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Wanderungen durch die Mark Brandenburg

Wanderungen durch die Mark Brandenburg

Titel: Wanderungen durch die Mark Brandenburg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
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Gerichtshof auch noch ein Verfahren anhängig, um sich des ehemalig Prinz Heinrichschen Köpernitz', des Gutes seiner alten Tante, zu versichern. Anfänglich erklärten selbst die französischen Gerichte ihr »nein«, in der zweiten und dritten Instanz aber wurde das »nein« in ein »ja« verwandelt, einfach in Berücksichtigung der Tatsache, daß der Neffe des alten legitimistischen Marquis inzwischen ein besonderer Günstling Napoleons III. geworden war. Und wirklich, der Günstling schickte Bevollmächtigte, die Köpernitz für ihn in Besitz nehmen sollten, und als sich dies, aller Vollmachten unerachtet, nicht tun lassen wollte, kam er endlich selbst. Er nahm in Rheinsberg allerbescheidentlichst einen Einspänner, umkreiste das ganze Gut, dessen Ansehen und Ausdehnung ihm wohlgefiel, und fuhr dann schließlich vor dem Wohnhause der alten Tante vor. Diese empfing ihn aufs artigste, mit dem ganzen Aufwande jenes Zeremoniells, worin sie Meister war, als er aber schließlich den eigentlichen Zweck seines Kommens berührte, lachte sie ihn so herzlich aus, daß er sich, nicht ohne Verlegenheit, von der alten »ma tante« verabschiedete. Wurde auch nicht wieder gesehen. Dieser Neffe aber, der im Einspänner von Rheinsberg nach Köpernitz gefahren war, war niemand anders als der frühere Befehlshaber der französischen Armee in Rom – General Goyon.
    Die Marquise, und damit schließen wir, war eine stolze, selbstbewußte Frau. Sie repräsentierte die Vornehmheit einer nun zu Grabe getragenen Zeit, eine Vornehmheit, die von der Gesinnung unter Umständen abstrahierend und ihr Wesen in eine meisterhafte Behandlung der Formen setzen konnte. Diese Formen waren bei der Marquise von der gewinnendsten Art, und ihr Auftreten entsprach dem Urteile, das ich einst über sie fällen hörte: »frei, taktvoll und originell zugleich«. Herrschen und ein großes Haus machen, waren ihre zwei Leidenschaften. Je mehr Kutschen im Hofe hielten, desto wohler wurde ihr ums Herz, und je mehr Lichter im Hause brannten, desto hellere Funken sprühten ihr Geist und ihre gute Laune. Sparsam sonst und eine Frau, bei der die Rechnungsbücher stimmen mußten, erschrak sie dann vor keinem Opfer, ja der Gedanke berührte sie kaum, daß es ein Opfer sei. Nach Sitte der Zeit, in der sie jung gewesen, sah es um sie her aus wie in einer Arche Noah, und vom Kakadu an bis herunter zu Kanarienvogel und Eichhörnchen, fand sich in ihren Zimmern so ziemlich alles beisammen. Katzen und Hunde waren natürlich ihre Lieblinge und durften sich alles erlauben, ja, eintreffender Besuch pflegte meist in nicht geringe Verlegenheit zu geraten, wo Platz zu nehmen sei, wenn überhaupt. Aber mit dem Erscheinen der alten Marquise war sofort alles vergessen, man achtete der Unordnung nicht mehr, und was bis dahin lästig gewesen war, wurde jetzt charakteristisches Ornament. Ihre Rede riß nicht ab, und wurde Rheinsberg oder gar »der Prinz« zum Gegenstande der Unterhaltung, so vergingen die Stunden wie im Fluge, ihr selbst und anderen.
    Ihr Tod war wie ihr Leben und hatte denselben Rokokocharakter, wie das Sofa, auf dem sie starb, oder die Tabatiere, die vor ihr stand. Ihre Lieblingskatze, so hieß es, habe sie in die Lippe gebissen. Daran starb sie (oder doch bald darauf) im neunundachtzigsten Jahre, dem 18. Mai 1859.
    Mit ihr wurde die letzte Repräsentantin der Prinz-Heinrich-Zeit zu Grabe getragen.
     

Köpernitz
     
    Rote Dächer, die verschwiegen
    Still an Wald und Wiese liegen.
     
    Köpernitz, auf dem die Gräfin La Roche-Aymon geb. von Zeuner ihr reich bewegtes Leben beschloß, ist ein Platz von einer nicht gerade frappanten, aber doch von einer poetischen und nachhaltig wirkenden Schönheit. Man begreift eine stille Passion dafür.
    Das Herrenhaus ist von großer Einfachheit: ein Erdgeschoß (neun Fenster Front) mit Dach und Erker. Dem entsprechend ist die Einrichtung, aber durch Bilder und Erinnerungsstücke reichlich aufwiegend, was ihr an modernem Glanze fehlt. Das einladendste Zimmer des Hauses ist der Salon der den Blick auf eine große Parkwiese hat. Hier, an einem milden Herbsttage, bei offenstehender Tür und Kaminfeuer, ist es gut sein. In eben diesem Salon befindet sich auch die Mehrzahl der historischen Wertstücke. Darunter zunächst folgende Bilder:
     
1. Hofmarschall von Zeuner, Großvater des gegenwärtigen Besitzers.
2. Hofmarschallin von Zeuner, geb. Gräfin Neale.
3. Graf Neale, Bruder der Hofmarschallin von Zeuner.
4. Oberst von Zeuner,

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