Verwüstung: Eine Geschichte des Dreißigjährigen Krieges (German Edition)
Vorwort zur deutschen Ausgabe
Dieses Buch hat zwar eine Hauptperson, Erik Jönsson – später geadelter Dahlberg –, der historisch bewanderten Schweden als Militärperson und Zeichner gut bekannt ist. Das bedeutet jedoch nicht, dass das Buch als Biographie anzusehen ist. Dafür beschäftige ich mich allzu wenig gerade mit dieser einzigen Person. Für mich ist er vielmehr zum Repräsentanten einer ganzen Epoche geworden. Diese Epoche ist das chaotische 17 . Jahrhundert, und diese Zeit habe ich hier zu schildern versucht. Das vorliegende Buch ist der erste Teil einer geplanten Trilogie.
Das Phänomen, das im Mittelpunkt meines Interesses gestanden hat, ist, wie der Titel andeutet, der Krieg. Dieses Buch handelt unter anderem davon, wie der Krieg geführt wurde und wie er die Kultur, die Gesellschaft und die Geschichte in Schweden und in Europa geprägt und die Menschen geformt hat, die in seinen Mahlstrom hineingezogen wurden. Und mit «dem Krieg» meine ich hier den Dreißigjährigen. Er war zweifellos das allergrößte und nachhaltigste Ereignis des Jahrhunderts, eine Katastrophe von bis dahin unbekannten Ausmaßen, die sich wie ein Flächenbrand durch die europäische Geschichte ausbreitet. Der Schwerpunkt meiner Darstellung liegt auf seiner späteren Hälfte, einer Periode, die meist ziemlich beiläufig behandelt worden ist. Um die Mitte der dreißiger Jahre des 17 . Jahrhunderts waren nämlich die großen heroischen Gestalten tot von der Bühne getragen worden – in seiner noch immer gut lesbaren Geschichte des Dreißigjährigen Krieges spricht Friedrich von Schiller davon, dass damit die Einheit der Handlung verlorenging, ein Standpunkt, den viele nachfolgende Historiker mehr oder weniger bewusst geteilt zu haben scheinen. Gleichzeitig löste sich auch vieles von der Rationalität des Konflikts und seine ganze Romantik in Luft auf. Übrig blieb somit ein Krieg, der aus dem Ruder gelaufen war, den wenige zu steuern versuchten, den niemand kontrollierte und unter dem alle litten. Es ist ein trauriger Anblick, der wenig Erbauliches, aber umso mehr Lehren bietet.
Glücklicherweise ist nicht alles nur Krieg. Es ist mein Vorsatz gewesen, neben der Schilderung der Großmachtpolitik im Großen und Kleinen, neben der Erzählung von dem jungen Erik Dahlberg und seiner Wanderung durch eine Welt, die – um ein Wort Thomas Manns zu benutzen – «ihre Kraft in Blutvergießen, Raub und Lust vergeudet, aber die doch unsterblich ist im Glanz ihrer Sünde und ihres Elends», noch einen Dritten, mehr kulturgeschichtlich orientierten Themenstrang einzuflechten, der eine gewisse Vorstellung davon zu geben versucht, wie es war, in diesem bemerkenswerten Jahrhundert zu leben. Es wäre freilich vermessen, das Resultat eine Synthese zu nennen, außer möglicherweise in einer Hinsicht. Alle Historiker stehen bekanntlich auf den Schultern ihrer Vorgänger, und schon ein flüchtiges Durchblättern der Quellenverweise und des Literaturverzeichnisses dürfte zeigen, in welch hohem Grad das vorliegende Werk auf der von anderen Kollegen geleisteten Arbeit aufbaut.
Es ist mir eine große Freude, dieses Buch auf Deutsch erscheinen zu sehen; es handelt schließlich von einer zentralen Periode unserer gemeinsamen Geschichte. Dass ich als Schwede diesen Teil der Vergangenheit aus einer schwedischen Perspektive betrachte, ist unausweichlich, doch habe ich mich bemüht, mich von einigen der absonderlichen Fesseln der nationalen Geschichtsschreibung zu befreien. Inwieweit mir dies gelungen ist, kann nur der deutsche Leser entscheiden.
Anmerkung der Redaktion:
Wir möchten Sie darauf aufmerksam machen, dass der Verfasser das Datum historischer Ereignisse nach dem alten julianischen Kalender, wie bis zum 18 . Jahrhundert in protestantischen Ländern üblich, und nicht nach dem reformierten gregorianischen Kalender angegeben hat.
Du musst herrschen und gewinnen,
Oder dienen und verlieren,
Leiden oder triumphieren,
Amboss oder Hammer sein.
J. W. von Goethe
Bet, Kindchen, bet, morgen kommt der Schwed
Wiegenlied aus dem Dreißigjährigen Krieg
I. Der Mann im Schilf ( 1656 )
1 . Es ist unmöglich, ein einziges Bein zu retten!
Von Rom nach Bug – Aufmarsch gegen Warschau – ‹Hilf uns, Jesus› – Die Dreitageschlacht – Der erste Tag – Das Heer im Sack – Schweden mit der Peitsche jagen – Der zweite Tag. Umgruppierung – Die Tataren reiten zum Angriff – Über Reitergefechte
Seit dem Tag, an dem er von Venedig
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