Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wanderungen Durch Die Mark Brandenburg: Band 3, Havelland

Wanderungen Durch Die Mark Brandenburg: Band 3, Havelland

Titel: Wanderungen Durch Die Mark Brandenburg: Band 3, Havelland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
Vom Netzwerk:
während der Kahn langsam wieder zurückglitt, folgende Unterhaltung:
    »Guten Abend, Fährmann. Geht's Geschäft?«
    »I, wie wird's denn gehn?«
    »Na, ich sollte doch meinen. Da sind erst die Uetzer...«
    »Die fahren umsonst.«
    »Und dann all die Dörfer, die hier hinten liegen...«
    Er schüttelte griesgrämig den Kopf, beschrieb mit der Hand nach Norden hin eine Kurve und brummte: »Alles rum, immer rum!«
    »Aber die Phöbener und Paretzer werden doch nicht über Falkenrehde fahren? Das ist ja die Meile sieben Viertel!«
    »Das ist es. Aber was ein richtiger Bauer is, der geht nich übers Wasser.«
    »Weil's ihm zu unsicher ist?«
    »Nich doch. Es is ihm bloß sicher, daß der Fährmann sein Fährgeld kriegt. Das zahlt kein Bauer, wenn er nich muß. Und er muß nich. Eine Meile oder zwei, ihm ist's all' eins. Er braucht sie nich zu laufen. Er nimmt seine Peitsche, knipst und ruft seinen Gäulen zu: ›Der Hafer is teuer heut; verdient ihn euch!‹ Und der Uetzer Fährmann – na, der mag sehen, wo er seine Pacht hernimmt.«
    Die Spitze des Kahns war jetzt auf dem Trockenen; ich sprang hinaus und fragte nach meiner Schuldigkeit. Die Taxe war niedrig; ich gab ihm ein Stück Geld, etwa das Fünffache. Er nahm es, sagte nichts und erwiderte meinen »Guten Abend« durch ein Geknurr, das über seine Enttäuschung keinen Zweifel ließ. Die Fährleute sind ein eigen Geschlecht und haben ihren eigenen Artigkeitskodex.
    Ich schritt nun die Querallee hinauf, kreuzte die Dorfstraße und erstieg den Mühlenberg, hinter dessen Kamm, bereits erblassend, die Abendröte stand. Ein schwacher rötlicher Schimmer säumte nur noch den Himmel gegenüber. Das Dorf, die Wublitz waren still; im Fährhaus schimmerte ein Licht, die Schwäne sammelten sich am Schilf, die Abendglocke klang in langsamen Schlägen über Uetz hin.
    Du schönster Ort im ganzen Havelland,
Wer könnte je dich ungerührt verlassen!
----
    ._.
----

Paretz
I
    Die Stätte, die ein guter Mensch betrat,
Ist eingeweiht; nach hundert Jahren klingt
Sein Wort und seine Tat dem Enkel wieder.
    »Tasso«

     
    Von Uetz nach Paretz ist noch eine gute halbe Meile. An einem Sommernachmittag ein entzückender Spaziergang. Der Weg führt durch Wiesen rechts und links; der Heuduft dringt von den Feldern herüber, und vor uns ein dünner, sonnendurchleuchteter Nebel zeigt die Stelle, wo die breite, buchten- und seenreiche Havel fließt. Paretz selbst verbirgt sich bis zuletzt. Nun endlich wird der Weg ein aufgeschütteter Damm, an die Stelle der Obstbäume, die uns bisher begleiteten, treten hohe Pappeln, überall die spalierbildende Garde königlicher Schlösser, und alsbald, über eine zierliche Brücke hinweg, die den Namen »Infantenbrücke« trägt, beschreiten wir die Dorfstraße. Diese führt mitten durch den Park, macht eine Biegung, verbreitert sich, und – wir sind am Ziel: links das Schloß, ein langgestreckter, schmuckloser Parterrebau mit aufgesetztem niedrigen Stock, rechts eine Gruppe alter Eichen und ihnen zur Seite die gotische Kirche des Dorfs. Über die Straße hin grüßen sich beide, in ihrer Erscheinung und in ihrem Eindruck so verschieden wie die Zeiten, denen sie angehören. Die Poesie fällt der älteren Hälfte zu.
    Es ist um die fünfte Stunde. Eine Schwüle liegt in der Luft; selbst das Pappellaub, das immer plaudert, ist still; das Schloß blickt uns an wie verwunschen; seine Läden sind geschlossen. Nur der Vorgarten, mit kleinen gezirkelten Beeten, hier mit Aurikeln, dort mit Reseda eingefaßt, liegt offen da. Wir treten ein. Der seltene Besuch hat Neugierige herbeigelockt, der Schloßdiener kommt, zuletzt er , der diesen Platz zu hüten hat – der Hofgärtner. Er begrüßt uns. Erhitzt vom Marsch, sprechen wir den Wunsch aus, uns erst wieder frisch machen zu dürfen, ehe wir in die dumpfe Kühle des Schlosses eintreten. So nehmen wir denn Platz auf einer Sommerbank und plaudern.
    Paretz ist alt-wendisch. Die Nachrichten sind sehr lückenhaft. Es gehörte ursprünglich zur Kirche von Ketzin, kam dann in den Besitz der Arnims und Dirickes, welch letztere es 1658 an die Familie Blumenthal veräußerten. Die Blumenthals, später freiherrlich und gräflich, saßen hier in drei Generationen, bis Obristlieutenant Hans August von Blumenthal es 1795 an den damaligen Kronprinzen, spätren König Friedrich Wilhelm III., verkaufte. Es entsprach ganz den gestellten Bedingungen und Wünschen.
 
Paretz von 1796 bis 1806
    Diese Wünsche gingen vor allem auf

Weitere Kostenlose Bücher