Vilm 01. Der Regenplanet (German Edition)
einfach mit etwas anderem beschäftigt.«
»Das ist gut möglich«, überlegte Eliza. »Keiner kann sagen, was das Zeug in diesen Pflanzen euch in Wirklichkeit antut. Und schon angetan hat.«
»Oh, was das betrifft, weißt du ja nur zu gut, dass es allen gut geht. Sonderlich schädlich kann unser Herumprobieren also nicht gewesen sein.« Das andere Ohr stellte sich auf.
»Ich weiß nicht.« Eliza warf dem Eingesicht einen langen Blick zu und ignorierte für diesmal das Vilmkind. »Du meinst, ich sollte mal so eine Beere oder Frucht ausprobieren?«
Die Ohren sanken nach unten. »Ähem ... Besser nicht.«
»Interessant. Und warum nicht?«
Verschämtes Herumgerutsche. Ein Blick wie Ich-würde-jetzt-gern-im-Boden-versinken-aber-es-geht-grad-nicht. »Weil du es längst getan hast.«
Ein paar Sekunden Stille. »Blödsinn. Ich habe nie ...« Eliza richtete sich auf. »Moment mal. Soll das heißen, ihr habt mich oder einen von uns insgeheim mit diesem Mist gefüttert?«
Sdevan gab es auf, in den irrlichternden Farben der Monitore etwas sehen zu wollen, und blickte der Einarmigen ins Gesicht. Es fiel ihm nicht leicht. »Ja. Dich. Und ein paar andere auch. Alle mit demselben Ergebnis.«
»Wir waren eure Versuchskaninchen?« Eliza blieb kalt, auch wenn es in ihrem Innern Aufruhr gab.
Sdevan lugte unter seinen Pfoten hervor und rutschte unbehaglich auf seinem Stuhl umher. »Das wäre ... übertrieben ausgedrückt. Außerdem haben wir festgestellt, dass die Früchte auf Erwachsene nicht wirken. Es passiert nichts.«
»Da bleibt einem die Spucke weg.« Eliza wartete ein paar Sekunden, ehe sie weitersprach, und sie tat so, als interessiere sie etwas von den Informationen, die über ihre Monitore rieselten. »Ich bin sehr gespannt, was sich außerdem herausstellt. Den Absturz der VILM VAN DER OOSTERBRIJK habt ihr nicht gleich mit organisiert, oder?«
Sdevan warf ihr einen empörten Blick zu. »Das geht schlecht. Damals waren die meisten von uns gar nicht geboren.«
»Stimmt. Die damals Geborenen sind immun gegen die Inhaltsstoffe dieser abartigen Früchte«, überlegte Eliza laut. »Und die später Geborenen vergiften die anderen.«
Heftiges Kopfschütteln. »Eine Vergiftung ist ausgeschlossen.«
»Woher willst du das wissen?«
Sdevan schaute kurz zum Zeltdach, überdrüssig, solche Selbstverständlichkeiten erklären zu müssen. »Niemand wird von den Fähigkeiten der Rätselfrüchte berührt, der nicht die Pseudo-Diphtherie hinter sich gebracht hat. Es gibt ja einige wenige Kinder, die nicht erkrankt waren. Hast du darüber nachgedacht, dass sich denen keine Eingesichter angeschlossen haben? Dass beispielsweise Carl immer allein ist?«
Eliza stutzte. »Ist mir nie aufgefallen.«
»Aber uns«, sagte Sdevan. »Und wir kriegen mit denen keinen gemeinsamen Draht. Nicht richtig, meine ich. Die machen andere Sachen als wir, haben andere Interessen.« Und manche von uns fragen sie genau deswegen um Rat, wenn sie nicht weiterwissen, dachte er, vermutlich würde Eliza das nicht verstehen.
Eliza hatte bereits jetzt Schwierigkeiten. »Du meinst, diese Krankheit damals hat die Menschen irgendwie verändert?« Sie verspürte ein leichtes Unwohlsein bei dem Gedanken, die Überlebenden der Pseudo-Diphtherie wären dank der Krankheit auf eine spezielle Art und Weise an den Planeten angepasst worden. Vielleicht könnte man so auch das Eingesichter-Phänomen deuten.
Sdevan ging vor den Bildschirmen auf und ab. »Wir halten das für die einzige Erklärung, die überhaupt einen Sinn ergibt.«
Eliza betrachtete ihn und stellte fest, dass sie angefangen hatte, zu dem hundeartigen sechspfotigen Wesen zu sprechen. »Du redest wie der Chef einer Forschungsgruppe in einem geheimen Labor des Flottenkommandos auf Atibon Legba.«
Sdevan nickte. »Zugegeben, ich weiß wenig von Atibon Legba und noch weniger über das Flottenkommando – aber ich leite tatsächlich die Forschungsgruppe, die sich mit den Rätselfrüchten befasst.« Eliza musste sich das Lachen verbeißen. Es gab Forschungsgruppen bei den Vilmkindern. Nicht zu fassen ... Ihre Heiterkeit blieb nicht unbemerkt.
»Da ist nichts Komisches dran«, sagte Sdevan ein bisschen beleidigt.
Eliza hob entschuldigend die Hände und bat um Vergebung. »Wir wissen ja, dass ihr eurem Alter weit voraus seid.« Wir haben uns, dachte sie, die Folgen nicht klargemacht. Wir sollten davon abgehen, Vilmkinder unter achtzehn wie Kinder zu behandeln. »Ihr scheint mit vierzehn oder früher
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