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Was mit dem weißen Wilden geschah - Roman

Was mit dem weißen Wilden geschah - Roman

Titel: Was mit dem weißen Wilden geschah - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C.H.Beck
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als falsch erwiesen –, wählte ich die Pole und schickte mich an, zu einer Expedition nach Island aufzubrechen.
    Die zehn Monate, die ich an der Ostküste in einem Dörfchen mit rund fünfzig Seelen verbrachte, erlaubten mir, diese weithin unbekannte Gegend zu erkunden. Schwierigkeiten beim Transport, früh einsetzender Schneefall und häufige Stürme hinderten mich daran, in dem Umfang zu kartografieren, wie ich es gewünscht hätte. Unvermittelt führte mich das alles zu einem anderen Forschungsgebiet, nämlich zur Beobachtung und minutiösen Aufzeichnung der Gebräuche und Verrichtungen der Bewohner, halb Bauern, halb Fischer. Meine Beobachtungen, die ich Ihrer Gelehrtengesellschaft zukommenließ, wurden einer Lesung vor der Vollversammlung für würdig befunden. Die Karten und Skizzen, die Harpunen und Kleidungsstücke, das Spielzeug und Geschirr, das ich aus Island mitbrachte, fanden in dem Gebäude der Gelehrtengesellschaft einen sicheren Platz. Sie gewährten mir den Status eines außerordentlichen Mitglieds, obgleich ich das zu jener Zeit nicht verdient hatte.
    Bald darauf empfingen Sie mich abermals und hatten die Güte, sich nach meinen Vorhaben zu erkundigen. Ich hatte immer noch vor zu reisen, doch wagte ich damals nicht, Ihnen die volle Wahrheit zu gestehen, die ich Ihnen heute indes schulde: Ich hatte auf Island erfahren müssen, dass mich extreme Kälte viel stärker beeinträchtigt, als ich mir je hätte vorstellen können. Sie raubt mir Kraft, Willen, Verstand und Lebensfreude. Bei Reisen an die Pole lasse ich gern jenen den Vortritt, welche Schneetreiben an Steilhängen und eisig scharfe Winde besser ertragen. Ich bin für all das ungeeignet.
    Ich schwankte einige Monate lang zwischen Afrika und dem Pazifik. In den Bibliotheken, Journalen, bei den Generälen und Ministern geht es immer nur um Afrika. Und so entschied ich mich für den Pazifik. Ein Jahr nach meiner Rückkehr aus Island brach ich abermals auf.
    Die Überfahrt von Bordeaux nach Sydney war lang, doch ohne Zwischenfälle. Als ich in dieser englischen, von Sträflingen erbauten Stadt angekommen war, erkundigte ich mich nach Möglichkeiten, zu unerforschten Inseln weiterzureisen. Wie überrascht und enttäuscht war ich zu erfahren, dass keine terrae incognitae mehr existieren, sondern Reedereiagenten einem zu allen nur erdenklichen Reisezielen im Pazifik die entsprechenden Passagen anbieten. Ich begab mich nach Lifou, nach Fidschi, auf die Inseln Espiritu Santo und Auckland. Überall gab es Konsule, Reeder, Missionare und Siedlungen.
    Von allen diesen Reisen habe ich Ihnen kurz berichtet. Überarbeitet und in Form gebracht, erschienen diese Schilderungen im letzten Jahr unter dem Titel «Szenen aus dem Pazifik». Das Schreiben hielt mich abends auf meiner Terrasse beschäftigt, während der unvermeidliche tropische Regen auf das Dach trommelte.
    In allen Häfen war es das Gleiche. Europa hatte Reeden und Häusern seinen Stempel aufgedrückt, doch nur zwei oder drei Meilen weiter, hinter einer Hügelkette, war das Leben der Wilden unverändert. Allerdings gestaltete sich die Begegnung mit ihnen schwieriger, als ich angenommen hatte. Die protestantischen Missionare trauten mir nicht, weil ich Franzose bin, und die wenigen katholischen Missionarsstellungen wollten keinen Unbekannten aufnehmen, der ihnen vielleicht zur Last fallen würde. Die Konkurrenz der Religionen untereinander ließ wenig Spielraum für wissenschaftliche Betrachtung. Ich hätte die Wilden gerne in ihrer Nacktheit beschrieben, doch die guten Missionare versuchten, sie einzukleiden und ihnen das Veni Creator Spiritus beizubringen.
    Nach einigen Wochen und Monaten waren alle meine Versuche gescheitert, und das kartografische Material und andere Beobachtungen, die ich zusammengetragen hatte, erwiesen sich, gemessen an den Mühen, als bescheiden.
    Während ich am Strand entlanglief, von dem die Fischerboote ablegten, sehnte ich mich an so manchem Morgen nach Island, dem Häuschen des Pfarrers, der mich aufgenommen hatte, und nach unseren auf Deutsch geführten Gesprächen. Die beiden Jahre im Pazifik hatten keine greifbaren Ergebnisse gebracht. Ich war vernünftig genug, mir das einzugestehen, ohne Bitterkeit oder eitle Nostalgie.
    Diese Bilanz soll keineswegs ein Vorwurf an Sie sein, Monsieur le Président. Sie hatten mir den Pazifik vorgeschlagen, und ich kann nur bestätigen, wie unbekannt und fremd diese Inseln und ihre Völker sind und wie groß das Feld ist, das der

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