Was der Hund sah
Fernsehzuschauer, die je die Werbesendungen im Nachtprogramm gesehen haben. Sein Name ist Ron Popeil.
Nach dem Krieg verdienten viele Menschen ein Vermögen mit Küchengeräten. Zum Beispiel die Klinghoffers aus New York, deren Erbe Leon 1985 auf tragische Weise ums Leben kam, als ihn palästinensische Terroristen während der Entführung des Kreuzfahrtschiffs Achille Lauro in seinem Rollstuhl von Bord stießen. In den Fünfzigern erfanden die Klinghoffers den Roto-Broil 400, einen einfachen Tischgrill, den Lester Morris auf der Straße verkaufte. Ebenfalls erfolgreich war Lewis Salton, der den Nazis mit einer englischen Briefmarke aus der väterlichen Sammlung in der Tasche entkam und diese in der Bronx gegen eine Fabrik für Haushaltsgeräte eintauschte. Er bescherte der Welt den Salton Hotray, einen Vorläufer des Mikrowellenherds; heute stellt Salton Inc. unter anderem den George Foreman Grill her.
Doch dem Klan der Morris-Popeils konnte keiner das Wasser reichen. Sie waren die ungekrönten Herrscher der amerikanischen Küchen. Sie heirateten schöne Frauen, häuften Vermögen an, klauten einander Ideen und lagen nachts wach und sannen darüber nach, wie sich Zwiebeln so hacken lassen, dass die einzigen Tränen, die wir dabei vergießen, Freudentränen sind. Sie lebten nach der Überzeugung, dass es ein Fehler war, Produktentwicklung und Marketing zu trennen, wie es die meisten ihrer Konkurrenten taten, denn in ihren Augen waren die beiden untrennbar miteinander verbunden: Das Gerät, das sich am besten verkaufte, war das Gerät, das sich selbst verkaufte. Die Popeils waren leidenschaftliche und geniale Männer. Und der leidenschaftlichste und genialste von allen war Ron Popeil. Er war der Josef der Familie, er wurde von seinem Vater in die Wildnis verstoßen, kam zurück und wurde reicher als der ganze Rest der Familie zusammen. Er war der erste, der die Geheimnisse der Straßenhändler auf die Mattscheibe brachte. Von sämtlichen Küchengeräten, die das Familienimperium je hervorgebracht hat, war keines so ansprechend im Design, so unmittelbar überzeugend und eine derart gelungene Verkörperung der Morris-Popeilschen Marketingphilosophie wie der Ronco-Showtime-Grillofen, ein kleiner Herd, der in vier Raten zu je 39,95 Dollar erworben werden kann und in dieser Preisklasse vielleicht das beste Küchengerät ist, das je entwickelt wurde.
2.
Ron Popeil ist ein attraktiver Mann mit einem kräftigen Oberkörper, dem Kopf eines Löwen und einem auffällig großen Gesicht. Der Mittsechziger lebt im Coldwater Canyon von Beverly Hills, in einem weitläufigen Bungalow mit Avocadobäumen und einem großen Gemüsegarten hinter dem Haus. An den Standards von Beverly Hills gemessen, ist Popeil ein altmodischer Mann. Er trägt T-Shirts und Trainingshosen, lässt sich in billigen Fastfood-Restaurants blicken und trägt seine Einkaufstüten selbst ins Haus. Oft geht er zweimal am Tag in den Supermarkt, um Geflügel, Fisch oder Fleisch einzukaufen. Am liebsten kauft er bei Costco, weil dort das Pfund Hähnchen nur 99 Cent kostet, das ist verglichen mit 1,49 Dollar in anderen Supermärkten deutlich günstiger. Seine Einkäufe schleppt er in seine geräumige Küche, von der aus man einen Blick über den ganzen Canyon hat. Die Küche ist mit überdimensionierten Kochgeräten ausgestattet, in den Regalen steht eine Sammlung von 1 500 Flaschen Olivenöl. In einer Ecke hängt ein Ölgemälde von Ron mit seiner vierten Frau Robin (ein früheres Fotomodell von Frederick’s of Hollywood) und ihrem Töchterchen Contessa. Auf dem Papier ist Popeil Eigentümer von Ronco Inventions, einem Unternehmen mit zweihundert Mitarbeitern und ein paar Lagerhallen im kalifornischen Chatsworth. Doch in Wirklichkeit ist Ronco nichts anderes als Ron, der von Zuhause aus arbeitet; viele der leitenden Mitarbeiter sind Freunde von Ron, die ebenfalls Zuhause arbeiten. Hin und wieder kocht Ron eine Suppe und ruft sein Team zu einer Lagebesprechung in seiner Küche zusammen.
In den letzten dreißig Jahren hat Ron eine ganze Reihe von Küchengeräten erfunden, darunter den Ronco Lebensmitteltrockner und die Popeil Nudel- und Wurstmaschine mit einem Kolben aus kugelsicherem Glas. Er arbeitet ununterbrochen und lässt sich dabei von seinen Eingebungen leiten. An einem sonnigen Tag im August 2000 wusste er beispielsweise urplötzlich, was das Nachfolgeprodukt für den Show- time-Grillofen sein musste. Zusammen mit Alan Backus, seiner rechten Hand, hatte er
Weitere Kostenlose Bücher