Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Vilm 01. Der Regenplanet (German Edition)

Vilm 01. Der Regenplanet (German Edition)

Titel: Vilm 01. Der Regenplanet (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karsten Kruschel
Vom Netzwerk:
beendet. Die kleine Frau verließ das Zelt, und Eliza fiel in Schlaf, richtigen Schlaf, nicht die alptraumzerstückelte Wahnlandschaft mit Lafayette-Erinnerungen. Sie fiel in jenen richtigen Schlaf, aus dem erwacht der Schläfer spürt, wie ausgeruht er ist. Die kleine Frau war da und sah Eliza prüfend an.
    »Ich glaube, ich hab dich hingekriegt«, sagte sie und begann, den Verband von Elizas rechtem Oberschenkel zu nehmen. Eine großflächige, in der Heilung begriffene Wunde kam zum Vorschein.
    »Was ist denn los mit mir?«, fragte Eliza; das Sprechen war weniger mühselig, aber weiterhin anstrengend.
    »Eine Verbrennung«, sagte die kleine Frau, ohne aufzublicken. »Dazu so etwas wie ein Schock und eine Entzündung, die wir in den Griff bekommen konnten. Kannst bald aufstehen.« Eliza beachtete das Gerede der Frau kaum, sie starrte auf diese Narbe, das wunde Fleisch, das nur dünn von einer rosigen Haut überspannt wurde. »Nachher«, sagte die Fremde, »bekommst du eine Tasse Kaffee, richtigen Kaffee, serafimischen. Leider haben wir hier so gut wie keine Möglichkeit, einen beruhigenden Äthyltee zu machen. Wäre vermutlich auch nicht so gut für dich, alle diese psychotropen Chemikalien.«
    »Ich meine ... was ist überhaupt passiert? Wo bin ich? Wieso liege ich in einem Zelt? Was ist mit dem Schiff? Wo sind die anderen?« Elizas Stimme fing an, ihren alten Befehlston zurückzufinden.
    »Du fragst ein bisschen viel auf einmal.« Die kleine Frau legte den schmutzigen Verband sorgfältig in eine blecherne Kiste, als handle es sich um etwas Wertvolles und nicht um Abfall, der schleunigst in den Tiefen der Schiffsaggregate verschwinden sollte. Sie zögerte, blickte zum zugezogenenen Reißverschluss an der Stirnseite des Zeltes, dann ergriff sie eine Spraydose ohne Aufdruck und richtete den kühlen Strahl auf die Wunde. Es brannte. Reichlich Druck konnte nicht in der Dose sein: Die kleine Frau musste einige Male den Behälter schütteln, ehe sie die ganze Wunde besprühen konnte. Sie wog die Flasche bedauernd in der Hand und stellte sie weg. Eliza hatte das alles besorgt beobachtet.
    »Ich nehme an«, sagte die kleine Frau, »du kennst mich nicht.«
    »Nicht dass ich wüsste.« Eliza versuchte sich zu erinnern.
    »Ich hab dich einige Male gesehen, wenn du zum Zentrale-Lift gingst, an allen anderen vorbei; oder wenn du mit einem Mobil unterwegs warst im Schiff. Aber die Zentralier können sich nicht um jeden kümmern, das ist klar.«
    Eliza spürte, wie etwas in ihrem Innern kalt wurde.
    »Ich heiße Gerda«, fuhr die kleine Frau fort, »hier vom Volk Schwester Gerda genannt, weil ich es übernommen habe, Leute gesund zu pflegen. Viel kann ich nicht, muss ich sagen. Na gut, die sterben mussten, sind gestorben, der Rest ist gesund. Wir können froh sein, dass wir überhaupt noch leben. Du bist Eliza Simms, das weiß ich nicht von früher, sondern weil es auf deiner Kleidung aufgenäht war.« Das Kalte in Elizas Innerem wurde zu einer schmerzenden Kugel aus blauem Eis. »Der Weltenkreuzer ist abgestürzt. Nein, nicht abgestürzt, so kann man das nicht sagen, wir leben schließlich noch ... Er hat sich in seine Segmente zerlegt. Nein, stimmt auch nicht. Egal. Fest steht: VILM VAN DER OOSTERBRIJK ist ein riesiger Schrotthaufen und liegt auf einem unbekannten und namenlosen Planeten herum. Wir sind ungefähr vierhundert Überlebende, darunter zwanzig Krüppel ... Gegenüber Robinson haben wir zwei bedeutende Vorteile: Wir sind nicht allein, und wir haben das Wrack vor der Nase, die reine Schatzkammer für uns.«
    Das war alles ziemlich schlimm – diesen nichtssagenden Ausdruck benutzten Elizas Gedanken in diesem Moment –, aber es war nicht das, weswegen sich die Kugel harten Eises in ihr vergrößerte und warmes Blut aufsog und als dickflüssige, weltraumkalte Flüssigkeit in den erstarrenden Körper trieb. »Was«, flüsterte sie, »was ist mit den anderen?« Und sie hob die linke Hand, auf der sich blass die Einpflanzungsnarben abzeichneten. Gerda verstand sofort, was Eliza meinte. Alle Zentralier trugen in der linken Hand den Kontakter, mit dem sie sich, wann sie wollten, mit den Schiffsgehirnen verbinden konnten.
    »Du meinst, was aus den anderen Zentraliern geworden ist?«
    Eliza nickte; das Eis war überall. »Soweit wir wissen, bist du die Einzige von denen, die es überlebt hat.«
    Eliza fiel nur der Name Grégoire B. Lafayette ein, dann wurde sie vom Eis eingeschlossen und begraben und versank in kühler

Weitere Kostenlose Bücher