Weil deine Augen ihn nicht sehen
Schwangerschaft angeschwollen waren.
Um halb neun beschloss er, zu duschen, sich umzuziehen und zum Abendessen auszugehen. Er erhob sich, ging mit etwas unsicheren Beinen zum Schrank und entnahm ihm einen Business-Anzug, dazu ein weißes Hemd und eine der Krawatten, die ihm der Verkäufer von Paul Stuart zu diesem Anzug empfohlen hatte.
Vierzig Minuten später, als er das Wohngebäude verließ, blickte er zufällig auf die andere Straßenseite. Zwei Männer stiegen aus einem Wagen. Das Straßenlicht beleuchtete das
Gesicht des Fahrers. Es war der FBI-Agent, der ihn in seinem Büro aufgesucht hatte und der misstrauisch geworden war, als er sich versprochen und von seiner »verstorbenen Gattin« geredet hatte. Von einer plötzlichen Panik ergriffen, hastete Norman Bond unsicher den Bürgersteig hinunter und überquerte blindlings die Seventy-second Street. Er übersah das Fahrzeug, das in diesem Moment ein Wendemanöver vollführte.
Der Aufprall des Kleinlasters fühlte sich an wie eine Explosion, die ihn in Stücke zu reißen schien. Er spürte, wie er durch die Luft geschleudert wurde, und dann den ungeheuren Schmerz, als sein Körper auf den Bürgersteig niederkrachte. Er schmeckte Blut, das aus seinem Mund quoll.
Er hörte das aufgeregte Stimmengewirr um ihn herum und die Rufe nach einem Krankenwagen. Verschwommen tauchte das Gesicht des FBI-Agenten über ihm auf. Die Kette mit Theresas Ringen, dachte er. Ich muss sie verschwinden lassen.
Aber seine Hand gehorchte ihm nicht mehr.
Er spürte, dass sich sein weißes Hemd mit Blut vollsog. Die Auster, dachte er. Weißt du noch, wie sie von der Gabel rutschte und die ganze Soße auf Hemd und Krawatte tropfte? Normalerweise wurde er von einer Welle von Scham erfüllt, wenn er an diesen Vorfall zurückdachte, doch jetzt spürte er nichts. Überhaupt nichts.
Seine Lippen bildeten ihren Namen: »Theresa.«
Agent Angus Sommers ging neben Norman Bond in die Hocke und legte eine Hand an dessen Hals. »Er ist tot«, sagte er.
108
DIE AGENTEN REEVES, Carlson und Realto betraten Clints Zelle.
»Das kleine Mädchen konnte aus dem Wagen befreit werden, aber es ist noch unsicher, ob es überleben wird«, sagte Carlson zornig. »Ihre Freundin Angie ist tot. Die Autopsieergebnisse stehen noch aus, aber wissen Sie was? Wir sind überzeugt, dass sie bereits tot war, bevor sie unter Wasser gelangte. Jemand hat ihr einen so harten Schlag verpasst, dass sie auf der Stelle tot war. Wer mag das wohl gewesen sein?«
Clint fühlte sich benommen, als ob er gerade gegen einen Zementblock gerannt wäre. Er sah ein, dass die Sache für ihn gelaufen war. Und gleichzeitig schwor er sich, dass er nicht allein untergehen würde. Ich weiß nicht, ob ich ein milderes Urteil erwarten kann, wenn ich ihnen jetzt sage, wer Kater Karlo ist, überlegte er, aber ich werde auf keinen Fall den Rest meines Lebens im Knast schmoren, während er sich irgendwo mit seinen sieben Millionen verlustiert.
»Ich weiß nicht, wie Kater Karlo mit richtigem Namen heißt«, sagte er, »aber ich kann Ihnen sagen, wie er aussieht. Er ist groß, ich schätze so um die eins neunzig. Rotblonde Haare. Ziemlich nobel angezogen. Anfang vierzig. Er hat mir gesagt, ich solle zuerst Angie loswerden, dann sollte ich ihm zum Flughafen von Chatham folgen, wo ein Flugzeug auf ihn warte.«
Clint hielt kurz inne. »Moment mal!«, rief er. »Jetzt weiß ich, wer das ist. Ich hab mir schon gedacht, dass ich ihn irgendwo schon mal gesehen hatte. Er ist dieses hohe Tier von der Firma, die das Lösegeld gezahlt hat. Er war im Fernsehen und hat gesagt, er sei dagegen gewesen, das Geld zu zahlen.«
»Gregg Stanford!«, rief Carlson. Realto nickte zustimmend.
Reeves hatte bereits zum Handy gegriffen.
»Hoffentlich erwischen wir ihn noch, bevor sein Flugzeug startet«, sagte Carlson. Mit Wut und Verachtung in der Stimme herrschte er Clint an: »Und du, du mieser Penner, du sinkst jetzt am besten auf die Knie und fängst schon mal an zu beten, dass Kathy Frawley durchkommt.«
109
»DIE FRAWLEY-ZWILLINGE befinden sich inzwischen im Krankenhaus von Cape Cod«, berichtete der Sprecher von Channel 5. »Der Zustand von Kathy Frawley wird als äußerst kritisch bezeichnet. Die Leiche der an der Entführung beteiligten Frau, Angie Ames, wurde aus dem gesunkenen Transporter im Jachthafen von Harwich geborgen. Ihr Komplize Clint Downes, in dessen Wohnung in Danbury, Connecticut, die Zwillinge festgehalten worden waren, befindet sich in Haft
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