Versprechen der Nacht
Schwert mit beiden Händen, wirbelte auf dem Absatz herum und nahm eine dramatische Kampfpose ein. Ihre vielen dünnen Armreifen klirrten melodisch, als sie mit dem Schwert spielerische Stöße ausführte und parierte. »Wir sollten das Ding eigentlich nicht ohne Handschuhe anfassen. Gott, ist das schwer. Und alt.«
Savannah stand auf und rammte die Hände in die Taschen ihrer Jeans. »Mindestens zweihundert Jahre alt. Spätes 17. Jahrhundert, würde ich schätzen.« Sie schätzte nicht, sie wusste es mit Sicherheit.
»Ist das schön. Muss ein Vermögen wert sein.«
Savannah zuckte mit den Achseln und nickte leicht. »Ist es wohl.«
»Ich kann mich nicht erinnern, es auf der Inventarliste der Sammlung gesehen zu haben.« Rachel runzelte die Stirn. »Ich gehe es mal Bill zeigen. Ich kann mir gar nicht vorstellen, wie er das übersehen konnte.«
»Bill?«
Rachel verdrehte die Augen. »Professor Keaton. Aber so kann ich ihn ja wohl nicht nennen, heute Abend bei unserem Date.«
Savannah wusste, dass ihr vor Überraschung der Mund aufstand, aber es war ihr egal. Außerdem war es nett, mal einen Augenblick an etwas anderes denken zu können. »Du gehst mit Professor Keaton aus?«
»Abendessen und dann ins Kino«, trällerte Rachel. »Er geht mit mir in diesen gruseligen neuen Film, der eben angelaufen ist.
Das Kettensägen-Massaker.
«
Savannah schnaubte. »Klingt ja schwer romantisch.«
Rachel lächelte kokett. »Oh, das wird es. Also warte heute Abend nicht auf mich. Wenn’s nach mir geht, komme ich heute spät nach Hause. Wenn überhaupt. Und jetzt gib mir doch die Kiste für dieses Ding, ja?«
Savannah gehorchte mit einem langsamen Kopfschütteln, als Rachel sich ein Paar Handschuhe überzog und die schreckliche Waffe sanft in ihre schmale Holzkiste zurücklegte. Das Mädchen warf Savannah noch ein verschmitztes Grinsen zu, drehte sich um und ging.
Als sie fort war, stieß Savannah einen unterdrückten Seufzer aus, erst jetzt erkannte sie, wie erschüttert sie war. Sie griff nach ihren eigenen Handschuhen und dem Notizbuch, das sie gestern im Regal gelassen hatte. Ihre Hände zitterten immer noch, und auch ihr Herz schlug noch immer heftig, flatterte in ihrer Brust wie ein Vogel im Käfig.
Sie hatte mit ihrer Gabe schon eine Menge unglaublicher Dinge gesehen, aber noch nie so etwas.
Nie etwas so Brutales und Schreckliches wie der bestialische Mord an diesen beiden Kindern.
Und nie etwas, das so völlig unwirklich schien wie die Bilder, die das Schwert ihr gezeigt hatte, von der Gruppe der Kreaturen, die einfach nicht existieren konnten. Weder damals noch jetzt.
Sie konnte den Mut nicht aufbringen, dem Gesehenen einen Namen zu geben, aber das kalte, düstere Wort dröhnte mit jedem panischen Schlag ihres Herzens durch ihre Adern.
Vampire.
4
Seit etwa hundert Jahren beherbergte die Stadt Boston unwissentlich einen Kader von Stammeskriegern, die geschworen hatten, den Frieden mit der Menschheit zu wahren und die Existenz des Vampirvolkes – und besonders ihrer mutierten, blutsüchtigen Mitglieder – vor den Menschen geheim zu halten. Der Orden war um 1350 in Europa von acht Vampiren gegründet worden, von denen heute nur noch zwei am Leben waren: Lucan, der Respekt einflößende Anführer des Ordens, und Tegan, ein eiskalter Krieger, der nach seinen eigenen Regeln spielte und sich von niemandem befehlen ließ.
Sie, zusammen mit dem Rest des aktuellen Teams – Gideon, Dante, Conlan und Rio –, saßen an diesem Spätnachmittag im unterirdischen Hauptquartier um einen Konferenztisch versammelt. Gideon hatte gerade von der Razzia seines Teams auf das Roguenest in der vorigen Nacht berichtet, und jetzt stellte Rio die Ergebnisse seiner Solo-Erkundungsmission zu einem mutmaßlichen Nest im Stadtteil Southie vor.
Am Kopfende des langen Tisches, links von Gideon, hörte der schwarzhaarige Gen-Eins-Anführer des Ordens in undurchdringlichem Schweigen den Berichten der Krieger zu, die Fingerspitzen unter dem Kinn mit den dunklen Bartstoppeln aneinandergelegt.
Gideons Hände waren nicht so untätig. Obwohl er mit dem Kopf völlig bei der Sache war, bastelte er gleichzeitig am Prototypen eines neuen Mikrocomputers herum, den er vor wenigen Tagen bekommen hatte. Optisch machte die Maschine nicht viel her, es war nur eine Metallkiste von der Größe eines Aktenkoffers, mit kleinen Kippschaltern und roten LED-Lämpchen an der Vorderseite, aber verdammt, sein Herz schlug für dieses Ding. Das war fast so gut
Weitere Kostenlose Bücher