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1540 - Das Drachenriff

1540 - Das Drachenriff

Titel: 1540 - Das Drachenriff Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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»Kannten Sie ihn eigentlich, Chiefinspektor?«
    »Nicht persönlich«, brummelte Tanner. »Ich suche mir meine Bekannten aus. Mit so einem hätte ich nie etwas zu tun haben wollen. Ein Großmaul erster Kategorie.«
    »Bitte, Mr. Tanner, man soll über Tote nichts Schlechtes sagen.«
    »Weiß ich. Nur stimmt es in diesem Fall.«
    »Dazu sage ich nichts.«
    »Dann schauen Sie ihn sich erst mal an. Gehen Sie durch den Flur. Die letzte Tür rechts.«
    »Danke.«
    Die Staatsanwältin Dr. Purdy Prentiss betrat den breiten Flur dieser Stadtwohnung auf der ersten Etage des villenartigen Gebäudes. Wer hier lebte und sich eine Wohnung kaufen konnte, der musste schon sehr vermögend sein. Sylvester war es gewesen, und jetzt war er tot. Von seinem Geld hatte er nichts mehr. Aber die Familie besaß einen nicht unerheblichen Einfluss, und deshalb war die Staatsanwältin auch am Tatort. Nur nichts falsch machen.
    Ihre Schuhe versanken fast in einem breiten Teppich, der die Mittelspur des Ganges bildete. In der Wohnung liefen noch die Männer des Chiefinspektors herum. In ihren hellen Schutzanzügen sahen sie aus wie Gestalten von einem anderen Stern. Die Gemälde, die an den Wänden hingen, hatten sicher ein Vermögen gekostet, aber diese Art von Hobbys konnte sich jemand wie Sylvester leisten oder hatte es sich leisten können.
    Auf der Schwelle zum Mordzimmer blieb die Frau stehen. Die Männer der Spurensicherung hatten bereits ihre Arbeit getan. An verschiedenen Stellen standen kleine Karten mit Nummern. Für sie hatte die Staatsanwältin keinen Blick. Sie suchte den Toten.
    Um ihn sich anzusehen, musste sie in den großen Raum gehen, der überladen und prächtig eingerichtet war. In seinem Leben musste der Tote ein Faible für Möbel aus der Barockzeit gehabt haben und auch für die Farbe Gold, denn die sah Purdy an verschiedenen Stellen auf den Möbelstücken.
    Nach drei Schritten blieb sie stehen und drehte sich nach links. Von der Schwelle aus war der Spiegel nicht zu sehen gewesen, jetzt aber stand sie vor ihm.
    Sie musste sich entscheiden, ob sie den Spiegel oder den Toten betrachten sollte. Doch dann schaute sie auf den Toten.
    Er lag auf dem Rücken.
    Scharf atmete die Frau durch die Nase. Tanner hatte recht gehabt. Die Leiche bot keinen guten Anblick. Wer diesen Mann getötet hatte, der hatte ihm nicht nur das Leben genommen, der hatte ihn regelrecht vernichten wollen, und das war ihm auch gelungen.
    Blut-Blut-Blut!
    An etwas anderes konnte sie nicht denken, denn es war überall zu sehen. Auf dem Teppich, an den Wänden, auf den Möbelstücken, nur an einem Ort nicht, auf dem Spiegel.
    Noch mal atmete Purdy Prentiss einige Male durch. Danach hatte sie sich so weit gefangen, dass sie sich näher mit der Leiche beschäftigen konnte.
    Der Mann war nicht erschossen worden. Man hatte eine andere Waffe genommen, um ihn zu töten. Eine Machete, ein Schwert oder irgendetwas in dieser Richtung.
    Vom Hals her bis über den Bauchnabel hinweg war der Körper eine einzige Wunde. An ihm klebten noch die blutverschmierten Fetzen des ehemals weißen Hemdes. Die dunkle Hose hatte nicht so viel abbekommen, aber das war jetzt nicht wichtig.
    Der Mörder hatte eiskalt zugeschlagen und die Tatwaffe mitgenommen.
    Klar!, dachte Purdy, wer lässt sie schon als Beweisstück mit Fingerabdrücken liegen?
    Schlimm, sehr schlimm. Hasserfüllt musste Franco Sylvester seinen Killer erlebt haben. Er lag vor dem Spiegel, das war zu sehen, und diese Tatsache brachte Purdy Prentiss auch ins Grübeln. Weshalb war das geschehen? Warum hier und wie drapiert?
    Sie wusste die Antwort nicht, aber genau diese Haltung machte sie misstrauisch. Sie konnte sich vorstellen, dass diese Lage möglicherweise etwas zu bedeuten hatte. Der Tote lag mit den Füßen nahe am Rand des Spiegels, sein Kopf war weiter entfernt. Hätte er ihn noch anheben können, er hätte durchaus in den Spiegel schauen können.
    Purdy Prentiss war erfahren genug, um zu wissen, wie sie sich verhalten musste. Sie hütete sich davor, etwas zu berühren. Zugleich musste sie zugeben, dass der Spiegel auf sie wie ein Magnet wirkte. Sie konnte sich einfach nicht von ihm lösen.
    Die helle, glänzende Fläche war von einem prächtigen Holzrahmen umgeben. Natürlich war der Rahmen vergoldet, und er bildete nicht nur einfach ein Viereck, sondern war an den Enden abgerundet wie Schultern. Auf dem Holz befand sich ein Relief, das aber keine Motive erkennen ließ, wie Purdy feststellte. Der Künstler

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