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Wanderungen durch die Mark Brandenburg

Wanderungen durch die Mark Brandenburg

Titel: Wanderungen durch die Mark Brandenburg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
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die namengebende Metropole dieser Gegenden, in Groß-Menz, einfuhren. Es fielen Worte wie Burgwall, Ritter Menz, hohles Gemäuer, unterirdischer Gang, alles verlockendste Klänge also, die mich sechs Stunden früher in den Zirkel dieses Dorfes wie in einen Zauberkreis gebannt haben würden. Aber bei dem schon herrschenden Zwielicht siegten allerlei kritische Bedenken, und statt den Forderungen wissenschaftlicher Neugier nachzugeben, ging es in wachsender Hast über den beinah städtisch angelegten Dorfplatz hinweg und an einer lindenumstandenen Oberförsterei vorüber, in die mit jedem Augenblicke reizloser werdende Landschaft hinein.
    Nicht nur Groß-Menz lag hinter uns, auch die Groß-Menzer Forst.
    Immer kühler wurde es, wir wickelten uns in unsere Plaids und niemand sprach mehr. Die prustenden Pferde warfen den Schaum nach hinten, und Acker, Sand und Schonung – immer schattenhafter kamen und schwanden sie. Jetzt ein Steindamm jetzt lange Pappelreihen, und nun auch jener wärmere Luftstrom, der uns die Nähe menschlicher Wohnungen bedeutete. Noch eine Biegung, zwischen den Bäumen hindurch schimmerte Licht und – unser Wagen hielt.
    Eine halbe Stunde später, und der hohe Kamin sah uns im Halbzirkel um seine Flamme versammelt. Die Scheite, echte Kinder der Menzer Forst, brannten hoch auf, auf uns hernieder aber sahen die Ahnen des weitverzweigten Hauses: die Neales, die Oettinger und La Roche-Aymon, und zwischen ihnen das leuchtende Bild des »Saalfelder Prinzen«.
    Die Rede ging von alter und neuer Zeit. Märchenhaft verschwamm uns Jüngsterlebtes mit Längstvergangenem, und während wir eben noch über den Rheinsberger See hinglitten und das Gekicher schöner Frauen zu hören glaubten, weitete sich plötzlich das stille Wasserbecken und bildete Strudel und Trichter, und der Hahn, der unten auf dem Grunde des Großen Stechlin sitzt, stieg herauf und krähte seinen roten Kamm schüttelnd über den See hin.
    Mitternacht war heran, die Scheite verglimmten und nur ein Flackerschein spielte noch um die Bilder. Es war, als lächelten sie.
     

An Rhin und Dosse
     
Das Wustrauer Luch
    Es schien das Abendrot
    Auf diese sumpfgewordne Urwaldstätte,
    Wo ungestört das Leben mit dem Tod
    Jahrtausendlang gekämpfet um die Wette.
    Lenau
     
    Der Rhin, dessen Bekanntschaft wir in einem voraufgehenden Kapitel machten, nimmt auf der ersten Hälfte seines Weges seine Richtung von Nord nach Süd, bis er, nach Passierung des großen Ruppiner Sees, beinah plötzlich seinen Lauf ändert, und rechtwinkelig weiter fließend, ziemlich genau die Südgrenze der Grafschaft zieht. Auf dieser zweiten Hälfte seines Laufes, Richtung von Ost nach West, gedenken wir ihn in diesem und den nächsten Kapiteln zu begleiten, dabei weniger ihm selbst als seinen Dörfern unsere Aufmerksamkeit schenkend.
    Das erste unter diesen Dörfern ist Wustrau, das wir bereits kennen. Nicht aber kennen wir das gleichnamige Luch, das der Rhin hier, unmittelbar nach seinem Austritt aus dem See, auf Meilen hin bildet, und diesem »Wustrauer Luch« gilt nunmehr unsere heutige Wanderung.
    Wir beginnen sie vom Zentrum des Fehrbelliner Schlachtfeldes, von dem hochgelegenen Hakenberger Kirchhofe aus, und steigen, nach einem vorgängigen Überblick über die Torf- und Wiesenlandschaft, an die Rhinufer nieder. Kahnfahrten werden uns aushelfen, wo Wasser und Sumpf jede Fußwanderung zur Unmöglichkeit machen. Unser nächstes Ziel aber ist eine zwischen den Dörfern Wustrau und Langen gelegene »Faktorei«, deren rotes Dach hell in der Sonne blitzt.
     
    Es war ein heißer Tag und der blaue Himmel begann bereits kleine grauweiße Wölkchen zu zeigen, die nur verschwanden, um an anderer Stelle wiederzukehren. Auf einem schmalen Damme, der wenig mehr als die Breite einer Wagenspur haben mochte, schritten wir hin. Alles mahnt hier an Torf. Ein feiner, schnupftabakfarbener Staub durchdrang die Luft und selbst die Sträucher, die zwischen den Gräben und Torfpyramiden standen, sahen braun aus, als hätten sie sich gehorsamst in die Farben ihrer Herrschaft gekleidet. Das Ganze machte den Eindruck eines plötzlich ans Licht geförderten Bergwerks, und ehe zehn Minuten um waren, sahen wir aus wie die Veteranen einer Knappschaft.
    Wir mochten eine halbe Stunde gewandert sein, als wir bei der vorgenannten »Faktorei« mit dem roten Dache ankamen. Ich weiß nicht, ob diese Etablissements, deren wohl zehn oder zwölf im Wustrauer und Linumschen Luche sein mögen, wirklich den Namen

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