Walisischer Sommer
ein Baby bekam. Und wenn doch? Wie würde Daniel reagieren?
Als die Maschine schließlich in Manchester landete, war Christa seelisch und körperlich völlig erschöpft.
Während des langen Flugs hatten sich ihre Gedanken unentwegt um die mögliche Schwangerschaft und deren Konsequenzen gedreht. Und als sie jetzt durch den Zoll ging, wußte sie überhaupt nicht mehr, woran sie war und wie sie sich entscheiden sollte.
Wenn Daniel sie heiratete, weil sie ein Kind bekam, dann würde sie immer von Zweifeln geplagt werden, ob er es aus Liebe oder aus Pflichtgefühl tat. Und auch er konnte nie ganz sicher sein, ob sie ihm wirklich vertraute oder nicht. Ihr Baby würde wahrscheinlich ebenfalls darunter leiden, daß sie nicht offen und ehrlich zueinander waren. Wieviel schöner wäre es doch, wenn ihr Kind in einer von Liebe geprägten, fröhlichen Umgebung aufwachsen könnte.
Christa war so mit sich und ihren Problemen beschäftigt, daß sie die einsame Gestalt glatt übersehen hätte, die dastand und die müden Fluggäste beobachtete, die dem Ausgang zustrebten, wenn nicht plötzlich jemand ihren Namen gerufen hätte.
„Daniel!” Sie schaute ihn überrascht und ungläubig an.
Er sah abgespannt und übernächtigt aus. Seine Augen waren gerötet, und offenbar hatte er sich noch nicht rasiert.
„Gott sei Dank, daß es dir gutgeht”, sagte er heiser, während er ihr das Gepäck abnahm, es hinstellte und sie innig umarmte. „Ich habe versucht, dich im Hotel anzurufen, aber dort warst du nicht eingetroffen, wie man mir erklärte. Und als du dann nicht wie geplant zurückgekommen bist …”
Er hielt sie so fest, als wäre er entschlossen, sie nie mehr loszulassen.
„Ja, mit dem Hotel gab es Probleme”, erwiderte Christa wie betäubt. Auf einmal fühlte sie sich ganz leicht und beschwingt. Denn Daniel war da, er hatte sie abgeholt und sie in Pakistan telefonisch erreichen wollen. „Ich habe dich auch zu erreichen versucht, aber du warst nie zu Hause”, fügte sie hinzu.
„Das stimmt. Am Abend, nachdem du abgeflogen warst, ist Dai zusammengebrochen – eine Alkoholvergiftung. Deshalb bin ich bei ihm auf der Farm geblieben und habe mich dort um das Wichtigste gekümmert. Christa …”
„Daniel …”
Sie sprachen nicht weiter, sondern schauten sich in die Augen.
„Daniel”, begann Christa schließlich mit bebender Stimme. Das Herz floß ihr über vor Liebe, und tiefe Freude breitete sich in ihr aus. Daniel hatte sich ihretwegen Sorgen gemacht, und sie bedeutete ihm immer noch so viel, daß er am Flughafen auf sie gewartet hatte.
„Nein”, fiel er ihr sanft ins Wort. „Laß mich zuerst reden, bitte …”
Christa blickte ihn gerührt an. Sie wollte ihm unbedingt erklären, daß er sich geirrt und alles falsch verstanden hatte, was sich in dem kurzen Gespräch zwischen ihr und Paul Thompson abgespielt hatte. Und dann wollte sie ihm ein für allemal klarmachen, wie glücklich sie war, weil er sie abgeholt hatte.
„Ich liebe dich, Christa. Ich gebe zu, ich brauche dich mehr als alles andere, mehr als meinen Stolz. Es ist mir egal, ob das zu einem Mann paßt oder nicht. Ich kann zwar nicht behaupten, dein Vertrauen sei nicht …”
„Nein, Daniel, bitte nicht”, unterbrach sie ihn heiser. „Ich vertraue dir doch. Das habe ich in dem Moment erkannt, als Paul Thompson diesen niederträchtigen Unsinn über dich erzählt hat. Er behauptete, du würdest überall damit angeben, mich in dein Bett gelockt zu haben, um meine Meinung über dein Schulungszentrum zu ändern. Aber ich wußte sogleich, daß es unmöglich wahr sein konnte. Und genau das wollte ich ihm an den Kopf werfen, als du in den Flur gekommen bist. Eigentlich ziemlich absurd, daß ich mir erst Paul Thompsons Geschwätz anhören mußte, ehe mir die Wahrheit bewußt wurde.” Ihre Stimme schwankte. „Ich war auf deine Arbeit eifersüchtig, auf die Begeisterung, die du dafür an den Tag legst. Und ich hatte auch Angst, daß deine Tätigkeit irgendwie zwischen uns stehen könnte.”
„Niemals wird so etwas passieren”, versicherte er ihr rauh. „Du bist mein Leben, Christa, meine Liebe, mein Herz und meine Seele.”
Seine Worte machten Christa ganz schwach, Liebe und Sehnsucht durchströmten sie.
„Schau mich bitte nicht so an”, sagte Daniel rauh. „Nicht hier in der Öffentlichkeit. Weißt du, daß ich beinahe verrückt geworden wäre, weil ich nicht herausfinden konnte, wo du warst und wie es dir ging? Die vergangenen achtzehn
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