Vermählt mit einem Fremden
hinauf in ihr Zimmer.
Während er sie auf dem Bett niederlegte, sagte er bedauernd: „Du musst schlafen.“
„Nein, geh nicht.“ Und sie streckte ihm so einladend ihre Arme entgegen, dass er nicht widerstehen konnte.
„Ich könnte dir wehtun.“ Sein Herz hämmerte. Er wusste, seine Beherrschung hatte Grenzen.
Während sie sich an seine Schultern klammerte, als wollte sie nie wieder ohne ihn sein, sagte sie ernst: „Du tust mir mehr weh, wenn du mich allein lässt. Ich liebe dich, Luke. Ich will in deinen Armen liegen und spüren, dass ich mir deine Liebe nicht nur einbilde, dass sie kein Traum ist und immer noch besteht, wenn ich erwache.“
Sehr sanft umfing er sie, hielt sie, als wäre sie ein zartes Blümchen, das der leiseste Windhauch knicken könnte. Lange Zeit lagen sie schweigend, wortlos, ganz still und genossen ihr Beisammensein; nur ihr Atem ging rascher, bis Lucius, der sein wachsendes Begehren kaum noch zügeln konnte, ein wenig von ihr abrückte.
„Luke?“ Harriette sah ihn mit großen Augen fragend an. Immer noch war sie sich seiner Gefühle nicht ganz sicher.
„Meine Liebste …“, raunte er, beugte sich zu ihr und küsste sie auf die Stirn. „Ich will schon, aber ich darf nicht. Ich will dir keine Schmerzen bereiten. Ich habe dir schon genug Schmerz zugefügt.“
Doch sie sah nur die Liebe zu ihr aus seinen Augen leuchten. Zärtlich fuhr sie mit der Hand über seine Brust.
Das war sein Verderben. Behutsam zog er sie an sich, und sie kam ihm freudig und ebenso verlangend entgegen.
„Siehst du, so zerschlagen bin ich nicht, dass du mich nicht berühren könntest“, flüsterte sie, dann presste sie ihre Lippen auf die seinen, und er erwiderte den Kuss voller Leidenschaft.
Als sie sich schließlich erhoben, setzte schon die Dämmerung ein. Lucius entzündete die Kerzen in einem Kandelaber, dann stiegen sie Arm in Arm in wortlosem Einverständnis hinauf zum Ostturm. Hier und da hielten sie auf den Stufen an, tauschten Küsse und flüsterten zärtliche Nichtigkeiten.
Oben im Turmzimmer angekommen, schritten sie zum Fenster und schauten hinaus in die sinkende Nacht, die vom Meer her nach und nach über die Klippen wanderte und alles in Dunkelheit hüllte.
Wie Harriette sich da, von Luke schützend umfangen, in den Scheiben gespiegelt sah, wusste sie, was sie nun sagen musste. „Liebster, das gestern war mein letzter Törn. Es ist vorbei mit dem Freihandel, auf mein Wort. Captain Harry gibt es nicht mehr.“
Lucius betrachtete ihr Spiegelbild in dem Glas. Er hatte sich diese Entscheidung gewünscht, doch er hätte sie nie erzwungen. Also kein Schmuggel mehr für Captain Harry, keine Todesgefahr, kein Tanz mit dem Ungewissen, in finsterer Nacht auf widriger See, vor unsicheren Küsten. Sie hatte diesen Entschluss für sich allein gefasst, ohne sein Drängen, dennoch fühlte er glühende Genugtuung.
„Wirst du es vermissen? Die Erregung, den Rausch, die Zollfahnder zu übertölpeln?“
„Nein“, gestand Harriette, ohne zu zögern, „das ist vorbei.“
Sie löste sich aus seiner Umarmung, nahm die Lampe von dem Erkertisch und stellte sie in eine entfernte Ecke. Dann schloss sie den inneren Laden, sodass kein Licht mehr aufs Meer hinaus scheinen konnte. Eine paar unbedeutende Handgriffe, doch ein Symbol für ihr neues gemeinsames Leben.
Als sie ihm ihre Hand reichte, fragte Lucius: „Bedauern?“
„Dass ich einen triefnassen, blutenden Spion rettete? Nein.“
Hingerissen hauchte er ihr Küsse, zärtlichen Liebesworten gleich, auf Augen und Wangen – und schmeckte salzige Tränen.
„Ah, Harriette … warum weinst du, wenn ich dich küsse?“
„Nicht wegen deiner Küsse … ach, Luke, ich habe die Ghost verloren, die mir so teuer war. Wie soll ich dann unsere Kinder das Segeln lehren?“
Zutiefst gerührt, küsste er ihr die Tränen fort. „Du bekommst ein neues Schiff.“ Schief lächelnd fügte er hinzu: „Ist es zu glauben? Ich habe mir ein Weib genommen, das ein paar hölzerne Planken jedem Diamantschmuck vorzieht! Doch nur unter einer Bedingung …“ Sanft hob er ihr Kinn an, sodass sie ihn anschauen musste. „Ein neues Schiff, ein neuer Name …“
„Wie willst du es denn nennen?“
„ Venmore’s Prize . Denn das bist du, meine Liebste – meine Beute, mein kostbarer Schatz, den ich bis in alle Ewigkeit hüten werde.“
Wie passend. Harriette schmiegte sich fester in seine starken Arme. Ihr war, als habe sie endlich in einem schützenden Hafen
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