Wehe wenn der Wind weht
wieder sprach, klang sie sehnsüchtig.
»Kann sie nicht dabei sein? Bitte!«
Bill zuckte die Schultern; vielleicht konnten sie nach dem Abendessen reden.
»Gut. Soll ich euch gegen sechs abholen?«
»Gut. Bis dann.«
Als Bill den Hörer auflegte, waren seine Gefühle gemischt. Er war darüber erfreut, daß Diana, zum ersten Mal soweit er sich erinnerte, eine Einladung angenommen hatte, ohne zuvor ihre Mutter zu fragen. Aber da war etwas anderes. Hatte sie Angst, Christie allein mit Miß Edna zu lassen? Das machte alles keinen Sinn. Es war zwar klar, daß die alte Frau Christie aus dem Haus haben wollte, aber er konnte sich nicht vorstellen, daß sie dem Kind wirklich etwas antun würde.
Dann erinnerte er sich daran, daß Edna Amber vor ein paar Tagen zum ersten Mal seit Jahren allein in die Stadt gekommen war, um mit Dan Gurley zu sprechen. Warum?
Bill schaute auf seinen Kalender und sah, daß keine Termine eingetragen waren. Er verließ sein Büro und spazierte die zwei Straßen zum Rathaus.
Dan blickte auf, als Bill sein Büro betrat.
»Wenn's eine Krise ist, dann möchte ich davon nichts hören«, sagte der Marshal verdrossen.
»Ist es nicht.« Bill berichtete Dan von Dianas offensichtlicher Furcht davor, Christie bei ihrer Mutter zu lassen. Dan kratzte sich, wie es seine Gewohnheit war, an der Nase, während er zuhörte.
»Nun ja, Miß Edna war an jenem Tag ziemlich erregt«, sagte er, nachdem Bill fertig war. »Aber ich hatte mehr den Eindruck, daß sie um Diana und sich besorgt war, als daß sie auf das Kind böse gewesen wäre. Sie war einfach stinkig darüber, daß schließlich doch etwas ihre Pläne zunichte gemacht hat.«
»Hast du ihr das gesagt?«
Dan grinste, als er sich daran erinnerte. »Ja. Und sie fing auch gleich an zu toben. Glaubt noch immer, ihr gehöre die Stadt. Ich denke, das wird auch so bleiben.«
Bill ging zum Fenster, blieb dort stehen und schaute auf die friedlichen Straßen der Stadt. »Glaubst du, sie ist eine Gefahr für Christie Lyons?« fragte er, seinen Rücken noch immer dem Marshal zugewandt.
Dan zuckte unbekümmert die Schultern. »Ich sehe nicht, warum sie das sein sollte. Aber, wer weiß? Sie ist eine alte Tigerin, und auf mich macht sie den Eindruck, als verteidige sie ihr Junges. Sofern man eine fünfzigjährige Frau als Junges bezeichnen kann.«
Bill schüttelte traurig seinen Kopf. Dann wurde er lebhaft. »Die Dinge da draußen scheinen sich zu ändern. Miß Edna hat mich gestern doch tatsächlich angerufen. Sie ist mit der Hand in eine Rattenfalle geraten, die nach ihrer Meinung Christie eigens aufgestellt hatte, um sie zu fangen.«
»Sie wird verrückt, was?« fragte Dan.
»Mir scheint eher, daß sie nach einem Grund sucht, Diana zu zwingen, Christie wegzuschicken.«
»Das tut mir für Diana leid.« Dan seufzte. »Aber es ist ihre eigene Schuld. Sie hätte schon vor Jahren von dort weggehen sollen.«
»Vielleicht tut sie's ja jetzt«, sagte Bill, wobei er an den bevorstehenden Abend dachte. Doch innerlich mußte er zugeben, daß er nicht daran glaubte.
Christie durchwühlte ihre Kleidung und fand schließlich ein Paar Jeans. Während sie die anzog, dachte sie über die vergangene Nacht nach.
In Tante Dianas Bett zu schlafen, war schön gewesen. Sie war während der Nacht zweimal aufgewacht, doch durch die weiche Wärme von Dianas Körper neben ihr hatte sie sich sicher gefühlt, und als sie sich bewegt hatte, hatte sie Diana näher an sich gezogen und sie gestreichelt, bis sie wieder eingeschlafen war.
Sie zog ein T-Shirt an und fand ihre Schuhe unter dem Bett. Das einzig Gute an der Kinderstube war, fand sie, daß sie die nicht aufräumen mußte - Miß Edna kam selten nach oben, und Tante Diana schien gar nicht zu bemerken, daß sie die Dinge herumliegen ließ.
Nachdem sie ihre Schuhe zugebunden hatte, ging sie über die Hintertreppe in die Küche hinunter.
Sie schaute aus dem Fenster. In der Ferne sah sie einige Kinder auf dem Feld spielen.
»Tante Diana?« rief sie. Sie ging zur Speisezimmertür und rief wieder. »Tante Diana!«
»Ha! La muchacha!«
Christie drehte sich überrascht um und sah, daß Esperanza Rodriguez die Treppe herunterkam.
»Ist Tante Diana da?« fragte sie scheu.
»Nein«, erwiderte Esperanza. »Aber Miß Edna - sie ist im Salon. Willst du mit ihr sprechen?«
Christie schüttelte ihren Kopf. »Sie mag mich nicht.«
Esperanza kicherte und ihr gewaltiger Busen wogte.
»Die mag niemanden. Aber dafür mag ja auch niemand
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