1072 - ...dann bete in der Hölle, Sinclair!
Plötzlich explodierten sie. Von einem Augenblick zum anderen kam es zu dieser Veränderung. Es wurde alles anders. Keine Fratzen mehr, keine Körper, dafür wirbelte Staub in langen Bahnen und Wolken durch die Luft. Fahnen, die auf mich zuwehten und sich dann auflösten und irgendwo im Nirgendwo verschwanden.
Es war alles nicht mehr. Es gab weder die Fratzen noch den Staub. Es gab nur mich und meinen Traum, der mich so fürchterlich gequält und unter Druck gesetzt hatte.
Der Druck allerdings blieb. Er war überall. Oben, unten, an den Seiten, er breitete sich auch in meinem Innern aus. Aber ich war in der Lage, meine Umgebung wahrzunehmen. Die Träume hatten mich verlassen, und ich war wieder in der Lage, normal zu denken.
Etwas war mit mir geschehen. Ich suchte nach Bildern und letzten Eindrücken, die ich vor der Bewußtlosigkeit erlebt hatte. Es war kein Schlag auf den Kopf gewesen, der mich außer Gefecht gesetzt hatte. Mit etwas anderem war ich in diese Dunkelheit gerissen worden. Blitzschnell und hinterrücks… Der Stich! Der plötzliche Stich in den Nacken. Es fiel mir wieder ein. Ich erinnerte mich an den Jeep, an die beiden Männer und an die weiblichen Teenager-Zwillinge. Sogar die Namen Sonja und Kathy fielen mir wieder ein. Ich wußte auch, daß ich letztendlich allein gegen diese Übermacht gestanden hatte. Nein, es waren nicht nur zwei Männer gewesen. Einer hatte mich mit einer MPi bedroht. Mir waren meine Beretta und der Ausweis weggenommen worden, bevor es mich erwischt hatte.
Aber ich war nicht tot. Ein Toter konnte nicht nachdenken und überlegen.
Aber ich war immerhin aufgewacht, und ich wußte auch, daß das Leben weiterging.
Nur konnte ich meinen Zustand nicht eben als normal bezeichnen. Ich fühlte mich elend, schwach, kaputt. Über den Geschmack in meinem Mund wollte ich erst gar nicht nachdenken. Ich hielt auch noch die Augen geschlossen und hatte längst festgestellt, daß ich auf dem Rücken und auf einer nicht sehr harten Unterlage lag. Es mußte wohl eine Matratze oder etwas Ähnliches sein. Jedenfalls gab der Gegenstand unter meinem Gewicht leicht nach.
Die Sinne waren wieder da. Zunächst verließ ich mich auf meinen Geruchsinn, denn etwas Bestimmtes war in meine Nase gekrochen. Ein strenger Geruch, der mich an etwas erinnerte.
Es war Rauch. Ja, es roch leicht nach Rauch. Bitter und auch irgendwo streng. Der Rauch bewegte sich in meiner Nähe. Er streifte an der Nase und an den Lippen entlang, und ich atmete ihn ein, auch wenn ich vorsichtig Luft holte.
Dabei öffnete ich die Augen. Über mir sah ich die Decke. Sie war ein relativ heller Fleck. Allerdings nur deshalb, weil künstliches Licht darüber hinwegfloß und nicht das Licht des Tages. Irgendwo in meiner Nähe mußte eine Lampe eingeschaltet worden sein. Sehen konnte ich sie noch nicht.
Wieder wehte der Rauch herbei. Es stimmte nicht. Ich sah ihn nicht. Ich nahm nur den Geruch wahr, und der drang auch in meine Kehle und sorgte für einen ersten Hustenanfall.
Er schüttelte mich durch.
Es war wirklich schlimm, denn ich war nicht darauf vorbereitet gewesen.
Husten, das Schnappen nach Luft, das Aufbäumen des Körpers, und dann rebellierte mein Magen. Eine bitter schmeckende Flüssigkeit stieg hoch, die sich in meinem Mund verteilte. Ich sah mich gezwungen, mich auf die Seite zu wälzen. Dabei öffnete ich den Mund und spie den Schwall aus. Er landete als Lache auf dem Boden und hinterließ einen feuchten Fleck auf einem dunklen Teppich.
Bei dieser Aktion war mir der Schweiß aus allen Poren gedrungen. Jetzt klebte ich am gesamten Körper undizitterte auch wie ein Kranker, den es plötzlich erwischt hatte.
Aber es war gut, daß ich das Zeug ausgespuckt hatte. So ging es mir wieder besser, ich konnte mich erholen und auch normal Luft holen. Ich drehte mich auf den Rücken und wartete darauf, daß es mir noch besser ging.
Eines stand schon jetzt für mich fest. Ich war nicht mehr frei, sondern ein Gefangener, auch wenn ich mich nicht in einer Zelle befand, denn Gitter waren nicht zu sehen.
Ich schwitzte nicht mehr. Auch die Atmung war wieder normal, und wenn ich die Augen schloß, hatte ich auch nicht mehr den Eindruck einer Schaukelei.
Ich war wieder da!
Halbwegs zumindest…
Zum Glück waren mir derartige Situationen nicht neu. Die Waffe hatte man mir genommen, mein Hände war ebenfalls verschwunden, aber ich besaß noch etwas anderes. Solange sich das Kreuz noch an meinem Körper befand, wollte ich die
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