Verwandte Seelen
überstanden. Ich spürte keine Schmerzen mehr, zumindest keine körperlichen. Meine Seele hingegen schrie vor Verzweiflung . . .
„Du bist das tapferste Mädchen, was es auf dieser Welt gibt“, hauchte Grimmt mir zu, wobei seine Stimme versagte. Dies waren seine letzten Worte an mich, sein letzter Gruß. „Danke Sam . . . für deinen selbstlosen Versuch, uns zu retten. Danke für alles.“
Langsam glitt mein Bewusstsein davon . . .
„Bleib’ bei mir, Sam! Bitte verlass’ mich nicht!“ Jake streichelte unablässig über mein Gesicht.
„Ich liebe dich“, formten meine Lippen, ohne dass ein Laut sie verließ. Doch er hatte mich verstanden.
„Es gab immer nur dich . . . nur dich – und daran wird sich nie etwas ändern. Ich liebe dich bis über den Tod hinaus und ich glaube fest daran, dass ich dich wiedersehen werde. Egal, wo es sein wird . . . egal, wie lange es dauern wird . . . ich werde dich wieder finden!“ Seine Tränen tropften auf mein Gesicht, als er mir tief in die Augen schaute, um mir dieses Versprechen zu geben. Er verabschiedete sich von mir . . .
Ich versuchte seinen Blick zu erwidern, der so zärtlich und verzweifelt zugleich war, doch ich konnte ihn nur noch verschwommen wahrnehmen. Unter größter Anstrengung schloss ich langsam die Augen, versuchte sie dadurch von den Tränen zu befreien. Ich wollte Jake ein letztes Mal klar und deutlich sehen. Aber einmal geschlossen, konnte ich nicht mehr die Kraft aufbringen, sie wieder zu öffnen.
Ich konnte spüren, wie ich mehr und mehr dem Leben entglitt, wie mich das Ende immer weiter von ihm wegzog.
Grimmts Hand drückte zum Abschied die meine, während Jake hilflos meinen Namen schrie und mich ein letztes Mal küsste.
Lebt wohl . . . war das Letzte, was ich dachte, bevor ich entschwand.
Jakes markerschütternder Schrei hallte über die gesamte Ebene. „NEIN . . . !“
Er brach hilflos über Sam zusammen und wiegte ihren reglosen Körper verzweifelt in seinen Armen.
Jeder einzelne der hier Anwesenden konnte ihn sehen. Ihn, einen Unsterblichen, der bitterlich um seine Seelenverwandte trauerte – eine Sterbliche.
Ungläubig und mitfühlend starrten sie Jake an, der unter den tröstenden Armen seines Freundes verzweifelte. Immerzu rief er schmerzerfüllt ihren Namen, küsste ihr Gesicht.
„Sieh hin! Sieh hin, du erbarmungslose Kreatur!“, brüllte Silas Dougal an und zeigte auf seinen weinenden Sohn.
„Sie war eine Sterbliche, aber sie war auch seine Seelenverwandte.“
Beschwörend schaute er zu den anderen Clans hinüber. „Seht genau hin und überdenkt eure Ansichten!“, forderte er alle auf.
„Und du . . .“, richtete er sich erneut an Dougal, „musst ab dem heutigen Tag mit dem Wissen leben, dass Sam tatsächlich die Tochter von Dageus war, die Tochter deines toten Sohnes. Sie war von deinem Blut – sie war deine Enkelin.“
Dougal stand regungslos da. Geschockt und fassungslos starrte er auf sein Schwert, von deren scharfer Klinge Samanthas Blut tropfte.
Ein Blut das einzigartig war, nicht menschlich, nicht unsterblich, sondern eine Mischung aus beidem. Silbern mit einem leicht rötlichen Schimmer war es ein unumstößlicher Beweis, dass Sam Dageus’ Tochter war.
Er schmiss sein Schwert von sich, so als hätte er sich daran verbrannt. Ungläubig ging er ein paar Schritte auf Sam zu, doch da sprang Jake auch schon auf und stürmte schreiend mit gezogenem Schwert auf ihn zu.
Silas und Grimmt konnten ihn gerade noch zurückhalten. „Nein, Jake!“, versuchte Silas ihn zu beruhigen. „Dann hätte er es zu einfach. Lass ihn mit seiner Tat leben müssen!“
Hasserfüllt starrte Jake Dougal verachtend an, bevor er sich mit erhobenen Händen von seinem Vater und seinem Freund löste. Achtlos warf er sein Schwert weg.
Dougal ging ratlos ein paar Schritte rückwärts, bis er sich schließlich abrupt umdrehte und benommen auf sein Pferd zustürmte. Er floh regelrecht von diesem Schlachtfeld, floh vor seiner Tat. Sein Clan folgte ihm.
Die anderen Clans blieben, wo sie waren und warteten auf Silas Anweisungen. „Kehrt heim! Und seht die Menschen ab dem heutigen Tag mit anderen Augen. Es könnten auch eure Seelenverwandten unter ihnen sein!“
Jake stöhnte schmerzerfüllt auf. Er ging zu Sam zurück und hob ihren leblosen Körper demütig auf seine Arme. Ohne Halt hing ihr Kopf herunter, wobei ihr langes, blondes Haar fast den Boden berührte. Unter den traurigen Blicken der anderen trug er sie von diesem
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