Vertraute Gefahr
ihren Kopf an seine Schulter, schloss die Augen und versank in einen unruhigen Schlaf.
Shane erreichte den Parkplatz, gerade als die Sonne endgültig hinter den Felsen verschwand. Aufatmend legte er seine Last am Wegrand ab. Glücklicherweise hatte er seinen Jeep gleich am Eingang zum Fiery Furnace geparkt. So konnte er die hintere Klappe öffnen und das Gepäck hineinwerfen, um sich dann wieder seiner Patientin zuzuwenden. Sie sah völlig erschöpft aus, dunkle Ringe zeichneten sich unter ihren Augen ab. Er fragte sich, wie alt sie wohl war. In diesem Licht wirkte sie nicht älter als zwanzig. Warum war sie alleine in den Park gekommen? Und was zum Teufel machte sie im Fiery Furnace außerhalb einer Führung?
Er beugte sich zu Autumn hinunter, um sie aufzuwecken. Sanft strich er ihr eine Haarsträhne aus dem Gesicht. »Wir sind da.« Als sie davon nicht aufwachte, griff er nach ihren Armen und schüttelte sie sanft.
Benommen versuchte Autumn sich aufzusetzen. »Was … was ist?«
»Wir sind auf dem Parkplatz bei meinem Wagen. Jetzt müssen wir Sie nur noch hineinbekommen.« Vorsichtig hob er sie hoch, setzte sie auf den Beifahrersitz und bemühte sich, ihr Knie nirgends anzustoßen.
Autumn sank mit einem Seufzer in den Sitz. »Oh, das tut gut. Danke.« Abrupt setzte sie sich gleich darauf wieder auf. Mit geweiteten Augen starrte sie ihn an. »Mein Hotelzimmer ist in Moab. Läuft der Shuttle-Verkehr noch?«
»Nein, dafür ist es zu spät. Zuerst werden wir sowieso die Erste-Hilfe-Station im Park aufsuchen. Morgen können Sie sich dann in Moab im Krankenhaus behandeln lassen.«
»Ja, das werde ich morgen ganz sicher tun. Im Moment würde ich allerdings lieber einfach in mein Hotel zurück und mich ausschlafen.«
»Kommt überhaupt nicht infrage.«
Unsicher sah sie ihn an. »Aber …«
»Keine Widerrede!« Er ging um den Jeep herum und stieg ein. »Margret wird Sie erst untersuchen. Danach bringe ich Sie heim.«
2
Die Fahrt zum Besucherzentrum des Parks, an das auch die Erste-Hilfe-Station angegliedert war, dauerte eine halbe Stunde. Autumn schlief fast sofort ein und ihr Kopf sank an seine Schulter. Bevor Shane das Gefühl richtig genießen konnte, richtete sie sich ruckartig wieder auf, als hätte sie seinen intensiven Blick bemerkt. Danach schaute sie nur noch aus ihrem Fenster und tat so, als wäre sie von der Landschaft fasziniert – die in der Dunkelheit allerdings nicht zu erkennen war.
Sie wich ihm eindeutig aus, doch er sagte nichts dazu. Der Gedanke, dass diese Episode bald schon wieder enden würde, gefiel ihm nicht. Warum das so war, konnte er sich nicht erklären, schließlich wusste er nichts über Autumn Howard. Aber vielleicht war genau das sein Problem: Er wollte eindeutig mehr über sie erfahren, vor allem warum sie so schreckhaft war und woher die Narben auf ihrem Bein kamen.
Shane verließ die Straße und fuhr auf den Parkplatz der Erste-Hilfe-Station. Er bremste sanft, um Autumns verletztes Knie nicht unnötig zu erschüttern, und stellte den Motor ab. »Wir sind da. Bleiben Sie sitzen, ich komme herum und helfe Ihnen hinaus.«
Er drückte auf die Hupe, um Margret vorzuwarnen. Schnell umrundete er den Jeep und öffnete die Beifahrertür.
Autumn sah ihm mit hochgezogenen Augenbrauen entgegen. »Kriegen Sie eigentlich immer Ihren Willen?«
Bevor er antworten konnte, kam Margret aus dem Haus gelaufen. »Was hast du mir diesmal mitgebracht, Shane? Wieder einen Wüstenhasen?« Sie war eine energische, rundliche Frau.
Shane lachte. »Nein, dafür habe ich den Herbst gefunden.«
»Den Herbst? Was redest du schon wieder für einen Unsinn! Für so etwas habe ich keine Zeit.«
Shane bückte sich und hob Autumn aus dem Wagen. »Autumn Howard, Margret Benson.«
Margret betrachtete sie mit zusammengeschobenen Augenbrauen, dann breitete sich ein Lächeln auf ihrem Gesicht aus. »Shane, du Witzbold.« Sie wandte sich an Autumn. »Sie sehen nun wirklich nicht wie ein Wüstenhase aus. Sind Sie verletzt?«
»Ich habe mir mein Knie verdreht.« Sie deutete mit dem Kinn auf Shane. »Mr Hunter bestand darauf, mich hierherzubringen.« Shane zuckte zusammen, als sie ihn so nannte. Für ihn war das sein Vater, nicht er selbst.
»Das war auch richtig so. Los, bring sie endlich rein. Es wird langsam kühl hier draußen.«
Bei immer noch fünfundzwanzig Grad war die Behauptung zwar etwas übertrieben, aber Shane gehorchte wortlos. Es lohnte sich nicht, mit Margret einen Streit anzufangen, denn sie
Weitere Kostenlose Bücher