Verwüstung: Eine Geschichte des Dreißigjährigen Krieges (German Edition)
brachen in die Häuser ein, stahlen alles von Wert und erschlugen das ganze Vieh. Das kleine Kristinehamn verschwand in Rauch und Flammen, und die Kirche wurde ausgeplündert. In gut einer Woche wurde die schwedische Kolonie am Delaware praktisch vernichtet.
Risingh harrte jedoch in Fort Christina aus und weigerte sich mehrmals aufzugeben. Einer größeren Beschießung scheinen sie nicht ausgesetzt gewesen zu sein. Hauptsächlich wurden sie mit immer rüderen Drohungen und dem Anblick immer dichterer holländischer Belagerungswerke konfrontiert. Zu einer aktiveren Gegenwehr waren die Schweden offenbar auch nicht in der Lage. Die Holländer wurden mit gelegentlichen Salven aus den Kanonen sowie mit schweren Salven schriftlicher und mündlicher Proteste bombardiert. Der Grund dafür war simpel: Risinghs Leute hatten nicht mehr genügend Pulver. Der größte Teil des Pulvervorrats war bereits nach Fort Trefaldigheten geschickt worden, weil Risingh hoffte, die Holländer würden dort aufgehalten, und nicht mit einem direkten Angriff auf Kristinehamn rechnete.
Wie alle Belagerer hatte Stuyvesant die Zeit auf seiner Seite. Bald gingen im Fort die Nahrungsmittel zur Neige, und die wenigen Fässer mit Bier, die die Verteidiger hatten, leerten sich in rasendem Tempo – es scheint in diesen Tagen Anfang September 1655 sehr heiß gewesen zu sein. Außerdem war die Mannschaft kränklich, entmutigt und nicht versessen darauf zu kämpfen. Mehrere von ihnen waren über die Wälle des Forts verschwunden und zu den holländischen Batterien hinübergelaufen. Am 13 . September trafen sich Risingh und Stuyvesant in einem großen, schönen Zelt, das auf dem verbrannten Gelände zwischen den hohen Schanzenwällen und der holländischen Linie von Schanzkörben und starrenden Kanonenmündungen errichtet worden war. Die Schweden waren jetzt bereit zu kapitulieren. Zwei Tage später, am 15 . September, gaben die Männer in Fort Christina auf. Um 3 Uhr am Nachmittag stampften die restlichen 30 Männer unter klingendem Spiel über den kleinen Wallgraben. Die dreizüngige blaugelbe Fahne über dem Fort wurde eingeholt, die holländische Fahne stieg gen Himmel. Neuschweden war nicht mehr.
3 . Eine Königin entsagt ihrem Thron
Das Hofleben unter Christina – Maskeraden, Feste und Tierhatzen – Ein blühendes kulturelles Leben – Die Gelehrten scharen sich um den Thron – Christinas geistige Unruhe – Diskussionen mit Katholiken – Christina entschließt sich zu konvertieren – Über die Geschichte der Gesten – Der Reichstag in Uppsala – Christina entsagt dem Thron – ‹Schön wie ein Engel› – Karl Gustav wird gekrönt
Dass Stockholm und ganz Schweden sich durch den langen Krieg verändert hatten, wurde nach dem Ende des stürmischen Reichstags 1650 immer deutlicher. Besonders das Leben am Hof machte eine wahre Metamorphose durch. Früher war es von einer gewissen Beherrschtheit und volkstümlichen Biederkeit geprägt gewesen, wie man es von Fürsten erwarten konnte, die den Pfennig in der Hand umdrehten und über ein wenig entwickeltes Reich in einem der Winkel des Kontinents regierten. In Gustav Adolfs Kindheit war es den Bediensteten auf dem Schloss streng verboten, den Strömling zu entgräten, und die Königin bemaß den Hofleuten, die ihre Kleider ausbessern mussten, persönlich das Nähgarn. Nun war aus diesem einst so armen Reich eine Großmacht geworden, und die Geschicke Europas wurden nicht nur in Paris, Wien, Amsterdam und Madrid entschieden, sondern auch in Stockholm. Die Herrschenden in Schweden wollten und mussten diesem neugewonnenen Status Rechnung tragen, und dies wirkte sich insbesondere auf das Hofleben aus. Eine Veränderung war schon seit einiger Zeit zu beobachten, doch in diesen ersten Jahren nach 1650 wurden die Hauptstadt und das Schloss zum Schauplatz eines schönen Traums von Paraden, Gastmahlen, Gartenfesten, Feuerwerken, Tierhatzen, Balletts, Aufzügen und Theatervorstellungen, alles um das blendende Hofleben der französischen und spanischen Höfe zu imitieren. Die Ausgaben stiegen. Als Christina die Regierung übernahm, betrugen die Kosten des Hofs drei Prozent der Staatsausgaben. Zehn Jahre später beliefen sie sich auf zwölf Prozent.
Eine Art Vorstellung, die die Menschen am Hof und im Umkreis des Hofs veranstalteten, sobald sie Gelegenheit, Anlass und die Mittel dazu hatten, waren die sogenannten Aufzüge. Die Teilnehmer verkleideten sich dabei als allegorische, historische oder
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