschreckt.“
„Machen Sie Witze?“ Suzanne dachte wieder an ihren letzten Kontoauszug. „Es hat mich angezogen wie das Licht die Motte. Wie billig ist es denn genau?“
„Darüber lässt sich reden. Aber vorher …“ Die Frau wandte sich an den Mann. „Können wir das morgen besprechen?“
„Dann wird es zu spät sein, Taylor.“
Suzanne hätte sich denken können, dass er eine so tiefe sexy Stimme besaß. Sein Gesicht verriet deutlich jede Gemütsbewegung, und im Moment schien er verärgert. Entnervt rollte er den Plan zusammen.
Die Frau indessen besaß zu viel Stil, um sich ihre Gefühle anmerken zu lassen. „Das hier ist wichtiger. Ich brauche einen Mieter.“
„Sie brauchen zunächst einmal jemanden, der Ihnen diese Bäume stutzt und absichert. Auf der Ostseite kann jeder einzelne beim nächsten Sturm umknicken, und den soll es übrigens heute Nacht geben.“
„Ryan.“ Sie berührte ihn am Arm, und Suzanne hörte, wie der Mann resigniert seufzte.
Suzanne hatte es noch nie im Leben geschafft, einen Mann mit nur einer einzigen Berührung zum Schweigen zu bringen. Schon gar nicht einen solchen Traumkerl.
Liegt das jetzt an der teuren, eleganten Kleidung der Frau oder an ihrer vornehmen Art, fragte Suzanne sich. Etwas beschämt strich sie sich über ihr eigenes Sommerkleid, das nicht nur bieder, sondern auch zerknittert war. Sie trug es, weil es locker fiel und die fünf Kilos, die sie ihrer Meinung nach zu viel auf den Hüften hatte, verbarg. Ich bin ein Opfer meiner eigenen Kochkünste, dachte sie.
„Regen Sie sich doch nicht auf, die Wettervorhersage irrt sich fast immer.“ Taylor tätschelte dem Mann versöhnlich den Arm. „Morgen werden wir immer noch entscheiden können, was mit den Bäumen geschehen soll.“
Er schüttelte nur den Kopf, klemmte sich seinen zusammengerollten Plan unter den Arm und kam hinter dem Tresen hervor. In jeder seiner Bewegungen drückte sich sein Unmut aus.
Interessiert beobachtete Suzanne ihn. Die Männer in ihrem Leben hatten ihre Gefühle nie offen gezeigt. Zugegeben, im Moment war da nur ihr Vater, aber auch der hielt mit seinen Gefühlen hinterm Berg. Im Haus der Carters machte man sich über intensive Gefühle eher lustig, und allen Problemen trat man mit Gelächter entgegen. Immer gut drauf und nicht an morgen denken, das war das Motto der Carters. Suzannes Exverlobte hatten ihre Gefühle ebenfalls versteckt, selbst Tim mit seinen großen verheulten Augen hatte ihr nicht gezeigt, wie hinterhältig und gerissen er in Wirklichkeit war.
Und bis gerade eben hatte Suzanne angenommen, Männer seien nun einmal so.
Ryan, der umwerfende Kerl aus dem Baum, nickte ihr kurz zu, als er an ihr vorbei zur Tür ging. Ganz flüchtig berührten sie sich an den Schultern, und entschuldigend verzog er die Lippen zu einem Lächeln.
Es war Suzanne peinlich, aber sie konnte es nicht verhindern, dass ihr Puls zu rasen begann und sie sich fast den Hals verrenkte, um Ryan hinterherzusehen. Anscheinend vermochte sie ihrem Körper nicht so leicht verständlich zu machen, dass Männer für sie tabu waren.
„Er sieht blendend aus, nicht wahr?“ Taylor kam um den Tresen herum und trat neben sie. Dem konnte Suzanne nur zustimmen, aber das behielt sie lieber für sich.
„Und obwohl er viel zu nett ist, um es mir offen zu sagen, weiß ich, dass er jetzt wütend auf mich ist.“ Gleichgültig zuckte sie mit den Schultern. „Aber das wird er schon überstehen.“
Beide gingen sie jetzt zur Tür, um noch einen Blick von ihm zu erhaschen, wie er leichtfüßig die Treppe hinunterlief. Das T-Shirt spannte sich um breite Schultern und die Jeans um muskulöse Schenkel und den schönsten
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