Verlobung auf Italienisch
zunichte machen.“
Ungläubig verfolgte sie den Austausch zwischen den beiden. Es ging hier also nur um irgendein Geschäft? War der rücksichtslose Rio deswegen so wütend? Warum mussten alle immer nur ans Geld denken?
Als sie sein Profil betrachtete, bemerkte sie die starken Emotionen, die sich sekundenlang auf seinem Gesicht widerspiegelten. Flüchtig rechnete Evie damit, dass er Carlos gleich an die Gurgel gehen würde.
Stattdessen ließ er ihn los.
„Scheren Sie sich zum Teufel!“, sagte er tonlos. „Sie arbeiten nicht mehr für mich, und ich will Sie auch nie wiedersehen. Sie haben in all meinen Hotels Hausverbot. Meine Anwälte werden alles Weitere mit Ihnen regeln. Und wenn ich jetzt Schwierigkeiten bekomme … wenn ich …“ Unfähig, den Satz zu beenden, verstummte er. Der Hass, den sie in seiner Stimme wahrgenommen hatte, jagte Evie einen eisigen Schauer über den Rücken.
Wie konnte man wegen eines Vertrags so zornig sein?
Sie wartete darauf, dass Carlos sich verteidigte, doch er eilte aus dem Penthouse, ohne sich noch einmal umzudrehen.
Also war sie praktisch allein mit einem Verrückten.
Unbewusst verstärkte sie den Griff um das Plaid. Sie verabscheute Carlos, aber wenigstens kannte sie ihn. Falls Rio Zaccarelli Mordlust verspürte, wäre es gut gewesen, wenigstens einen Zeugen zu haben. Oder ein anderes Opfer.
„Soll ich mich um ihn kümmern, Chef?“, fragte der stämmige Mann, der sein Bodyguard sein musste. „Ich schätze, ich bekomme die Informationen, die Sie brauchen, in einer Minute aus ihm heraus. Er ist ein Waschlappen.“
Noch ein Waschlappen, dachte Evie benommen.
„Vergeuden Sie nicht Ihre Zeit“, erwiderte Rio eisig. „Ich kenne eine bessere Methode.“
Oh Gott, er meint mich. Ängstlich wich sie einen Schritt zurück.
„Beruhigen Sie sich“, brachte sie hervor. „Atmen Sie tief durch … Es hat wohl keinen Sinn, wenn ich mich entschuldige oder es Ihnen erkläre, aber ich finde, dass Sie überreagieren …“ Erschrocken schrie sie auf, als er auf sie zukam.
Er zog seine Jacke aus und warf sie über den nächsten Stuhl. Das weiße Hemd, das er darunter trug, betonte seinen muskulösen Oberkörper. Fasziniert und entsetzt zugleich beobachtete sie, wie er die Ärmel hochkrempelte. Er sah aus wie ein Boxer, der sich auf einen Kampf vorbereitete.
Schließlich blieb er vor ihr stehen und funkelte sie zornig an. „Ich soll überreagieren? Entweder sind Sie die unsensibelste, egoistischste, geldgierigste Frau, der ich je begegnet bin, oder Sie haben keine Ahnung, was Sie gerade ins Rollen gebracht haben.“
Aus der Nähe sah sie, dass er unrasiert war und dichte, lange Wimpern hatte. Andere Frauen sprachen von seinem überwältigenden Sex-Appeal, doch sie empfand nur Angst. „Ich bin nicht egoistisch oder geldgierig“, verteidigte sie sich mit bebender Stimme. „Und meiner Meinung nach ist es auch kein Drama, dass ich in Ihrem Bett geschlafen habe. Natürlich war es nicht richtig, aber es war ja niemand hier. Außerdem habe ich auf der Decke gelegen.“
„Ja, natürlich. Wie hätte der Fotograf Sie sonst auch nackt ablichten sollen?“ Rio griff nach der Decke und zog Evie abrupt an sich. Er atmete schwer.
Obwohl sie selbst fast eins achtzig maß, fühlte sie sich plötzlich klein und unbedeutend. Bisher hatte sie sich immer gewünscht, sie würde einen Mann kennenlernen, der größer war als sie, aber nun war sie sich nicht mehr so sicher.
In ihrer Panik wurde ihr die Bedeutung seiner Worte erst jetzt bewusst.
„Fotograf? Welcher Fotograf?“
Als er den Blick zu ihren Lippen schweifen ließ, bekam Evie sofort weiche Knie. Einen Moment lang sah sie dasselbe wie andere Frauen auch. Ungezügelten Sex-Appeal. Unter anderen Umständen hätte sie sich ebenfalls zu ihm hingezogen gefühlt.
Plötzlich ließ er sie los. Um nicht das Gleichgewicht zu verlieren, streckte sie die Hände aus, woraufhin das Plaid hinunterrutschte. Schnell hob sie es auf. Dabei bemerkte sie, wie seine Augen noch dunkler wurden und der Bodyguard mühsam schluckte. „Ich muss mich anziehen“, erklärte sie atemlos. Inzwischen müssten ihre nassen Sachen, die sie im Bad auf die Heizung gehängt hatte, trocken sein.
Rio Zaccarelli stieß einen verächtlichen Laut aus, bevor er sich von ihr abwandte. „Es ist ein bisschen spät für Schamgefühle, finden Sie nicht? Morgen steht Ihr Foto in allen Zeitungen.“
„Welches Foto?“ So fest sie konnte, schlang sie die Decke wieder um
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