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Versunkene Gräber: Kriminalroman (German Edition)

Versunkene Gräber: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Versunkene Gräber: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elisabeth Herrmann
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vielen, deren Instandhaltung sich vor allem in ländlichen Gebieten für die Besitzer kaum noch lohnte. Es war nicht protzig, wirkte auch nicht reich, es fügte sich ein in die Gegend und könnte vielleicht, wenn der Weinberg denn genug abwarf, wieder ein Schmuckstück werden. Es brauchte eine große Familie mit vielen Kindern.
    Doch um den Weinberg kümmerte sich keiner mehr, solange sein Besitzer im Gefängnis saß. Zuzanna stand vor einem Versuch. Vor einem abgebrochenen Anfang. Vielleicht hätte Zieliński erst einmal mit diesem Häuschen beginnen sollen, das aussah, als würde es jeden Moment zusammenbrechen. Es gab einen Vorgarten, der sie in seiner Verwahrlosung an den Friedhof erinnerte. An die Wand gelehnt verrottete eine uralte Schubkarre. Im wuchernden, struppigen Gras stolperte sie über einen Rechen und wäre beinahe in die Zinken getreten. Doch es gab einen Weg. Alte Felssteinplatten, überwuchert von Moos und Flechten. Sie lauschte, ob Sobczak nach ihr rief oder sie vermisste. Vielleicht verpasste sie gerade etwas. Aber sie war nicht Howard Carter und die Kapelle nicht das Grab des Tutanchamun. Wahrscheinlich waren die anderen froh, wenn sie eine Weile ungestört arbeiten konnten.
    Der Anstrich der Holztür war abgeblättert und verblasst, das Holz rissig, die Klinke und das Schloss waren uralt. Sie suchte nach einer Klingel oder einem Namensschild, fand jedoch nichts. Die Polizei hatte das Haus versiegelt, aber das schien hier niemanden zu interessieren. Ein Fetzen klebte noch am Rahmen, mehr nicht.
    »Halo?« Sie klopfte. »Ist da jemand?«
    Zuzanna streckte die Hand aus, um die Klinke hinunterzudrücken. Dann hielt sie inne. Ihr war, als hätte sie aus den Augenwinkeln eine Bewegung wahrgenommen. Sie drehte sich um. War jemand im Herrenhaus?
    Eine Tür schlug zu. Laut, wie nach einem Luftzug. Erst glaubte sie, es käme aus der Kapelle. Dann hörte sie, wie ein Fenster geschlossen wurde. Jemand hielt sich in dem großen Haus versteckt.
    Ich sollte Sobczak rufen.
    Doch das kam ihr albern vor. Es war früher Morgen, in Rufnähe befanden sich fünf kräftige Männer, denen es eine Freude wäre, einer schwachen Frau aus der Klemme zu helfen.
    »Ist da jemand?«, rief sie, dieses Mal in Richtung Herrenhaus. Es blieb still. Sie balancierte mit ihren hochhackigen Schuhen durch das Unkraut zurück. Fast wäre sie umgeknickt, als sich ihre Absätze in den Grasnestern verhakten. »Kommen Sie raus. Ich habe Sie gesehen. Ich will mit Ihnen reden!«
    Zuzanna kämpfte sich durch zerbrochene Weinfässer, wäre beinahe in einen Komposthaufen gefallen, rostige Drahtrollen schlangen sich um ihre Knöchel. Die Schuhe konnte sie wegwerfen.
    Dann ein leises, schabendes Klirren. Es klang, als ob sie jemand hineinlocken wollte, weg von den anderen.
    Es ist Tag. Sobczak lacht sich tot, wenn ich jetzt die Polizei kommen lasse. Mir wird nichts passieren.
    Sie stieg die Stufen hinauf. Sah, dass auch dieses Siegel erbrochen war. Öffnete die Tür. Das Quietschen der rostigen Angeln schrillte in ihren Ohren. Sie stand in einem quadratischen Vorraum. Die breite Treppe, die einst nach oben geführt hatte, war mit Holzbrettern verbarrikadiert. Links ging es in ein leeres, großes Zimmer. Der Boden war bedeckt mit einer dicken Schicht Staub und Holzabschliff. Sie erkannte Fußspuren, zusammengeknüllte Plastikfolie und zwei Tischböcke, auf denen ein altes Fenster lag. Sie blieb stehen und rührte sich nicht vom Fleck. Da. Da war es wieder. Es kam von rechts, hinter einer weiteren geschlossenen Tür. Das Klirren. Leise. Heimtückisch.
    » Halo? Kommen Sie raus. Ich habe Sie gehört.«
    Stille. Sie ging zur Tür, drückte die Klinke hinunter und spähte durch den Spalt.
    In diesem Moment trat die Sonne hervor, und durch die fast blinden Scheiben fiel in rechteckige Blöcke geschnittenes, diesiges Licht auf … Türen. Alte Türen, deren Anstrich abblätterte, mit tiefen Rissen im Holz und verrosteten Beschlägen. Sie lehnten an den Wänden, von denen sich die Tapete gelöst hatte. Sie waren nachlässig aufeinandergestapelt. Das Holz einer völlig kaputten Tür lag mitten im Weg. Zweiflügelige Türen standen wie Paravents mitten im Raum. So viele alte Türen. Was war das nur für ein Haus? Was hatte das zu bedeuten?
    Vorsichtig trat sie ein. Weiter hinten entdeckte sie einen Stapel alte Fensterläden. Wahrscheinlich brauchte Jacek Zieliński sie für die Renovierung. Sie lief mitten in ein Spinnennetz hinein und schauderte. Die

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