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Weiß wie der Tod

Weiß wie der Tod

Titel: Weiß wie der Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roman Rausch
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führt das?, fragte sich Benguela.
    Kurzerhand trug er in die Suchmaske seine Adresse ein.
    Das Ergebnis machte ihn für einen Moment sprachlos.
    In einer Nebenstraße blinkte eine Raubtiertatze. Darüber erschien der Text: Wussten Sie, dass nur ein paar Meter von Ihrer Haustür entfernt ein verurteilter Straftäter wohnt?
    Benguela klickte auf die Raubtiertatze. Die Person war anonymisiert, keine Hausnummer, keine weiteren Daten, die auf ihre Identität schließen ließen. Aber die Straße.
    Und die Delikte, die die Person begangen hatte. Es handelte sich um Vergewaltigungen in den Jahren 1989 bis 1993.
    Schließlich die Aufforderung Wach sein und weitere Informationen über diesen oder weitere Täter an die Weiße Lilie zu schicken.
    »Das darf doch nicht wahr sein«, machte sich Benguela Luft. »Woher wissen die, wo verurteilte Straftäter wohnen?«
    »Was ist los?«, fragte Alexej Naumov über den Tisch hinweg. Benguela schickte ihm den Link mit der Aufforderung, die Raubtier-Seite aufzurufen.
    Naumov war ebenso vom Ergebnis der Suche überrascht. »Das ist eindeutig illegal«, sagte er. »So was dürfen die nicht veröffentlichen.«
    »Ich gebe das sofort an die Staatsanwaltschaft. Die müssen die Seite abschalten. Sonst gibt es Mord und Totschlag.«
    »Wieso wissen wir nichts von dieser Website?«
    Benguela zuckte die Schultern. »Nach dem, was in letzter Zeit von den Innenministern gefordert wird, sollte mich das eigentlich nicht überraschen. Ich könnte mir vorstellen, dass das von der einen oder anderen Seite geduldet wird. In den USA sind solche Websites gang und gäbe. Nur dass es so schnell bei uns geht, hätte ich nicht erwartet. Am besten sprechen wir erst mal mit Michaelis darüber. Soll sie entscheiden.«
    »Wie bist du auf diese Weiße Lilie gestoßen?«
    »Ich hatte ein Gespräch mit einem jungen Polizeimeister vom PK 11. Bei ihm läuft das Faxgerät mit Vermisstenanzeigen heiß, die diese Organisation verschickt.«
    »Alle Vermissten werden zentral erfasst und sind abrufbar. Wo ist das Problem?«
    »Irgendwie hat mich der Ton, in dem diese Anzeigen gehalten sind, aufmerksam gemacht. Ich wollte sie mir einfach mal anschauen. Du kannst sie über den Fax-Server abrufen, wenn es dich interessiert.«
    Naumov tat es. Gemeinsam gingen sie eine Anzeige nach der anderen durch.
    »Könnten wir was ausprobieren?«, fragte Benguela.
    »Worum geht’s?«
    »Kannst du alle vermissten Personen aus diesen Faxen, die im Altersbereich unserer zwei Wasserleichen sind, mit der Vermisstendatei abgleichen?«
    »Was soll das bringen?«
    »Ich will nur sichergehen, dass tatsächlich alle diese Vermissten bei uns gespeichert sind.«
    »Okay, dauert aber ein wenig.«
    Benguela nickte. »Wenn du schon dabei bist, dann nimm Falks zerstückelte Frauenleiche gleich mit dran. Dragan hat das Alter auf Anfang bis Mitte zwanzig taxiert.«
    »Wird gemacht.«
    Luansi Benguela ließen die Faxe und die Website der Weißen Lilie nicht los. Was für eine seltsam offensive Position, die dieser Verein einnahm. Und die Informationen, die sie zu haben schienen. Ungewöhnlich.
    Vielleicht sollte er der Weißen Lilie einen Besuch abstatten.
    Das Telefon klingelte. »Hier Dragan. Ich habe eine Speichelprobe einer vermissten Person hereinbekommen und sie mit Polykarp und Patrick verglichen. Patrick heißt in Wirklichkeit Jochen Landau.«

18
    Lili lehnte mit dem Rücken an der Wand zum Befragungszimmer, in dem eine Psychologin den Wahrheitsgehalt von Nicoles Beschuldigung überprüfte. Kam sie zu dem Ergebnis, dass Nicole nicht gelogen hatte, würden die Dinge ihren Lauf nehmen.
    Ein paar Meter weiter im Gang des Jugendamts saß Nicoles Mutter und stieß wüste Beschimpfungen gegen Lili aus. Ihre Tochter sei von niemandem angefasst worden und schon gar nicht vom Bruder ihres Mannes, der ein herzensguter Mensch sei. Hier solle eine intakte Familie auseinandergerissen werden, nur weil eine gelangweilte und frustrierte Sozialpädagogin nichts anderes zu tun hätte, als ihre Nase in Dinge zu stecken, die sie nichts angingen.
    Das Gezeter schallte den Gang hinunter, wo eine andere Familie auf ihren Termin wartete. Lili ließ sich von den Beschuldigungen nicht beeindrucken. Es war nicht das erste Mal, dass die heile Familie nur in der Wunschwelt existierte und man sich mit Händen und Füßen gegen die Offenlegung der Tragödie und der daraus resultierenden Konsequenzen wehrte. Aber dafür war es jetzt zu spät.
    Alles ging seinen vorbestimmten Weg.

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