Vorzeitsaga 09 - Das Volk des Nebels
Pflanzung arbeite und Sklavenunterkünfte ausgrabe, dann brauche ich vorher keinen Afro-Amerikaner zu fragen. Wenn ich auf einem Militärposten im Westen arbeite, benötige ich auch keine Genehmigung von der nächstgelegenen Kleinstadt.«
»Mit anderen Worten: Sie halten das Gesetz für rassistisch.«
»Sie etwa nicht? NAGPRA räumt den Ureinwohnern Amerikas juristische Privilegien vor allen anderen Rassen ein. Jede Gruppe von Ureinwohnern Amerikas kann Gegenstände aus einem Museum für sich beanspruchen. Aber die Staaten Virginia oder Maryland dürfen aus den Sammlungen des Amerikanischen Museums für Naturgeschichte überhaupt nichts verlangen. Was würde wohl geschehen, wenn der Staat Ohio die Rückführung der Gebeine von General Ulysses S. Grant verlangte?«
»Eine derartige Forderung stieße wahrscheinlich auf taube Ohren.« McCoy klopfte mit dem Kugelschreiber auf die Tischplatte. Er schien ins Leere zu starren.
»Außerdem missachtet dieses Gesetz die Trennung zwischen Kirche und Staat, es begünstigt die Religion der Ureinwohner und erkennt sie juristisch an. Ein Katholik kann aufgrund seiner Religion keine Gebeine von einem Museum fordern. Oder kann das etwa ein Jude?«
»Nein.« McCoy betrachtete seinen Kugelschreiber nachdenklich. »Und jetzt lassen Sie uns wieder zu Ihrem eigentlichen Problem kommen. Hat Ihr Museum einen rechtmäßigen Anspruch auf die entwendeten Fundstücke? Ich meine, sind Sie der Eigentümer?«
»Die meisten Gegenstände gehörten dem Museum. Ja, wir sind die rechtmäßigen Eigentümer, die Fundstücke gelangten hauptsächlich durch Schenkungen in all den Jahren in unseren Besitz. Aber wir waren auch verantwortlich für fremde archäologische Sammlungen. Viele Fundstücke, die die Piankatank mitgenommen haben, gehörten Grundbesitzern aus der Gegend. Auf deren Land wurden sie ausgegraben. Sie wurden uns unter der Bedingung anvertraut, sie der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Ein Teil der Sammlung wurde also gestohlen.«
»Und wer ist nun der Eigentümer des Museums? Sie?«
»Nein, es gehört der Stadt Potomac Cove. Wir haben einen Treuhänderausschuss, der mit dem Stadtrat zusammenarbeitet.«
»Wollen die Treuhänder Anklage erheben?«
Adam zuckte zusammen. »Ich hatte vielmehr den Eindruck, dass sie gar nichts unternehmen wollen.«
»Dann möchten Sie also selbst Anklage erheben?«
»Ja, so ist es.«
McCoy nickte nachdenklich, als wollte er Puzzleteile in seinem Kopf zusammensetzen. Dann sagte er:«Ein solcher Prozess ist so riskant wie das Öffnen der Büchse der Pandora. In diesem Streitfall ginge es nämlich im Grunde um die Verfassung, jedenfalls um eine ganze Reihe von Verfassungspunkten.«
»Könnte ich gewinnen?«
McCoy zuckte die Achseln. »Wir sprechen hier über die Justiz, Mr. Jones. Der Erfolg eines Prozesses hängt vom taktischen Vorgehen, von der Darstellung der Tatsachen, von der Argumentation der Anwälte und davon ab, ob der Richter überzeugt werden kann. Sie wissen sicher, dass das komplette Justizministerium Ihr Gegner wäre? Dort stehen immer die Kanonen bereit, und notfalls werden sie sofort in Stellung gebracht. Nur für Sie.«
»Aha.« Adam drehte die leere Kaffeetasse in seinen Händen. »Ist mir da in der Staatsbürgerkunde etwas entgangen? Hat sich die Regierung in diesem Fall etwa nicht zum Komplizen einer Diebesbande gemacht?«
McCoy beugte sich vor, und runzelte leicht die Stirn. »Lassen Sie mich Folgendes ohne Umschweife klarstellen: Sie als Einzelperson können die Gegenstände des Museums nicht zurückbekommen. Das kann nur der Stadtrat und der Treuhänderausschuss. Sie müssen dazu gebracht werden, das Problem der Piankatank selbst in die Hand zu nehmen. Andererseits können Sie die Regierung verklagen und Sie beschuldigen, NAGPRA außer Kraft zu setzen.«
»Ich verstehe.«
»Wenn Sie sich dazu entschließen, beträgt mein Honorar dreihundert Dollar pro Stunde, plus Spesen, die auch die Ausgaben für meine Ermittler, Telefongespräche, den Papierkram und eventuelle Reisen enthalten. Angenommen, wir gewinnen vor dem Bezirksgericht. Die Regierung verliert nicht gern - und sie verfügt über weitere zweihundert Millionen Steuerzahler, die sie nach Belieben anzapfen kann.
Sie geht auf jeden Fall in Berufung … und ich versichere Ihnen, der Weg durch alle Instanzen bis zum Obersten Bundesgericht ist lang.«
»Und das heißt?«
»Fünf bis sechs Jahre, Adam.« McCoy lehnte sich zurück. Sein Blick war neutral. »Und
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