Ein Bündel Geschichten für lüsterne Leser
Einleitung
I n den letzten Monaten haben einige empfindsame Seelen die Stirn über die Verbrechen im Fernsehen gerunzelt und sie als Ursache jeglichen garstigen Phänomens, vom Einbruch bis zum Nägelkauen, verdammt. Bei meiner entgegenkommenden Veranlagung bin ich natürlich genau derselben Meinung. Einige Verbrechen, die ich im Fernsehen erlebt habe, ließen auch mir die Haare zu Berge stehen.
Allerdings wurden nicht alle mit Dolch oder Revolver verübt. Bei einigen bediente man sich der Lächerlichkeit, hirnloser Ehefrauen und hilfloser Ehemänner, gespenstischer Teenager und redseliger Kleinkinder. Wie ich erfuhr, handelte es sich hier um Sendungen für die Familie, die dem Fernsehen ansprechendste Unterhaltung.
Immer bemüht, mit den Wünschen der Öffentlichkeit in Fühlung zu bleiben, beeile ich mich zu versichern, dass ›Alfred Hitchcock zeigt‹ ganz entschieden eine Sendung für die ganze Familie darstellt. Dem Skeptiker biete ich als Beweis diese Sammlung von short stories an, von denen jede einzelne in ein Fernsehspiel umgemodelt wurde.
Der Autor, Henry Slesar, ist in bewundernswerter Weise geeignet, diese Art von entsprechender Familienunterhaltung zu schreiben, da er selbst ein Familienmensch mit entsprechender Ehefrau und einem entsprechenden Kind ist – ganz zu schweigen von zwei entsprechenden Hunden. Sie wohnen in einem entsprechenden Haus in einer entsprechenden Vorstadt, wo Mr. Slesar die entsprechend nützlichen Erzählungen vom glücklichen Familienleben verfasst.
So ist zum Beispiel ›Ein Verbrechen für Mütter‹ das herzerwärmende Loblied der Mutterliebe. Die Tatsache, dass es sich bei der Mutter dieser Geschichte um eine Trinkerin, Erpresserin und Kindesentführerin handelt, ist ein Punkt, den nur Puritaner verdammen können.
In ›Dicker als Wasser‹ sehen wir das köstliche Verhältnis eines Vaters zu seinem jungen Sohn. Unglücklicherweise steht der Bursche wegen Mordes vor Gericht, und der pflichtbewusste Vater möchte ihm helfen, dem Strick zu entgehen; aber wenn es sich hierbei nicht um elterliche Hingabe handelt, will ich einen ganzen Band Turgenjew fressen.
In ›Weibliche Hilfe‹ lernen wir ein Beispiel für die ideale amerikanische Ehe kennen: mit einem entsprechenden Ehemann und einer charmanten Ehefrau, die behaglich in einem von Efeu überwachsenen Häuschen wohnen und gemeinsam entsprechende Mahlzeiten genießen. Einige dieser Mahlzeiten enthalten natürlich Gift.
Und in ›Willkommen zu Hause‹ erleben wir die zärtliche Wiedervereinigung einer lange getrennten Familie, die selbst den abgebrühtesten Verbrecher unter meinen Lesern garantiert zu Tränen rühren wird. Denn natürlich nehme ich an, dass sich unter meinen Lesern und Zuschauern mit Sicherheit einige Verbrecher befinden, weil sie dies lesen oder sehen. Zumindest haben die Kritiker des Fernsehens mich zu dieser Überzeugung gebracht.
Wenn Sie also tatsächlich ein Verbrecher sind, hoffe ich nur, dass Sie dieses Buchexemplar gekauft und nicht einfach aus dem Regal geklaut haben. Denn das ist, wie ich Ihnen versichern kann, nicht meine Art von Verbrechen. Vorausgesetzt, dass Sie dieses Buch auch bezahlten, haben Sie daher jetzt die Wahl zwischen sechzehn spannenden Erzählungen, die Sie meiner Überzeugung nach nicht nur entsprechend, sondern auch rasend spannend finden werden.
Alfred Hitchcock
Ein Verbrechen für Mütter
Z wei Drinks, und sie war bereit. Mit einem Taxi fuhr sie zu dem kleinen Haus der Birdwells in Queens; dabei saß sie im Fond des Wagens, und ihr Mund war genauso fest verschlossen wie die Handtasche auf ihrem Schoß. Wie eine Dame stieg sie aus dem Taxi und warf sich die gefärbte Fuchsstola über die Schulter. Lottie Mead war nur dann damenhaft, wenn der Whisky ihr Inneres erwärmte.
Die Frau war es, die ihr aufmachte. »Guten Tag, Mrs. Birdwell«, sagte Lottie kehlig. »Hoffentlich komme ich nicht zu spät, um ihn noch zu sprechen!«
»Nein«, sagte die Frau. »Mein Mann hat Eileen gerade zur Schule gebracht. Er ist im Wohnzimmer.« Hinter der Frau entdeckte Lottie den Mann. Sie trat ein und schwang dabei ihre Handtasche.
»Was wollen Sie hier?« knurrte er. »Sie haben versprochen, uns nie wieder zu belästigen. Was also wollen Sie?«
»Bitte, Artie!« sagte seine Frau, die Friedensstifterin. »Ich bin überzeugt, dass Miss Mead wirklich einen Grund hat, hierher zu kommen. Wollen Sie nicht Platz nehmen?« fragte sie Lottie. »Wenn Sie möchten, mache ich schnell
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