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Wanderer im Universum

Wanderer im Universum

Titel: Wanderer im Universum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fritz Leiber
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nickte, fuhr der kleine Mann fort: »Hmm, das ist eigentlich ganz logisch.«
    Hunter riß den schwarzen Hut von der Mündung der Pistole und holte aus, als wolle er ihn zu Boden schleudern und darauf herumtrampeln. Dann sah er ihn nur schweigend an.
    Der Felsbrocken prallte mit einem dumpfen Geräusch am Boden der Schlucht auf.

    Paul Hagbolt starrte auf die nördliche Eiskappe der Erde hinab die langsam auseinanderbrach, weil das gefrorene Wasser von den riesigen Fluten aufgeworfen und zertrümmert wurde, die in der Grönlandsee, in der Baffinbucht und in der Beringstraße auftraten.
    Tigerishka summte leise vor sich hin, aber ihr Gesang klang nicht fröhlich, sondern eher wie ein Seufzer. Paul überlegte sich, daß sie vermutlich nur deshalb hierher gekommen waren weil der Gedanke an die Millionen Toten der Erde zu bedrückend wirkte. Er hätte Tigerishka fast erzählt, daß es bis vor kurzem eine russische Wetterstation am Nordpol gegeben hatte, überlegte sich dann aber, daß sie diese Information in seinen Gedanken lesen konnte, wenn sie Wert darauf legte.
    Die Untertasse stieg plötzlich senkrecht nach oben. Zuerst schrumpfte die Eiskappe rasch zusammen, dann wurde die ganze Erde kleiner. Paul unterdrückte seine Reaktion, weil er wußte daß Katzen nichts von heftigen Gefühlsbewegungen halten. Außerdem war ihm längst bekannt, daß Tigerishka die Steuerung bedienen konnte, ohne vor dem Kontrollpult zu sitzen.
    Als die Aufwärtsbewegung endlich aufhörte, standen die Erde und der Wanderer wie zwei kleine Halbmonde am Himmel. Hinter ihnen leuchteten Sternenfelder, die Paul aus dieser Perspektive nicht identifizieren konnte. Er wußte nur, daß die Untertasse innerhalb weniger Minuten einige Millionen Kilometer zurückgelegt hatte – folglich war ihre Geschwindigkeit nicht viel geringer als die des Lichtes gewesen. Er betrachtete die Sterne und fühlte sich nach kurzer Zeit sehr einsam.
    »Fühlst du dich jetzt wie ein Gott?« fragte Tigerishka leise. »Ist die Erde dein Fußschemel?«
    Paul zuckte mit den Schultern. »Ich weiß nicht«, murmelte er. »Könnte ich die Vergangenheit ungeschehen machen? Könnte ich die Toten wieder zum Leben erwecken?«
    Tigerishka antwortete nicht. Paul glaubte jedoch zu erkennen, daß sie in der Dunkelheit langsam den Kopf schüttelte.
    Dann herrschte ein langes Schweigen. Tigerishka unterbrach es schließlich mit einem leichten Seufzer. »Paul?« flüsterte sie.
    »Ja?« fragte er ruhig.
    Sie sagte noch leiser: »Paul, wir sind schlecht und böse. Wir haben euren Planeten schrecklich zugerichtet. Wir haben Angst.«
    Paul schwieg, weil er spürte, daß Tigerishka weitersprechen würde.
    »Du kannst dir nicht vorstellen, was wir auf uns nehmen und erdulden müssen, nur um unser kümmerliches Leben fristen zu können«, fuhr sie rasch fort. »Der Wanderer fliegt durch das wahre Nichts – durch den Hyperraum. Suchst du eine rauhe Straße, eine grausame See, einen Sturm, im Vergleich zu dem ein Hurrikan nur eine leichte Brise ist, oder eine Novafront, die von Entladungen durchzuckt wird? Dann empfehle ich dir das Nichts! Kein Licht, keine Atome, keine Energie, die wir anzapfen könnten – noch nicht! Es ist wie Treibsand, durch den man sich wühlt, oder wie eine wasserlose Wüste, die man durchquert, um eine Oase mit Palmen zu erreichen. Ein schwarzes gefährliches Brodeln, das sich zu dem sichtbaren Raum verhält, wie das Unterbewußtsein sich zu dem Bewußtsein verhält. Die Sargasso-See der Sternenschiffe! Der Friedhof verschollener Planeten! Ein flammendes, eisiges, formloses Höllenmeer!
    Das gesamte Universum mit allen seinen Sternen – der Kosmos, den ihr Menschen für unerschütterlich und felsenfest anseht – wird von den endlosen Stürmen des Hyperraumes wie ein welkes Blatt davongewirbelt. Und ... der Wanderer ist den gleichen Zufällen unterworfen. Wir sind ängstliche Seefahrer; wir bleiben stets in der Nähe der Küste.«
    Paul sah zu den Sternen hinaus und fragte sich, weshalb er immer angenommen hatte, daß sie eine bestimmte Ordnung repräsentierten.
    Tigerishka fuhr fort: »Man braucht die Energie einer Milliarde Atomreaktoren, um in das Nichts einzudringen – und noch mehr Energie, phantastische Geschicklichkeit und vor allem Glück, um wieder hinauszufinden. Der Wanderer verzehrte Monde zum Frühstück und Asteroiden als Appetithappen! Aber in Wirklichkeit werden sie von dem Nichts verschlungen, durch das der Wanderer segelt – sie sind das Fleisch, das

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