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0039 - Turm der Verlorenen

0039 - Turm der Verlorenen

Titel: 0039 - Turm der Verlorenen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Kubiak
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Im Chor der kleinen Kirche standen sieben Gestelle.
    Sie glichen Katafalken, auf denen ebenso viele offene Särge ruhten. Die Särge waren jedoch nicht leer, sondern menschliche Gestalten lagen in ihnen.
    Einer der Toten entzog sich jeder Beschreibung. Sein Gesicht war kaum noch als menschenähnlich zu bezeichnen, und der Blick aus seinen leeren Augen, die zur Decke der Kirche gerichtet waren, barg ein kaum wahrnehmbares und unheimliches Leben. Es war nicht der Gesichtsausdruck, den man bei einem Toten finden kann. In diesen Augen lag mehr, viel mehr als nur das Signal eines seelenlosen Körpers. Dieser Tote hier war nicht normal und auch nicht mit solchen Maßstäben zu messen.
    Von Zeit zu Zeit huschte ein Lichtschimmer über das Gesicht des Toten. Die lidlosen Augen zuckten nicht, sie konnten es auch nicht, denn sie waren tot, und in ihnen wohnte schon die Kälte ewiger Nacht. Und doch war dieses Gesicht nicht starr. Es schien zu leben, sich zu bewegen, seinen Ausdruck zu verändern.
    Die Wangen wurden faltig, Runzeln traten auf die halbverbrannte Stirn. Die linke versengte Augenbraue des scheinbar Toten zuckte.
    Die schmalen Lippen spannten sich und strafften sich in die Breite.
    Sie wichen auseinander und gaben den Blick auf zwei Reihen schwarzer Zahnstümpfe frei.
    Das Grauenhafte war Wirklichkeit – der Tote grinste!
    ***
    In der kleinen Kirche herrschte die friedliche Ruhe der Totenwache.
    In einer Reihe hatte man die Särge vor dem Altar aufgestellt. Sechs der Toten hatten bereits in der Erde gelegen und waren auf unheimliche Weise vom siebten in ihrer Runde wieder zum Leben erweckt worden. Ein unseliger Mordbefehl hatte sie hinausgetrieben in die nächtliche Stille einer Sommernacht im Loiretal und hatte sie beinahe zu Mördern werden lassen, die jedoch kein Gericht der Welt hätte verurteilen können.
    Der siebte Tote, der in dem mittleren Sarg lag, hieß Mordius, und ihm war es gelungen, das Geheimnis des Lebens zu entdecken und für seine Zwecke nutzbar zu machen. Er hatte aus den Toten, die er wieder zum Leben erweckt hatte, eine Flüssigkeit gewonnen, die er das Wasser des Lebens nannte.
    Dieser Flüssigkeit wohnte die Kraft inne, demjenigen ewiges Leben zu bescheren, der sie trank. Mordius hatte sich mit dem Wasser des Lebens eine Armee des Bösen aufbauen wollen, jedoch war ihm auf seinem Weg des Grauens ein Gegner erwachsen, der bisher in sämtlichen Kämpfen die Oberhand behalten hatte.
    Sein Name war Zamorra – Professor Zamorra!
    Wie hatte Mordius den Professor gehasst und wie sehr hatte er darauf gehofft, endlich über ihn Sieger zu bleiben. Doch diese Hoffnung hatte sich jedes Mal als trügerisch erwiesen. Und nun lag er wieder in einem Sarg, und es sah ganz so aus, als sollte er dieses Mal wirklich seinen Meister gefunden haben. Doch er wollte sich mit diesem Gedanken nicht abfinden, obwohl der Professor dafür gesorgt hatte, dass man Mordius an einer geweihten Stätte aufgebahrt hatte, um sicherzugehen, dass er kein Unheil mehr anrichtete.
    Was niemand wissen konnte, war, dass Mordius gar nicht direkt mit den Dämonen im Bunde stand. Sie halfen ihm zwar bei seinen teuflischen Unternehmungen, doch hatten sie nicht Besitz von seinem Körper und seinem wahnwitzigen Geist ergriffen. Daher gab es für Mordius nicht die Abscheu vor geweihtem Gut.
    Und zu seiner übergroßen Freude und Befriedigung konnte er feststellen, dass das Wasser des Lebens auch seine Wirkung nicht verloren hatte, obwohl er als normaler Sterblicher seinen Verletzungen längst erlegen sein müsste.
    Eine teuflische Kraft hielt ihn am Leben oder sorgte zumindest dafür, dass sein Geist rege blieb, wenn auch nur in wenigen Bahnen, an deren Ende immer eine Tat des Grauens stand.
    Mordius hatte durch den Gebrauch des geheimnisvollen Wassers Kräfte in sich freigesetzt, die er zu seinen Lebzeiten nie auch nur bei sich erahnt hätte. Diese Kräfte verstärkten sich mit jedem scheinbaren Tod, den er starb und aus dem er mit zwingender Regelmäßigkeit immer wieder erwachte. Das Erwachen konnte von ihm gesteuert werden, so dass er immer im rechten Augenblick ins Leben zurückkehrte.
    Mit zu einem widerlichen Grinsen verzerrten Gesicht starrte der Untote aus seinem Sarg heraus hinauf zur Decke der kleinen Kirche.
    Seine Augen nahmen nicht die reichhaltigen Malereien wahr, die die Decke der Kapelle zierten.
    Von Zeit zu Zeit konnte man im flackernden Schein der Kerzen sogar vereinzelte Farbtupfer erkennen, die die Pracht der Gemälde

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