Das Dalai-Lama-Prinzip fuer Kollegen

Vorwort
    Seit über 25 Jahren kenne ich das Arbeitsleben. Als Schüler fuhr ich für den ADAC mit einem alten VW -Bus Post aus, das Studium finanzierte ich mit Jobs in einem Copyshop, hinter dem Tresen einer Bar und als Verkäufer in einem Modegeschäft. Danach folgten dann ganz unterschiedliche Stationen: als wissenschaftlicher Mitarbeiter an zwei Universitäten, später als Autor und Redakteur. Schon in dieser Zeit lernte ich einen großen Teil der verschiedenen Facetten des Arbeitsalltags kennen– völlig sinnlose Tätigkeiten und endlose Meetings, unverdiente Erfolgserlebnisse und nicht anerkannte Spitzenleistungen, cholerische Chefs und unfähige Mitarbeiter, intrigante und überaus hilfsbereite Kollegen, innere Emigration und absolutes Wohlbefinden. Die überaus subjektiven Erfahrungen, die ich und meine Koautorin gemacht haben, sind die Grundlage dieses Buches.
    Jetzt könnten Sie natürlich einwenden: Das sind doch höchst spezielle Erfahrungen. Was soll ein Schreiber über meine Tätigkeit als Krankenschwester, Topmanager, Universitätsprofessorin oder Bauarbeiter sagen können, wenn er meine Erfahrungen am Arbeitsplatz nicht kennt? Keine Frage: Es macht einen großen Unterschied, ob man nachts Bier ausschenkt oder am Tag Artikel über Wirtschaftsunternehmen schreibt, ob man Toiletten putzt oder Vorträge hält. Es macht einen großen Unterschied, mit welchen Menschen man zusammenarbeitet. Aber bestimmte Mechanismen sind dennoch immer gleich, und es gibt auch quer durch alle Branchen und Tätigkeitsfelder ähnliche Strukturen, Prozesse und Konflikte. Außerdem stellen sich bei jedem Job auch immer wieder die gleichen Fragen: Wie sicher ist mein Arbeitsplatz? Macht mir das wirklich Spaß, was ich da tue? Verbringe ich zu viel Zeit mit meiner Arbeit? Wie kann ich mit meinem Chef, meinen Kollegen oder meinen Mitarbeitern besser auskommen? Egal, welchen Beruf wir ausüben und was wir Tag für Tag tun– diese Fragen müssen wir klären.
    Sechs uns besonders wichtig erscheinende Problemfelder des Arbeitsalltags nehmen wir in diesem Buch genauer unter die Lupe:
Wie geht man mit Stress um, und was ist zu tun, wenn ein Burn-out droht?
Was kann man machen, wenn man gemobbt wird?
Wie lassen sich Konflikte und Auseinandersetzungen am Arbeitsplatz lösen?
Was bedeutet eine Kündigung?
Wie kann Arbeit als sinnvoll erlebt werden?
Wie bringt man das Privatleben mit dem Job in Einklang?
    Es sind schwierige Fragen im Leben. Doch für diese Fragen gibt es Lösungen oder zumindest Hilfestellungen, die das Leben leichter machen. Denn es sind nicht einfach die bösen Kollegen, die mobben, oder die globale Konkurrenz, die unseren Berufsalltag stressig macht. Wir müssen lernen, dass wir in Arbeitssituationen unser Glück selbst in der Hand haben. Wir sind nicht Sklaven der Umstände, nicht willenlose Opfer von Ausbeutern oder Selbstausbeuter. Wir können den Stress reduzieren. Wir können uns gegen Mobbing wehren. Wir können mit Konflikten anders als bisher umgehen. Wir können andere Prioritäten im Alltag setzen. Und wir können selbst eine Kündigung als Chance begreifen. Zwar sind wir nicht immer frei in der Entscheidung, welche Arbeit wir machen, aber wir können darüber entscheiden, wie wir sie machen. Zufriedenheit entsteht, wenn wir unsere Arbeit als sinnvoll und nutzbringend ansehen, wenn wir sie als Bestandteil unseres Lebens betrachten.
    Schöne neue Arbeitswelt
    Noch vor Jahrzehnten wählte man einen Beruf (oder wurde in einen hineingeboren), und diese Arbeit hat man dann bis zum Rentenalter ausgeführt. Jahrzehntelange Zugehörigkeit zu einem Arbeitgeber war eher die Regel als die Ausnahme. Heute ist es umgekehrt: Unsere Welt hat sich verändert. Neue Technologien haben die Welt kleiner und schneller werden lassen. Die internationale Marktwirtschaft macht uns abhängig von Entscheidungen, die weit weg in China, Japan oder den USA getroffen werden, und sie zwingt uns, flexibel auf permanente Veränderungen und neue Herausforderungen zu reagieren. Das ist eine Situation, von der sich viele Menschen überfordert fühlen. Kommt dann noch eine wirtschaftliche Krise wie in den vergangenen Jahren dazu, nimmt der Druck auf jeden Einzelnen enorm zu. Eine der Folgen ist, dass immer mehr Arbeitnehmer mit physischen und psychischen Problemen zu kämpfen haben, die direkt mit der Arbeit verbunden sind.
    Nach einer Studie einer deutschen Krankenkasse ist in den vergangenen zehn Jahren die Anzahl psychisch bedingter