Wanderer im Universum
dem Hund hinübersah.
Das kleine Mädchen stand noch immer hinter ihnen. »Ich bin Ann«, flüsterte es. »Die mit dem Turban ist meine Mutter. Wir sind aus New York.«
Dann ging es auf seinen Posten neben der grünen Laterne zurück.
General Spike Stevens und drei Angehörige seines Stabes saßen dicht nebeneinander in einem schwach beleuchteten Raum des Ausweichhauptquartiers der amerikanischen Luftwaffe. Sie beobachteten zwei Fernsehschirme, die nebeneinander installiert waren. Auf beiden Schirmen erschien das gleiche Bild – der Teil des Mondes, in dem der Krater Plato lag. Das Bild auf dem rechten Schirm wurde von einem unbemannten Beobachtungssatelliten übertragen, der siebenunddreißigtausend Kilometer hoch über der Weihnachtsinsel hing. Die Darstellung auf dem linken Bildschirm stammte von einem zweiten Satelliten gleicher Bauart, der vor der brasilianischen Küste stationiert war.
Die vier Beobachter schielten mit der Leichtigkeit, die auf lange Übung schließen ließ, und koordinierten dadurch die beiden Bilder, die ursprünglich von zwei Punkten ausgingen, deren räumliche Entfernung etwa fünfzigtausend Kilometer betrug. Der Effekt war übertrieben dreidimensional, so daß der abgebildete Teil des Mondes fast greifbar hervortrat.
»Der neue Verstärker scheint endlich etwas zu taugen«, meinte der General eben. »Ich finde, daß der Krater recht gut herauskommt. Jimmy, zeigen Sie uns nochmal, wie der ganze Mondabschnitt ohne Vergrößerung aussieht.«
Oberst Mabel Wallingford beobachtete ihren Vorgesetzten aus dem Augenwinkel heraus und spielte dabei unruhig mit ihren Fingern. Sie wunderte sich darüber, daß Spike so nachlässig zuversichtlich auftrat, als sei er Wotan, der die Neun Welten vom Hlithskjalf-Turm in Asgard überblickte. Der General schien sich tatsächlich für diesen germanischen Gott zu halten, den die Überlieferung als Urheber von Weissagung und Kriegskunst bezeichnet. Trotzdem wußte Spike nicht mehr als seine drei Untergebenen: daß sie sich nicht weiter als hundert Kilometer von dem Weißen Haus entfernt mindestens hundert Meter unter der Erde befanden, daß sie alle in einem geschlossenen Wagen hierher gefahren worden waren, dessen Chauffeur nicht mit ihnen sprechen konnte, weil zwischen ihm und seinen Fahrgästen eine massive kugelsichere Trennwand installiert war, daß sie mit verbundenen Augen in den Lift gestiegen waren, der sie nach unten gebracht hatte, und daß sie keinen der Männer wiedergesehen hatten, von denen sie begrüßt worden waren.
5
Paul Hagbolt und Margo Gelhorn hörten aufmerksam zu, als der Mann mit dem Bart sagte: »Die Hoffnungen und Ängste der Menschen, ihre tiefsten Gefühlsbewegungen beeinflussen immer das, was sie am Himmel sehen – dabei spielt es keine Rolle, ob wir von Flugzeugen, Planeten oder Raumschiffen von anderen Sternen sprechen. Die gleiche Tatsache läßt sich auch anders ausdrücken: Jede Fliegende Untertasse ist zugleich ein Zeichen.«
Die Stimme des Bärtigen klang weich, aber trotzdem jugendlich feurig. Doc – der große Mann mit der Glatze und der dicken Brille – und der Turban hörten gleichmütig zu. (Margo hatte nicht einmal zwei Minuten gebraucht, um die Diskussionsteilnehmer und einige Zuhörer mit passenden Spitznamen zu versehen.)
Der Bärtige fuhr fort: »Der verstorbene Doktor Jung hat diesen Aspekt der Fliegenden Untertassen ausführlich in seinem Werk mit dem Titel Ein moderner Mythus von Dingen, die am Himmel gesehen werden behandelt.«
»Wie heißt er überhaupt?« wollte Margo von Paul wissen. Er versuchte, den Namen im Programm zu lesen, aber in der letzten Reihe war es zu dunkel.
Der Bärtige sprach weiter: »Doktor Jung interessierte sich besonders für Untertassen, die wie ein Kreis aussehen, der in vier gleiche Abschnitte unterteilt ist. Er berichtet, daß diese Form den Mandalas entspricht, die in der buddhistischen Lehre eine Rolle spielen. Das Mandala ist das Symbol für psychische Einheit – der menschliche Geist in unbewußter Abwehrstellung gegen Wahnsinn und ähnliche Gefahren. Es erscheint bevorzugt in unruhigen Zeiten wie heutzutage, in denen der Mensch in ständiger Angst vor einem Atomkrieg lebt, während er gleichzeitig fürchten muß, zu einer Nummer degradiert zu werden, die nur einen weiteren Soldaten-Sklaven oder Verbraucher-Roboter bezeichnet, der die Verbindung zu seiner Kultur völlig verliert, weil er sich auf zehntausend verschiedene, aber doch entscheidende Aufgaben
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